Witten. . Für die Schauspieler geht es vor allem darum, Selbstbewusstsein und soziales Miteinander zu stärken. Denn beruflich stehen sie am Scheideweg.
„Das kleine Rädchen im Weltgetriebe, hin- und hergeschubst von den Höhergestellten, das passt gut zu unseren Leuten“, sagt Gabriel Schunk. Der Regisseur inszeniert mit dem „Frederick“-Ensemble das Stück Woyzeck.
Das Ensemble besteht hauptsächlich aus Leuten, die beruflich gerade keine klare Perspektive sehen. Geprobt wird auf der Roxi-Bühne im Hof des Knut’s, bewusst viermal die Woche vormittags, um ihnen eine Tagesstruktur zu geben.
Das Ensemble Frederick wurde vor drei Jahren gegründet. Den Namen hat es von dem Kinderbuch, das damals in dramatisierter Form auf die Bühne gebracht wurde.
Projektfabrik ist Träger
Die Projektfabrik ist Träger des Theaterprojektes, das durch die Kurt und Maria Dohle-Stiftung finanziert wird. Die Projektfabrik mit Sitz im ehemaligen Café Leye gibt für alle ihre Projekte ein Impulsthema vor. Dieses Jahr ist es Georg Büchners Werk.
Woyzeck ist ein einfacher Soldat, der seine Freundin Marie und das gemeinsame Kind finanziell zu unterstützen versucht. Er arbeitet als Diener für seinen Hauptmann. Um sich einen zusätzlichen Verdienst zum mageren Sold, den er restlos an Marie abgibt, zu sichern, lässt er sich von einem skrupellosen Arzt zu Versuchszwecken auf Erbsendiät setzen. Hauptmann und Arzt nutzen Woyzeck nicht nur psychisch und physisch aus, sondern demütigen ihn in aller Öffentlichkeit. Als Marie eine Affäre mit einem Tambourmajor beginnt und Woyzecks aufkeimender Verdacht sich bestätigt, nachdem er Marie im Wirtshaus beim Tanz mit dem Nebenbuhler beobachtet hat, glaubt er, innere Stimmen zu hören, die ihm befehlen, die treulose Marie umzubringen. Er besorgt sich ein Messer, führt Marie auf einem abendlichen Spaziergang in den nahegelegenen Wald und ersticht sie dort am Ufer eines Sees.
Aufführung im Unikatclub
Der Woyzeck ist ein Dramen-Fragment in loser Szenen-Folge. „Es gibt mindestens vier verschiedene Ordnungen“, sagt Gabriel Schunck. Gemeinsam mit dem Frederick-Ensemble hat er zunächst die Reclam-Fassung gelesen. Dann wurde die Szenen-Folge allerdings teilweise abgeändert. „Zunächst haben wir die Rollen frei verteilt. Aber jetzt ist es soweit, dass wir sie festgelegt haben“, so der Regisseur. Ihnen ging es nicht darum, ein ganz und gar düsteres Stück zu spielen, sondern auch das Skurrile der Figuren rund um Woyzeck herauszuarbeiten. „Der Doktor schert sich einen feuchten Dreck darum, wie es seinen Patienten geht, ihn interessieren nur seine Experimente“, sagt Frank Dahlbeck (41), der diese Rolle spielt. „Und der Woyzeck ist der Spielball aller und wird von keinem richtig ernst genommen“, ergänzt Miles Grass (19) in der Titelrolle.
Vorrangig wolle man keine hehre Kunst produzieren, sondern das Selbstbewusstsein und das soziale Miteinander der Teilnehmer sollen gestärkt werden. Am 14. und 16. Dezember soll das Stück im Unikatclub aufgeführt werden. Büchner sei ein sehr moderner Dichter, findet Schunck. „Der Mensch ist bei ihm sehr auf sich selbst gestellt. Es gibt keinen rettenden Gott.“
Das Theater-Projekt ist im September 2018 gestartet und läuft bis Sommer 2019. Es soll ein weiteres Stück erarbeitet werden. Gabriel Schunck meint: „Ich würde gerne einen modernen und jugendlichen Stoff inszenieren.“