Witten. . Der ehemalige Bergmann Hans-Otto Holz hat drei Zechenschließungen miterlebt. Schon mit 14 wusste der Bommeraner: Ich will unter Tage arbeiten.

Hans-Otto Holz war 14, als er mit einem Volksschulabschluss die Schule verließ. Sein Berufswunsch stand fest: „Ich habe meinen Eltern gesagt: Ich gehe auf die Zeche. Weil ich wusste, dass man dort gut verdient.“ Der gebürtige Wittener wurde tatsächlich Bergmann, hat während seines Arbeitslebens auf vier Zechen unter Tage sein Geld verdient, fuhr unzählige Doppelschichten und hat drei Zechenschließungen miterlebt. „In Langendreer, in Herbede und schließlich in Castrop-Rauxel“, so der 81-Jährige.

Bevor er in der damaligen Zeche Bruchstraße in Langendreer einfuhr, hat Hans-Otto Holz erst einmal in einem anderen Betrieb „gutes Geld“ verdient. „Auf dem Gelände an der Ruhrstraße, auf dem heute das Café del Sol steht, gab es früher die Schaufelfabrik Bredt, die ihre Schaufeln und Spaten in die ganze Welt lieferte.“ Als 15-Jähriger hat er dort an einer Nietmaschine gestanden. Akkordarbeit. „Mein Lohn war so hoch wie der eines verheirateten Mannes mit zwei Kindern.“

1962 hieß es in Langendreer: Schicht im Schacht

© Holz

Mit 17 wechselte Holz in den Bergbau. „Ich habe in Langendreer auf der Zeche Bruchstraße als Bergjungmann angefangen. Das war ein Anlernberuf, keine Lehre.“ Rund 2000 Kumpel seien sie damals dort gewesen, schätzt der Bommeraner. Arbeit auf einer Steinkohlenzeche, die immer wieder durch Schlagwetter- und Kohlestaub-Explosionen von sich reden machte. Im März 1962 hieß es dort: Schicht im Schacht. Auf dem Betriebsgelände entstanden die Opel-Werke Bochum II und III.

1955 hat Hans-Otto Holz mit 17 Jahren seinen Vater verloren. „Er ist mit dem Motorrad auf der Ardeystraße verunglückt und war sofort tot.“ 350 bis 370 Mark habe er damals unter Tage verdient. „Ich habe 40 Mark Taschengeld behalten, den Rest gab ich meiner Mutter. Das war für mich selbstverständlich.“

Herbeder Zeche Holland schloss 1972

Hans-Otto Holz zieht es auch mit 81 immer noch in seine  Werkstatt an seinem Haus in Bommern.
Hans-Otto Holz zieht es auch mit 81 immer noch in seine Werkstatt an seinem Haus in Bommern. © Jürgen Theobald

Seine eigene Familie gründete der Bergmann 1962, als er seine Freundin Ella heiratete. „Wir haben mit in ihrem Elternhaus in Bommern gewohnt, wo wir heute noch zuhause sind.“ Kennengelernt hatte sich das Paar in Annen. Ella Holz: „Ich habe damals in der Bäckerei meines Bruders an der Holzstraße gearbeitet.“ Ihr späterer Mann kaufte dort vor oder nach der Schicht seine Brötchen. „Nach der Zeche habe ich als junger Mann schon mal zehn Stück verputzt“, berichtet der lachend.

1958 wechselte Holz seinen Arbeitsplatz, war sieben Jahre außerhalb des Bergbaus tätig, unter anderem als Kranführer bei der Firma Rheinstahl in Annen und an der Rohrpresse bei den Mannesmann Röhrenwerken. Dann zog es in zurück auf den Pütt. Sechs Jahre, bis 1971, fuhr der Bommeraner auf der Herbeder Zeche Holland ein, die Ende März 1972 schloss. Mit dem Aus der Schachtanlage Herbede des Bergwerksvereins Eschweiler verloren 871 Bergleute ihren Arbeitsplatz und die damalige Stadt Herbede den größten Arbeitgeber.

Ab 55 gab es dann ja Rente

Ella Holz (79) mit einem Erinnerungsteller an die Castrop-Rauxeler Zeche Erin, deren Stilllegung ihr Mann 1983 miterlebte.
Ella Holz (79) mit einem Erinnerungsteller an die Castrop-Rauxeler Zeche Erin, deren Stilllegung ihr Mann 1983 miterlebte. © Jürgen Theobald

Hans-Otto Holz konnte rechtzeitig – wie viele andere Herbeder Kumpel – zur Zeche Erin nach Castrop-Rauxel wechseln. Am 23. Dezember 1983 kam dort der Deckel auf den Pütt. Der Wittener hatte erneut Glück, konnte direkt bei der Zeche Westfalen in Ahlen weiterarbeiten. „Ich habe dort so viele Doppelschichten gekloppt, war dann 14 Stunden unter Tage.“

Auf der Zeche Westfalen war er Schachtzimmerhauer und als solcher für den Schachtausbau und die -reparatur zuständig. „Als dort 1989 die Kokerei schloss, wurden Leute entlassen. Den Älteren machte man Angebote.“ Der Bommeraner, damals 51, nahm das Angebot an, das man ihm machte. „Ab dem 55. Lebensjahr habe ich als Bergmann dann ja meine richtige Rente bekommen.“

Mit dem Fuß unter die Lore geraten

Holz war mit Leib und Seele Bergmann. Seine Frau Ella gibt aber zu, dass es ihr lieber gewesen wäre, ihr Mann hätte sein Geld über Tage verdient. Die 79-Jährige erzählt von einem Unfall, den er auf Erin hatte. „Die Polizei kam, sagte, dass er mit seinem Kopf zwischen zwei Loren geraten sei. Ich habe gezittert wie Espenlaub.“ Glück im Unglück: Die Polizei war falsch informiert. Der Kopf von Hans-Otto Holz war in Ordnung. Er war mit seinem Fuß unter eine Lore geraten. Hans-Otto Holz: „Es ist alles wieder verheilt.“

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Bei der Gemeinschaftsproduktion „Mehr als Kohle – Erinnerungen an unsere Bergbau-Ära“ haben zum ersten Mal alle WAZ-Lokalredaktionen und alle Lokalradios im Ruhrgebiet zusammengearbeitet. 30 Erzählungen von Lesern wurden hierfür ausgewählt.

Die 30 Themen präsentieren wir unter www.mehralskohle.de mit Texten, Bildern, O-Tönen und Videos. Aus Witten findet man hier die Geschichte von Heinz und Angelika Eberle, Gastronomen im Zechenhaus Herberholz. Außerdem hat uns Hans-Jürgen Lewer berichtet, warum er eine große Sammlung mit Fotografien und Dokumenten rund um den Bergbau zusammengetragen hat.