Witten. . Überraschung: Bei den Sanierungsarbeiten am Rathaus entdeckten Restauratoren die 50-er-Jahre-Fassade. Die soll – freigelegt – erhalten bleiben.
Klaus Böde, Leiter des Amtes für Gebäudemanagement, hat Grund zur Freude. Für die laufenden Sanierungsarbeiten am Südflügel des Rathauses fließen weitere Städtebaufördermittel. „Insgesamt werden damit Baukosten in Höhe von rund 9,7 Millionen Euro zu 80 Prozent bezuschusst“, so der Architekt. Im Mai hatte die Stadt von der Bezirksregierung Arnsberg grünes Licht für einen vorzeitigen Beginn der Arbeiten bekommen. Was schon signalisierte: Es wird öffentliches Fördergeld geben.
Seit dem 29. Mai wurde der Südflügel des Rathauses dann eingerüstet. Mit der Firma Berens Dach aus Eslohe konnte eine Dachdeckerfirma gefunden werden. Auf eine erste EU-weite Ausschreibung hatte sich kein Betrieb gemeldet. Die Arbeiten der Handwerker aus dem Sauerland gehen zügig voran. Gebäudemanager Böde: „Drei Viertel des Daches sind fertig.“ Zur Eröffnung des Wittener Weihnachtsmarktes am Donnerstag, 22. November, soll das Baugerüst zum Markt hin weg sein – wenn alles weiterhin nach Wunsch verläuft.
Rathausforum soll für Veranstaltungen genutzt werden
Zur Hauptstraße hin wird die Mönchengladbacher Firma Kemp Holzbearbeitung noch 104 neue Fenster einbauen. Böde: „Das soll noch in diesem Jahr geschehen, damit das Gebäude dicht ist und im Winter nicht auskühlt.“ Ab Mitte November werde der ganze alte Bürobereich im Südflügel entkernt. Anfang des neuen Jahres soll dann der Innenhof des Südflügels abgesenkt werden. „Denn es gibt ja einen Höhenunterschied zwischen dem Marktplatz und der Wideystraße“, erklärt der Architekt. Der heutige Innenhof, der ein Glasdach bekommen soll, wird Teil des neuen Rathausforums, das durch drei Eingänge vom Marktplatz und der Wideystraße aus betreten werden kann. Im Forum, das Ende 2020 fertiggestellt sein soll, wird auch die Bürgerberatung zu finden sein. Zur Hauptstraße hin gibt es im Treppenbereich dann viele Sitzmöglichkeiten.
Charmant: Das Forum soll auch für Veranstaltungen (unter 200 Personen) offen sein. „Es kann zum Beispiel von Schulen, Vereinen oder den Kirchen genutzt werden, etwa für Konzerte, Lesungen oder auch Filmvorführungen“, erläutert Klaus Böde. Er geht davon aus, dass sich die Kosten für die ganze Sanierung des Rathaus-Südflügels auf etwa 14 Millionen Euro belaufen werden.
Große Überraschung bei den Sanierungsarbeiten
Bei der laufenden Sanierung am Rathaus-Südflügel gab es eine große Überraschung: Bei Arbeiten an den Fassaden an der Haupt- und der Wideystraße wurde unter der gelb-braunen Farbe Edelputz aus den 50er Jahren gefunden. Er sieht grün-gräulich aus und soll – freigelegt – erhalten werden. Für diese neue Rathaus-Optik sorgt die Firma Wibbeke Denkmalpflege. Ein Familienbetrieb aus Geseke im Kreis Soest, der sich deutschlandweit als Restaurierungswerkstatt einen Namen gemacht hat.
„Der Baustil der Wirtschaftswunderzeit war doch schön“
Das Unternehmen der Bau- und Kunstdenkmalpflege, dessen Restauratoren auch bekannt für ihre Kirchenmalerei sind, hat unter anderem den Martinusaltar im Hohen Dom zu Fulda restauriert. Im Schloss Drachenburg am Rhein wurden Mosaikböden instand gesetzt, im weltbekannten Schloss/Internat Salem wurde die historische Architektur-Malerei konserviert. In der alten Grazer Universität haben die Fachleute das hölzerne Inventar des ehemaligen Bibliothekssaals restauriert.
Ralf Stark, Bauleiter der Firma Wibbeke, hat am Donnerstag mit einem Frauenteam an der Fassade des Wittener Rathaus-Südflügels gearbeitet – mit einer Restauratorin und zwei Maler- und Lackiererinnen. Vor dem Eingang zum ehemaligen Standesamt an der Wideystraße, wo schon ein Stückchen des 50er-Jahre-Putzes zu sehen ist, erklärt er, warum ihn diese Entdeckung begeistert. „Der Baustil der Wirtschaftswunderzeit war doch schön.“
Es wird zwei verschiedene Fassaden geben
An der Hauptstraße und der Wideystraße – ab der Einfahrt zum Innenhof in Richtung Hauptstraße – wird sein Team mit der Freilegung des Edelputzes für ein neues Erscheinungsbild sorgen. „Dass der Putz noch in einem solchen Zustand erhalten ist, das gibt es kaum noch“, betont der Fachmann. Der hinzufügt: „Die alte 50er-Jahre-Fassade ist teilweise schwarz. Früher wurde halt mit Kohle geheizt, dann der saure Regen.“
Damit alles wieder wie im Originalzustand erstrahlt, werden die Flächen mit einem speziellen Verfahren gereinigt, Beschädigungen im Putz fachmännisch behoben. Wenn alles fertig ist, wird es zwei verschiedene Fassaden am Rathaus-Südflügel geben: An der Stirnseite zum Haltestellendach hin wird die Wand noch einen neuen gelben Putz bekommen – auch von der Firma Wibbeke. Restaurator Stark: „Dort war keine Schicht aus den 50er Jahren drunter.“ In etwa drei Wochen will er mit seinem Team mit den Arbeiten im Rathaus-Innenhof beginnen. „Insgesamt haben wir hier noch mehrere Monate zu tun.“
Restauratorin ist bundesweit unterwegs
Zum Stark-Team gehört Monika Mausolf, Diplom-Restauratorin. Die gebürtige Polin war im Auftrag ihres Arbeitgebers schon bundesweit unterwegs, wie sie erzählt. In diesem Jahr hat die 31-Jährige auch in der Dreifaltigkeitskirche in Speyer gearbeitet. „Dort haben wir eine Holzdecke mit Malereien aus dem 18. Jahrhundert gereinigt und restauriert.“ Die Arbeit am Wittener Rathaus sei natürlich etwas anders. „Aber auch das macht Spaß. Die alte Fassade aus den 50er Jahren wird wieder ursprünglich aussehen, ganz attraktiv!“
>>> RATHAUSSANIERUNG KOSTET FAST 30 MILLIONEN EURO
Die Gesamtkosten für die Rathaussanierung, die Ende 2022 abgeschlossen sein soll, beziffert die Stadt mit 29,63 Millionen Euro.
Nach jetzigen Planungen soll der Rathaus-Nordflügel ab 2021 saniert werden. Die dafür notwendigen Städtebaufördermittel will die Stadt im kommenden Jahr beantragen.