Witten. . Paul Stahl stammt aus einer Bergarbeiterfamilie. Nach der Volksschule zog es auch ihn zum Pütt. Stahl wurde Schlosser, später Bergbauingenieur.

In Heven ist Paul Stahl bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund: Bis 2016 war er im Stadtteil Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, schon 27 Jahre ist Stahl als Schiedsmann einer der ehrenamtlichen Friedensstifter in der Stadt. Und als sei dies nicht genug, führt er auch mit 81 Jahren noch regelmäßig Gruppen durch den Besucherstollen der Zeche Nachtigall im Muttental. „Dort zeige ich den Leuten Opas Bergbau“, sagt der Bergbau-Ingenieur.

Paul Stahl, in Langendreer aufgewachsen, stammt aus einer Bergarbeiter-Familie. „Mein Vater arbeitete auf der Zeche über Tage, seine Brüder waren Steiger.“ Stahls Urgroßvater ließ sein Leben für die Kohle. Er verunglückte in Langendreer tödlich auf der Zeche Siebenplaneten (1875-1955). „Mein Großvater hat seinen Vater gar nicht gekannt.“

Wechsel zur Deutschen Tafelglas AG in Witten

Paul Stahl machte nach dem Besuch der Volksschule zunächst eine Schlosserlehre. Seine erste Arbeitsstelle hatte er als Ausbilder in der Lehrwerkstatt der Schachtanlage Robert Müser in Bochum-Werne. Der junge Mann wollte weiterkommen, besuchte die Bergschule, wurde Maschinensteiger. Als solcher war er zuständig für die Überwachung, Wartung und Reparatur der unter Tage eingesetzten Maschinen – „zunächst auf der Zeche Robert Müser, Schachtanlage Caroline in Bochum-Kornharpen, danach in Bochum-Werne“. Die Zeche Robert Müser wurde 1968 stillgelegt. „Das zeichnete sich schon ab.“ Stahl wechselte deswegen vorher den Arbeitsplatz, ging zur Zeche Victoria nach Lünen.

Weil er damals schon verheiratet war und in Heven wohnte, bereitete ihm „die tägliche Fahrerei“ dorthin wenig Freude. Stahl wurde als Ingenieur von der Deutschen Tafelglas AG in Witten angestellt, dem Vorgänger von Pilkington. 1975 stand seine letzte berufliche Veränderung an: Er wurde für 23 Jahre Technischer Leiter für Maschinenbau und Elektrotechnik bei der Wanne-Herner-Eisenbahn und Hafen GmbH, kurz WHE.

Verliebt beim Zechen-Urlaub im Sauerland

Der Eisenbahn- und Hafenbetreiber, der der Stadt Herne gehört, war seit 1970 für die Ruhrkohle AG tätig. „Wir haben auch Kohle gemischt vor ihrem Einsatz in den Kraftwerken. Große Abnehmer waren die Kraftwerke Hamm und Lünen, denen wir die Kohle geliefert haben“, erinnert er sich.

Sogar seine Frau habe er durch den Bergbau kennengelernt, erzählt Stahl schmunzelnd. „1956 kam mein Vater, der auf der Zeche Mansfeld in Langendreer arbeitete, in den Genuss einer Mitarbeiter-Urlaubsreise ins Sauerland.“ Der Sohn, damals 19 Jahre, begleitete ihn. Ins Sauerland war auch Stahls spätere Frau Margarete gefahren. „Sie war mit ihrem Onkel unterwegs, der auch auf Mansfeld sein Geld verdiente.“ Die jungen Leute verliebten sich. Stahl: „Ich habe mit 24 Jahren geheiratet und bin dann zu meiner Frau in das Haus ihrer Eltern nach Heven gezogen.“

Zeche Helene wurde 1896 geschlossen

Paul Stahl am Eingang zum Besucherbergwerk Nachtigallstollen, durch das er Gästegruppen führt. Unter Tage können sie dort auch ein echtes Kohleflöz entdecken. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services
Paul Stahl am Eingang zum Besucherbergwerk Nachtigallstollen, durch das er Gästegruppen führt. Unter Tage können sie dort auch ein echtes Kohleflöz entdecken. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services

Was empfindet der Bergbau-Ingenieur, wenn er daran denkt, dass Ende des Jahres die letzte Zeche im Ruhrgebiet schließt – Prosper Haniel in Bottrop? „Ich halte das für falsch, dass alle Zechen zu sind und man sich damit von Importkohle abhängig macht“, meint Stahl. Die Zechen-Schließungen seien auch deshalb ein Fehler, weil Deutschland über eine hervorragende Bergbau-Technik verfüge. „Die kann man zwar auch in anderen Ländern demonstrieren, aber besser wäre es hierzulande.“

Apropos Zeche: Paul Stahl erinnert daran, dass auch Heven einmal eine hatte – die Schachtanlage Helene, die 1896 geschlossen wurde. „Der frühere Schacht liegt unter dem Edeka-Parkplatz am Haldenweg.“ Und es gebe auch eine Verbindung zur Zeche Nachtigall im Muttental! „Eine Stollenstrecke des Schachtes Hercules auf Nachtigall führt bis zur ehemaligen Zeche Helene. Das weiß nur kaum einer.“ Der Schacht Hercules, aus dem die Zeche Nachtigall bis 1892 Kohle förderte, war fast 450 Meter tief.

>>> UNTERNEHMER DÜNKELBERG KAUFTE ZECHENGELÄNDE Die Zeche Nachtigall, durch deren Besucherstollen Paul Stahl führt, entwickelte sich aus einer 1714 erstmals erwähnten Stollenzeche im Laufe von über 150 Jahren zu einem der leistungsfähigsten Bergwerke der Region. Die Zeche schloss 1892.

Stahl: „Parallel zum Besucherstollen läuft der Dünkelbergstollen.“ Dieser wurde nach dem Unternehmer Friedrich Wilhelm Dünkelberg (1853-1933) benannt, der das Gelände der Zeche Nachtigall und den dazugehörigen Hettberg 1892 kaufte und auf Schloss Steinhausen lebte.

Dünkelberg lieferte der Hettberg im Muttental Rohstoffe für seine Ziegelei auf dem einstigen Zechengelände – Schieferton und Sandstein.