Witten. . Arno Strobel hat in Haus Witten nicht nur aus seinen Psycho-Thrillern gelesen. Er würzte den unterhaltsamen Abend mit Anekdoten übers Schreiben.

Natürlich hat Arno Strobel bei seinem Besuch auch aus seinem aktuellen Buch „Kalte Angst“ vorgelesen. Doch den größten Teil der über zwei Stunden verbringt der Bestsellerautor plaudernd. Mit scheinbar aus dem Ärmel geschüttelten Anekdoten unterhält er sein überwiegend weibliches Publikum bestens. Ja, der Mann hat tatsächlich jede Menge Humor, auch wenn er in seinen Thrillern gern mordet und überaus düstere Szenarien erfindet. Für „Mord am Hellweg“ hat er eigens einen Kurzkrimi über Witten geschrieben.

Dazu ist Strobel mit Hendrikje Spengler, die den Saalbau und Haus Witten leitet, vor einem halben Jahr ein paar Stunden durch die Stadt gewandert. „Ich fand’s fantastisch“, erinnert er sich. Parkweg, Hammerteich, Helenenturm, die Uni Witten/Herdecke – das alles hat der Autor in die Geschichte mit dem Titel „Wittener Geschmortes à la Roburit“ gebracht.

Mit Brille: Arno Strobel liest gerade seinen Witten-Kurzkrimi vor.
Mit Brille: Arno Strobel liest gerade seinen Witten-Kurzkrimi vor. © Manfred Sander

Wer sich ein wenig auskennt, der weiß um das Unglück auf dem Gelände der alten Sprengstoff-Fabrik im Jahre 1906. Als Strobel, der durchaus ein Faible für historische Ereignisse hat, davon hörte, sei für ihn klar gewesen: „Da mach’ ich was draus.“ Denn die Ursache der Katastrophe wurde nie wirklich geklärt. Und so forscht Professor Julius Mörsdorf, dessen Vorfahren bei der Explosion ums Leben kamen oder obdachlos wurden, im Krimi dazu. Und lädt Jahr für Jahr ausgewählte Gäste zu einem überaus makabren Dinner ein. Mehr wird hier nicht verraten – lesen Sie’s einfach selbst.

Arno Strobel jedenfalls ist damit wieder zu einem Genre zurückgekehrt, mit dem seine Laufbahn als Schriftsteller vor etwa 16 Jahren begann: zur Kurzgeschichte. „Die macht viel mehr Arbeit als ein Roman“, weiß Strobel inzwischen. Weshalb er nur noch mal eine geschrieben hat, weil die „Mord am Hellweg“-Macher bei ihm angeklopft haben. „Da kann man ja nicht Nein sagen.“

Strobel nennt seinen Ermittler „mein Mäxchen“

Psycho-Thriller jedenfalls hatten es dem studierten Informatiker schon angetan, seit er mit 13 Jahren den ersten Stephen King in Händen hielt. Seine Thriller-Premiere „Der Trakt“ stand – nach zwei Vatikan-Krimis – in den Bestsellerlisten gleich ziemlich weit oben. Es folgten etliche grausame Verbrechen mit klassischen Titeln wie „Das Wesen“, „Das Rachespiel“ oder „Der Sarg“.

Und dann war Max dran. „Mein Mäxchen“, wie Strobel den Ermittler seiner Trilogie liebevoll nennt. Weil die meisten Ermittler in Krimis „über 50, geschieden und depressiv sind“, ist Max Bischoff Anfang 30 und schwört auf moderne Fallanalyse. In „Kalte Angst“ dringt ein Unbekannter, der sein Gesicht unter einer Fliegenmaske verbirgt, nachts in Wohnungen und Häuser ein. Er überwältigt die Bewohner und lässt jedes Mal nur einen Überlebenden zurück.

„Düstere Szenen schreibe ich nachts“

Wie kommt man bloß auf so etwas? „Düstere Szenen schreibe ich nachts, wenn alles schläft und es überall knackt. Diese Stimmung lasse ich auf mich wirken“, sagt Strobel. Er dunkelt auch schon mal sein Büro hermetisch ab, legt sich mit offenen Augen auf den Boden und guckt gegen die erdrückende Schwärze an – damit er weiß, wie sich jemand fühlt, der lebendig begraben wird.

Die Leserinnen jedenfalls lieben seine komplett überraschenden Wendungen am Ende. Silke Müller aus Unna etwa, die alle Strobels verschlungen hat und gerade in der Schlange steht, um ein Buch signieren zu lassen. Oder Jutta Gruber (55), die mit Claudia Grundmann (57) aus Dortmund angereist ist. Ihnen gefällt auch, wie Strobel an diesem Abend auftritt. Die beiden Schwestern bringen es auf den Punkt: „Klein und charismatisch.“

>> INFORMATION

  • Arno Strobels „Kalte Angst“ ist Teil zwei der Trilogie, die den Untertitel „Im Kopf des Mörders“ trägt. Teil eins heißt „Tiefe Narbe“, der dritte Band erscheint am 23. Januar.
  • Der kurze Witten-Krimi ist im „Mord am Hellweg“-Sammler „Henkers.Mahl.Zeit“ erschienen. Er enthält 22 mörderische Kurzgeschichten deutschsprachiger Krimi-Stars.