Witten. . Das Wittener Tierheim kann die überwältigenden Futterspenden „nicht mehr bewältigen.“ Ausgerechnet die Pflege der Tiere leidet unter dem Aufwand.

Wer dem Hahn Guten Tag sagen möchte, muss über Berge aus Dosen und Säcken steigen. Aber die Futterspenden stapeln sich nicht nur hier: Paletten im Flur, in einstigen Gehegen – überall. „Es ist überwältigend“, bedankt sich Tierheim-Leiterin Kirsten Simon.

Seit diese Zeitung über den dortigen Futtermangel berichtet hat, verbringt die 42-Jährige ihren Tag fast ausschließlich damit, Futterspenden entgegenzunehmen. Zu ihrer Dankbarkeit gesellt sich Verzweiflung. „Wir können das nicht mehr bewältigen. Wir werden überrollt.“

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Tatsächlich sprengt es die Vorstellung, wie vollbeladen das Tierheim wirklich ist. Ein Versuch in Zahlen: Sechs Meter lang, fast zweieinhalb Meter hoch und ebenso breit ist der Lager-Container, der üblicherweise mit rund zehn Futtersäcken gefüllt war. „Man konnte dort hineingehen und geordnet etwas auf die Regale stellen“, erinnert sich Azubi Tim Eilbracht. Regale sieht man nicht mehr. Nur Trockenfutter bis unter die Decke.

Zwei Container voller Futter

„Wir haben schon einen zweiten Container mieten müssen, an der Stockumer Straße steht er“, sagt Simon. „Und der ist auch schon fast voll.“ Vielleicht mietet sich das Team bald noch einen dritten. Schließlich ist das Futter hier am trockensten und sichersten gelagert. Und schließlich kann das Außengehege für die Nager nicht ewig als Alternativ-Stellraum genutzt werden. „Wir haben Glück, dass wir gerade keine Kleintiere haben, die dringend Auslauf benötigen“, sagt Simon.

Die Kaninchen müssen im Käfig bleiben: Das Außengehege für Kleintiere musste vorübergehend fürs Dosenfutter frei gemacht werden.
Die Kaninchen müssen im Käfig bleiben: Das Außengehege für Kleintiere musste vorübergehend fürs Dosenfutter frei gemacht werden.

Selbst die Trockenfutterregale in der „Fressnapf“-Filiale in Annen haben die hilfsbereiten Spender komplett leergeräumt. „Der Markleiter ist noch nach Ladenschluss zu anderen Filialen gefahren, um Trockenfutter nachzukaufen“, berichtet eine Mitarbeiterin. Schließlich war das Team überhaupt nicht auf die Käufer vorbereitet. „Das nächste Mal sollte man uns vorwarnen, dann bestellen wir mehr.“

Auch einen Unfall hat es wegen des großen Ansturms gegeben: Wie die Polizei bestätigt, sind vor dem Tierheim an der Wetterstraße 77 zwei Pkw am Freitagmittag zusammengestoßen – offenbar von zwei Spendern. „Ich hatte so ein schlechtes Gewissen“, sagt Tierheimsleiterin Kirsten Simon.

Weniger Zeit für Tierpflege

Aber nicht nur der Unfall und der leergefegte Tierbedarfshandel nagen an Simons Gewissen. Zwar würde sie niemanden abweisen, der bereits Futter gekauft habe. „Aber wer erst noch etwas kaufen möchte, dem sage ich freundlich, dass wir genug haben.“ Manch einer nehme ihr das krumm, sagt sie. „Einige Leute sind deswegen böse auf uns, aber wir wissen einfach nicht mehr wohin.“

Die dunkelste Seite der Medaille: Ausgerechnet die Tiere würden inzwischen unter der großen Hilfsbereitschaft leiden, ergänzt Azubi Tim Eilbracht. „Wir haben aufgrund der ganzen Logistik jetzt viel weniger Zeit für die Pflege der Tiere.“

Wer also noch helfen möchte, hilft den Tieren am besten direkt – und schenkt ihnen ein neues Zuhause. Denn überfüllt ist das Tierheim weiterhin: Etwa 50 Hunde und 25 Katzen leben dort. „Unter den Spendern haben sich auch einige Interessenten eingetragen, aber man weiß nie, ob es am Ende wirklich etwas wird“, sagt Simon. Eine andere Möglichkeit zu helfen: Gutscheine. Schließlich ist das Futter irgendwann mal aufgebraucht. Auch wenn dann das nächste Jahrzehnt begonnen haben könnte.

Wer helfen möchte: 0230264450, tierheim-witten.de/