Witten. . Bürgermeisterin hat eine Kooperation mit der Emschergenossenschaft besiegelt. Ziel ist es, Wasserwirtschaft und Stadtplanung zusammenzudenken.

„Wo wirklich Land unter ist, sind wir machtlos“, sagte Rainer Gerlach, Abteilungsleiter für den Kanalbau bei ESW, noch vor einigen Wochen auf die Frage, wie gut die Stadt auf Starkregen vorbereitet ist. „Man ist nie machtlos“, hält Bürgermeisterin Sonja Leidemann jetzt dagegen. Mit der Emschergenossenschaft hat sie am Donnerstagnachmittag eine Kooperationserklärung unterzeichnet, die den Handlungsspielraum der Stadt bei Hochwasser erweitert. Zumindest langfristig.

Witten beteiligt sich nun an der Initiative „Wasser in der Stadt von morgen“. Dabei kann die Stadt auf Expertenwissen, Beratung und Fördermittel der Emschergenossenschaft zurückgreifen, wenn es darum geht, Stadtentwicklung und Wasserwirtschaft zusammenzudenken. Das Zauberwort heißt in diesen Zusammenspiel: Abkopplung.

Rüdinghauser Bach wird renaturiert

„Das bedeutet, dass Regenwasser nicht mehr wie bisher auf den Asphalt fällt und dann in die Kanäle geht, wo es dann – als eigentlich sauberes Wasser – gereinigt wird“, erklärt Ulrich Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Das Wasser abzukoppeln bedeute dagegen, Wasser zum Großteil natürlich versickern oder durch Renaturierung in Bachläufe abfließen zu lassen.

In Witten an der Ruhr gehören rund 200 Hektar tatsächlich zum Einzugsbereich der Emschergenossenschaft – vor allem Gebiete in Stockum, Annen und Rüdinghausen. Rund zehn Prozent davon sind bereits abgekoppelt, 15 Prozent sind das Ziel. Um es zu erreichen, ist die Stadt aktuell unter anderem in Rüdinghausen aktiv. „Dort sind wir dabei, den Rüdinghauser Bach neben der Firma Ardex zur renaturieren“, sagt Baurat Stefan Rommelfanger.

Pferdebach zur Naherholung

Aktiv will man auch im Zuge der Weiterentwicklung der Uni werden. Dort ist die Renaturierung des verrohrten Pferdebachs geplant. „Der Bach soll von den Studierenden zur Naherholung genutzt werden“, so der Dezernent. Die Bürgermeisterin sieht neben der Landschaftsgestaltung weitere Vorteile solcher Projekte. „Wenn – wie in Annen Ecke Annen-/Schleiermacherstraße geschehen – die Keller unter Wasser stehen, haben die Bürger das große Nachsehen.“ Indem man mehr auf Grünflächen statt Asphalt setze und – wie aktuell in Stockum – in Regenrückhaltebecken investiere, könne man denen helfen, die unter den Folgen von Starkregen leiden.

Ein anderer Vorteil: „Wo Wohnsiedlungen abgekoppelt werden, haben die Mieter und Eigentümer auch einen finanziellen Vorteil“, sagt Stadtbaurat Rommelfanger. Wo das Regenwasser nicht komplett in die Kanäle abfließt, habe man auch geringere Abwassergebühren zu erwarten. „Aus dem eingesparten Geld können wir wiederum mehr Abkopplungsprojekte finanzieren“, ergänzt Ulrich Paetzel.

Das kann die Stadt – jetzt in enger Kooperation mit der Emschergenossenschaft – tun. Nur wie können sich die Wittener selbst vor überschwemmten Kellern hüten? „Wir haben oft den Fall, dass Menschen die Bordsteine an ihrer Zufahrt absenken. Bordsteine haben aber einen Sinn – nämlich Wasser abzuführen“, sagt Paetzel. „Wenn ich den wegnehme, kann das Wasser direkt auf mein Grundstück.“ Andere Ideen: Rückstauplatten im Keller und Abdichtung von Fensterkellern. Paetzel: „Das kostet nicht viel, hat aber einen großen Effekt.“

>> INFO: ESW arbeitet an Starkregen-Gefahrenkarte

  • „Wir ermitteln aktuell für das Stadtgebiet, wie die Situation bei Starkregen einzuschätzen ist“, teilte die Wittener Klimaschutzbeauftragte Sonja Eisenmann mit. Ergebnisse werden zum Jahresende in Form einer „Starkregen-Gefahrenkarte“ erwartet. Diese will die Stadt für die Stadtplanung nutzen, dann sollen etwa keine Häuser mit Kellern an gefährdeten Gebieten gebaut werden.


  • Aktuell sei noch nicht einzuschätzen, „wie komplex die Aufgabe der Starkregenvorsorge in Witten wirklich ist“. Abhängig vom Ergebnis könne man überlegen, eine Stelle für Starkregenvorsorge zu schaffen, so Eisenmann.