Witten. . Fast 70 Prozent aller Leistungskürzungen im Kreis haben als Grund verpasste Jobcenter-Termine. Wohlfahrtspflege findet das unverhältnismäßig.
Wer beim Jobcenter einen Termin verpasst, bekommt weniger Geld. Von den knapp 2954 Sanktionen, die gegen Hartz IV-Bezieher im Ennepe-Ruhr-Kreis 2017 verhängt wurden, sind rund 69 Prozent auf Meldeversäumnisse beim Jobcenter zurückzuführen.
Als „völlig unverhältnismäßig“ kritisiert das die Freie Wohlfahrtspflege im EN-Kreis. Jeden Monat waren hier rein rechnerisch rund 491 Hartz IV-Empfänger von mindestens einer Leistungskürzung betroffen. Nur etwa 8,7 Prozent der Maßregelungen wurden ausgesprochen, weil sich die Betroffenen weigerten, eine Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierungsmaßnahme aufzunehmen oder fortzuführen.
Oft werden die Schwächsten abgemahnt
„Gemessen an der Schwere der Verstöße sind die Leistungskürzungen zu hoch“, kritisiert Jochen Winter, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis. Nach Erfahrungen der Wohlfahrtsverbände werden viele Hartz IV-Bezieher sanktioniert, die von psychischen Beeinträchtigungen, Suchterkrankungen, Analphabetismus oder interkulturellen Verständigungsschwierigkeiten betroffen sind.
Auch seien Hartz IV-Bezieher unter 25 Jahren überdurchschnittlich stark von Sanktionen betroffen, da ihr Regelsatz bei einer Pflichtverletzung komplett entfallen kann. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW fordert die Abschaffung dieser besonders scharfen Sanktionen.