Witten. . Seit 20 Jahren begleiten Ehrenamtliche Menschen in der letzten Lebensphase. Beim Festakt in Witten standen sie einmal selbst im Mittelpunkt.
Manche lassen sich ein-, zweimal bitten. Dann stehen die 30 Ehrenamtlichen des Ambulanten Hospizdienstes endlich vorne und bekommen im Veranstaltungssaal des Lukas-Zentrums an der Pferdebachstraße langen und lauten Applaus. Andrea Glaremin, Koordinatorin bei der Diakonie, hatte in ihrer Ansprache darauf bestanden: „Ich gehe nicht eher weg, bis Ihr nach vorne kommt.“
Beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen des Ambulanten Hospizdienstes Witten-Hattingen sollten diese Helferinnen einmal im Mittelpunkt stehen. Seit 1998 haben die 70 Ehrenamtlichen in den beiden Ruhrstädten mehr als 2000 sterbende Menschen begleitet und betreut. Die Aufgabe, der sich der Verein widmet: schwerstkranken Menschen und ihren Angehörigen zur Seite zu stehen.
Dafür bedankte sich auch die Grünen-Ratsfrau und ehemalige Vize-Bürgermeisterin Lilo Dannert bei den Helferinnen. „Ich bin beeindruckt von dem, was Sie für die Menschen leisten“, sagte die aktuelle Vorsitzende des Sozialausschusses. „Sie verleihen den Menschen eine Würde – eine Aufgabe, die die Krankenhäuser, wenn man sie kennt, so nicht leisten können.“
Ein offenes Ohr für Wünsche haben
Die Musiker Martin Buchholz und Eberhard Rink rundeten die Feier mit dem Konzert „Kein Herz, das liebt, bleibt unversehrt“ ab. Die Verse der Liedermacher drehten sich um Motive wie Leben und Liebe, Sterben und Vergänglichkeit.
Vier Ehrenamtliche unterstützen den Hospizdienst bereits seit der ersten Stunde, so wie Edith Künkler. Die ehemalige Hebamme besucht schwerstkranke und sterbende Menschen zuhause oder in Pflegeheimen. Doch der Umgang mit den Betroffenen ergibt sich jedes Mal individuell. Ein wichtiges Gebot dabei aus ihrer Sicht: ein offenes Ohr, um auf die Wünsche einzugehen. „Man muss fragen, was den Leuten gut tut“, sagt Edith Künkler. In der Regel sitzt die Wittenerin rund zwei Stunden am Sterbebett, hört zu oder liest vor. Aus der Zeitung oder aus Gedichten. Und alles auf ausdrücklichen Wunsch. Denn manche Menschen wollen einfach alleine sein.
Dem Krankenhaus-Personal fehlt die Zeit
Pflegerische Tätigkeiten üben die Ehrenamtlichen nicht aus. Zu Beginn absolvieren sie einen neunmonatigen Kurs bei der Diakonie. Darin werden psychosoziale Kompetenzen geschult, um den Betroffenen in einer schwierigen Zeit gerecht zu werden. Genau diese Sensibilisierung für Sterbende bleibe im Krankenhausalltag oft auf der Strecke. „Ohne Ehrenamtliche wird es nicht gehen“, sagt Künkler, die auch als Pflegerin in einer Geriatrie tätig war. „Das Personal hat einfach keine Zeit, sich mit Sterbenden auseinanderzusetzen.“
Das gilt ebenso für Angehörige, die die Ehrenamtlichen der Diakonie mitbetreuen. Da gilt es, zu vermitteln und zu helfen. Denn viele Familienangehörige oder Freunde seien oft mit der Situation überfordert. Etwa wenn sie es gut meinen und den Betroffenen noch in den letzten Stunden Mahlzeiten geben. „Ein Mensch, der im Sterben liegt, will dann nicht essen“, weiß Edith Künkler. Für die 68-Jährige geht es dann auch darum, Trost zu spenden. „Manchmal ist es wichtig, den Menschen zu vermitteln, dass der Tod zum Leben gehört.“
Im schnelllebigen Alltag übernehmen Ehrenamtliche wie sie all diese fürsorglichen Tätigkeiten sozusagen im Stillen. Doch beim Jubiläumsfestakt am Samstag standen die Helfer nun einmal selbst im Vordergrund. Auch wenn sie sich zweimal nach vorne bitten ließen.
Ambulanter Hospizdienst Witten-Hattingen e.V.
Die „Gemeinschaft der Schwestern und Brüder“ des Diakoniewerks Ruhr Witten hat den Verein 1998 ins Leben gerufen. Zu den Angeboten gehört das Trauercafé (Lutherstr. 6-10). Es unterstützt Hinterbliebene.
Die Initiative „Hospiz macht Schule“ bietet die Projektwochen „Leben, Sterben, Tod und Trauer“ an Grundschulen ein.