Witten. . Pächterin beklagt den Verlust einer Oase in Rüdinghausen. Kesper & Rode nennen Neubau überlebenswichtig. Stadt will die Parzellen verkaufen.
In Rüdinghausen sind Gartenbesitzer, die von der Stadt Grabeland gepachtet haben, auf dem Baum. Die Stadt hat den Pächtern der rund 25 Parzellen, die zwischen der Rückseite von Rewe Kesper & Rode und der S-Bahn-Linie liegen, „provisorisch“ gekündigt. Die Supermarkt-Inhaber sollen auf einem Teil der Fläche neu bauen und auch einen Parkplatz errichten dürfen.
„Als ist davon erfahren habe, war ich geschockt“, sagt Pächterin Gisela Ladwig (52). „Ich habe sehr viel in den Garten investiert, das ist hier meine Oase.“ Sie selbst ist erst seit fünf Jahren Pächterin. Zwischenzeitlich habe es auch einige freie Grundstücke gegeben. Auf dem Gelände mischen sich liebevoll gepflegte und herausgeputzte Gärten und verlassene, auf denen Wildwuchs herrscht – so der Eindruck vor Ort. Andere Pächter traf die WAZ dort am Montagnachmittag (8.10.) nicht an.
Ausschuss tagt am Donnerstag
In den letzten Jahren habe es wieder „Aufwind“ gegeben, so Ladwig. Fünf oder sechs neue Gartennachbarn seien hinzugekommen. „Ich dachte, das hätte hier Zukunft.“ Einige Pächter seien auch schon 40 Jahre dort, hätten teils sehr hochwertige Gartenhäuser aufgestellt. Gisela Ladwig, die sich in der „Transition Town“-Bewegung für nachhaltige und umweltbewusste Städte einsetzt, kann nicht verstehen, „dass hier ein Stück Natur verschwinden soll“.
Die Geschwister Julia Rode (33), geborene Kesper, und Tobias Kesper (33) wollen das Gelände von der Stadt kaufen und dort einen neuen, 1500 m2 großen Supermarkt errichten. Der heutige Markt hat 960 m2. „Wir brauchen den Platz für ein zeitgemäßes Sortiment und müssen neu bauen, um überleben zu können“, sagt Julia Rode, deren Urgroßvater schon 1930 ein Lebensmittelgeschäft in Rüdinghausen hatte.
Auch eine Erweiterung des heutigen, 1998 errichteten Marktes habe man geprüft, aber verworfen. „Dafür müssten wir drei oder vier Monate zumachen, das können wir uns nicht leisten.“ Die Stadt steht dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber. Der Rewe-Markt sei für Rüdinghausen die einzige Möglichkeit der Nahversorgung. „Das Vorhaben soll daher unterstützt werden, um die Nahversorgung des Stadtteils auch langfristig zu sichern“, heißt es in der Vorlage für den Stadtentwicklungsausschuss, der am Donnerstag (11.10.2018, 17 Uhr) im Rathaus die Weichen für das Projekt stellen soll.
„Unser Wunsch ist es, alle glücklich zu machen“, betont Julia Rode. Sie könne sich gut vorstellen, ein großes Randstück des bisher städtischen Geländes auch künftig für gepachtete Gärten zur Verfügung zu stellen. Gisela Ladwig steht den Bauplänen auf dem Grünland weiter kritisch gegenüber. Das Angebot der Supermarkt-Inhaberin findet sie trotzdem anerkennenswert. Sollte dabei auch ein Stück für sie persönlich abfallen, „wäre das toll. Ich würde das auf jeden Fall machen, auch wenn ich dafür umziehen müsste“.
Planungsrechtliche Hürden
Für den Supermarkt-Neubau muss der Flächennutzungsplan geändert werden (Mischgebiet statt Grünfläche). In einem Bebauungsplanverfahren wird es auch eine Bürgerveranstaltung geben. Beides soll der Stadtentwicklungsauschuss (11. Oktober, 17 Uhr, Ratssaal) beschließen.
Ein Umweltverträglichkeitsgutachten soll angefertigt werden. Die Stadt hätte den Neubau gerne näher an die Kreisstraße herangerückt. Dort stand privates Gelände aber nicht zur Verfügung. Es soll aber einen Fußweg von der Kreisstraße durch die Duscherstraße dorthin geben.