Witten. . Baufirmen finden keine Kippflächen mehr im Kreis. Sie suchen über eine Gesellschaft wie die Wittener GUD eigene Projekte – wie Lärmschutzwälle.

Ein Investor bietet der Stadt an, für sie kostenlos einen Lärmschutzwall parallel zur A 43 in Heven zu errichten. Darüber diskutiert am Donnerstag der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz ab 17 Uhr im Rathaus. Aber wie kann das sein und wer ist diese „Gesellschaft für Umweltschutz und Deponiebetriebe“ (GUD) eigentlich?

Gerd Nickel (links) und Dieter Helm, Geschäftsführer der GUD.
Gerd Nickel (links) und Dieter Helm, Geschäftsführer der GUD. © Bastian Haumann

Wenn man das Unternehmen googelt, findet man lediglich eine Adresse am Mewer Ring. Eine Briefkastenfirma? Irrtum, die GUD hat tatsächlich in einem Anbau an der Trampolinhalle ein Büro. Dort arbeitet Gerd Nickel (85), einst Chef einer Baufirma und Vater des bekannten Schauspielers Jochen Nickel. Trotz seines Ruhestands ist er als Geschäftsführer der GUD tätig, gemeinsam mit Gärtnermeister Dieter Helm. 1987 gründeten sie zusammen mit zehn weiteren Tiefbauunternehmen – wie etwa Stracke – die GUD. Deren Ziel ist es, sinnvolle Möglichkeiten aufzuspüren, um Erdaushub abzukippen. Neuestes Projekt ist ein 800 Meter langer und zehn Meter hoher Wall entlang der A 43 bei Heven, der die Siedlungen Frackmannsfeld und Voedestraße vor Lärm schützen soll.

Erde wird per Lkw in andere Städte geschafft

Angesichts des aktuellen Baubooms stehen sämtliche Baufirmen in der Region vor demselben Problem: Für Neubauten, Kanal- oder Straßenarbeiten wird weit mehr Erde ausgehoben, als man wieder unterbringen kann. Wohin also damit? „Es gibt im ganzen EN-Kreis keine Kippflächen“, sagt Gerd Nickel. „Das geht soweit, dass die Erde per Lkw viele Kilometer nach Duisburg oder Bottrop gefahren werden muss und wir vor Ort hohe Kippgebühren zahlen.“ Auch deshalb sei das Bauen mit Kellergeschoss, bei dem man viel Erde ausschachten muss, so teuer.

Für die Firmen sei es billiger, einen Lärmschutzwall zu errichten, als den Erdaushub entsorgen zu müssen – auch wenn Kosten für Gutachten, Bodenproben oder die Bepflanzung der Wälle hinzukommen. „Jede Tonne, die wir verkippen, wird beprobt und von einem Gutachter abgesegnet“, versichert Nickel. Ihn ärgert, wie schlecht manche Wittener die Arbeit der GUD bewerten würden. Bodenaushub sei „kein Abfall“, sondern Lehm, Boden, Steine. „Daraus kann doch was Neues entstehen.“

Größtes Projekt: Verfüllung des Steinbruchs Rauen

Über Jahrzehnte hat die GUD gezeigt, wie das gehen kann. Vor 20 Jahren bauten sie einen Wall zwischen der Neubausiedlung Schwalbenweg (nahe Sonnenschein) und der A 44. Solche Wälle entstanden auch am Goltenbusch oder an der Bommeraner Heide. Sie decken Deponien ab – wie etwa für die Firma Draco am Fuß der Annener Halde. Größtes Projekt war ab 1992 die Verfüllung des Steinbruchs Rauen. Dort wurde Schlacke abgedeckt, die Thyssen in den 1960er und 70er Jahren verfüllt hatte. „Das waren 30.000 m² belasteter Boden“, erinnert sich Gerd Nickel. Die GUD kaufte das Gelände und gab es 2017 an die Stadt zurück – mittlerweile ist es ein Naturdenkmal.

>> Neue Planungen für Lärmschutz an der A 43

Jeder, der die A 43 im Ruhrgebiet nach Norden hochfährt, hat bereits festgestellt: Diese Autobahn wird zurzeit quasi neugebaut – und auf sechs Spuren erweitert. Die Baustelle wandert nach Süden und wird zuletzt die Trasse Bochum-Querenburg bis Ausfahrt Heven erreichen.

Laut Straßen-NRW-Sprecherin Susanne Schlenga startet die Planung für diesen Abschnitt 2022. Dann würden auch lärmmindernde Maßnahmen geprüft. Baut der Landesbetrieb doch noch eine Lärmschutzwand? Das sei unklar. Möglich sei auch ein spezieller Asphalt.