Witten. . In Witten gibt es viele Projekte für Benachteiligte. Die Awo möchte ein Netzwerk für Träger und Engagierte aufbauen. Start ist am 6. Februar.
Um benachteiligte Kinder kümmern sich in Witten viele Akteure – und trotzdem gibt es immer wieder Kandidaten, die durchs Raster fallen. Man brauche ein Netzwerk, findet unter anderem die Awo. Zusammen mit mehreren Verbänden und Institutionen lädt sie darum zu einer Tagung ins Gemeindehaus St. Franziskus. Am Mittwoch, 6. Februar, geht es dort um das Motto „Kleine Kinder – große Chancen“.
Dort sollen – für Interessierte und Fachleute – Fragen wie diese beantwortet werden: Wie kann man eine Schule unterstützen, an der von 42 Kindern in einem Jahrgang 35 Kinder Hartz IV-Leistungen beziehen? Warum halten Kinder aus Herbede beim Musikprojekt „Jekits“ länger durch als in Annen? Warum können immer weniger Wittener am Ende der Grundschulzeit schwimmen oder radfahren?
Eine Antwort hat Familienpflegerin Yasmina Mert parat, die im Grips- Club Kinder betreut. Sie sieht die Eltern in der Pflicht – und es als Aufgabe, diese zu fördern. „Viele Eltern mit Migrationshintergrund kapseln sich ab“, sagt sie. „Ihr Leben besteht daraus, den Alltag zu meistern, die Anforderungen fürs Jobcenter zu erfüllen, damit keine Gelder gekürzt werden.“ Gedanken zum Wohl der Kinder werden sich nicht gemacht.
Befremden vorm Logopädiebesuch
Oft seien die Probleme nicht materieller, sondern kultureller Art. „Es ist zum Beispiel in Deutschland nichts Schlimmes, mit einem Kind zu einem Logopäden oder einen Psychologen zu gehen“, sagt Yasmina Mert. „Aber in manchen Kulturen ist das ein Zeichen von Schwäche. Man geht nur bei Fieber und Husten zum Arzt.“ Oder das Fahrrad, das manche nur zur Bespaßung nutzen würden: „Das soll Kinder aber nicht nur bei Laune halten. Radfahren lernt man fürs Leben, für den Alltag.“
Die Awo betreut bereits zwei neue Projekte gegen Kinderarmut: den Inki-Kindertreff an der Sandstraße, um dessen Fortbestand lang gebibbert werden musste und seit Dezember den Grips-Club am Crengeldanz, den 24 Kinder an drei Nachmittagen besuchen können. Für das Quartier, das zurzeit über das Förderprojekt Soziale Stadt Crengeldanz/Heven-Ost aufgewertet wird, sind diese beiden Anlaufstellen ganz wichtig. Denn die Grundschule Crengeldanz kann in ihrer Nachmittagsbetreuung nur 65 Kinder aufnehmen, viele bleiben laut Awo auf der Strecke.
Obstspieße in der Crengeldanzschule
Auch woanders in Witten gibt es Angebote für Kinder. Allen voran ist die Annener Initiative Ruhrtalengel um Hans-Peter Skortarzik zu nennen, aber auch „Flow“ macht viel, die Sportvereine, die Stadt selbst. „Erst wenn wir alle miteinander vernetzen, können wir unsere Potenziale voll ausschöpfen“, sagt Rolf Kappel, der Quartiersmanager von Heven Ost/Crengeldanz. Regelmäßig soll es darum gemeinsame Tagungen geben, an denen Experten und Wittener Akteure zusammenkommen und sich über Ideen austauschen.
Umgesetzt wird bereits einiges: In der Pestalozzischule wird „Sport vor dem Unterricht“ für Kinder angeboten, die sich ungern bewegen. „Das sind 20 Minuten am Morgen und die Kinder verhalten sich ganz anders im Unterricht“, sagt Kappel. In der Crengeldanzschule bieten Eltern einmal in der Woche selbstgemachte Obstspieße an, um Kindern eine Alternative zum Lolli vorzustellen. Radio-Redakteurin Kerstin Glathe wird die Tagung moderieren. Ihr Ziel: „Wir wollen in Witten sichtbar machen, was alles möglich ist.“
>> Engagierte Teams diskutieren gemeinsam
Die Tagung „Kleine Kinder – große Chancen“ findet statt am Mittwoch, 6. Februar, 12.45 bis 16 Uhr im Gemeindehaus St. Franziskus, Herbeder Str. 32.
Die Veranstaltung richtet sich an Eltern, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Ehrenamtliche und städtische Mitarbeiter sowie Politiker. Sie ist kostenlos, um Anmeldung an barbara.santorius@awo-en.de wird gebeten.