. Sechs Wittener Feuerwehrmänner haben eine zehnwöchige Zusatz-Ausbildung beendet. Ihr Job ist jetzt auch die Suche nach Vermissten im Wasser.

Auf dem Hof der Feuerwehr Witten ertönt ein Gong. Die Einsatzkräfte spitzen die Ohren. Aus den Lautsprecher rauscht und hallt es: „Alarm für SEK. Vermisster im Wasser.“ Auf solch eine Durchsage mit dem Stichwort „Wasser“ warten die sechs neuen Feuerwehrtaucher, die jetzt ihren Dienst in Witten angetreten haben.

Zehn Wochen lang haben die hauptamtlichen Feuerwehrmänner die Zusatzausbildung absolviert. „Jetzt würden wir das, was wir gelernt haben, schon gerne mal anwenden“, sagt Marcel Wandhoff (27), einer von den Neuen.

„Schwertspitze“ der Feuerwehr

Wenn der Einsatz kommt, dann werden Wandhoff und seine beiden Kollegen Jan Cerny (25) und Fabian Paas (30) in den Keller der Wache rennen – so schnell wie möglich. Dort sind in langen Reihen die Feuerwehranzüge aufgehängt, die kleine Garderobenstange mit den schwarzen Tauchanzügen steht gleich am Anfang. Daneben liegen sieben rote Kästen auf dem Boden. Darin: Kopfhaube, Handschuhe, schnittfeste Schuhe und eine Art Taucherbrille.

Das Tauchertrupp wird in den Reihen der Wittener Feuerwehr „Schwertspitze“ genannt. Tauchdienstleiter Frank Kaszemekat (49) weiß, warum: „Tauchen ist die körperlich anspruchsvollste Tätigkeit, die wir hier haben.“ Auch psychisch müssen die Taucher auf der Höhe sein. Bei der Ausbildung wird beim Wechseln von Vollgesichtsmaske (sie spendet Luft auch bei Bewusstlosigkeit) auf Taucherbrille das Luftanhalten geübt: Was auch passieren möge – keine Panik unter Wasser.

„Wie bekomme ich die Person aus dem Wasser?“

Wenn der Einsatz kommt, laufen die Männer zum Wasserunfallwagen. Noch in der Garage zieht sich der erste den Anzug an, Erster Taucher, Reservetaucher und beide Signalmänner steigen in die dunkle Rücklade des Wagens. „Man macht sich schon Gedanken“, sagt Paas, der älteste der drei Neuen. „Erstmal: Finde ich die Person? Und: Wie bekomme ich sie heraus?“

Der Gruppenleiter steigt vorne in den Wagen. Er muss die Einsatzstelle finden. „Gar nicht so einfach“, sagt Kaszemekat. „Die Ruhr hat leider keine Hausnummern.“ Aufgewühlte Personen haben oft Schwierigkeiten der Leitstelle ihren genaue Standort zu nennen. An der Ruhr sind daher alle 500 Meter Schilder aufgestellt. Sie sind am weißen Kreuz auf rotem Grund zu erkennen. Darunter steht eine Nummer. Sie beschreibt den Kilometerstand der Ruhr, von Duisburg aus gezählt.

„Jeder Unfall fängt ganz harmlos an“

Wenn der Einsatz kommt, werden Paas, Cerny und Wandhoff zum Ufer laufen und rückwärts ins Wasser tauchen. Sie werden in Halbkreisen das Wasser durchziehen. Sie werden den bei jeder Berührung aufpuffenden Moosteppich abtasten, weil sie im staubigen Ruhrwasser kaum etwas sehen werden. Und am Ende werden sie kaum einen Lebenden aus dem Wasser ziehen.

Kaszemekat erzählt von einem „typischen Badeunfall“ im Sommer. Ein junger Mann geht mit seiner Freundin ins knietiefe Wasser, rutscht aus, fällt hin und treibt ab. Seine Freundin findet den Untergegangen nicht wieder und ruft die Feuerwehr. Kaszemekat sagt: „Jeder Unfall fängt harmlos an.“ Die Feuerwehrtaucher suchen den etwa 20-Jährigen im Beisein von Eltern und Freundin. Die aufgelösten Angehörigen setzen all ihre Hoffnung in die Feuerwehrtaucher. Doch die wissen, dass nach fünf Minuten im Wasser es für die meisten schon zu spät ist. Ein Feuerwehrtaucher ist erfolgreich, wenn er den gesuchten Menschen findet.

„Unser Job ist dennoch nicht sinnlos“

Auch in diesem Fall finden sie den jungen Mann, er ist bereits tot. „Unser Job ist dennoch nicht sinnlos“, sagt Kaszemekat. „Wir ersparen den Angehörigen, eine Woche oder länger auf den Verstorbenen zu warten.“

Rouven Aufermann, ein erfahrener Feuerwehrtaucher, schätzt den Zusammenhalt im Wittener Tauchertrupp. Er ist darauf angewiesen: „Im Wasser ist man als Taucher völlig orientierungslos, muss sich zu 100 Prozent auf den Signalmann verlassen.“ Der Taucher kann mit einem Ziehen an der Schnur Hilfe rufen. Dann würde Aufermann sich sofort ins Wasser stürzen – auch ohne Vollgesichtsmaske.

>>>ZUSTÄNDIG FÜR DEN GANZEN EN-KREIS

Von den 74 Feuerwehrleuten in Witten sind insgesamt 28 ausgebildete Taucher. Sie sind nicht nur zuständig für Witten, sondern für alle Städte im EN-Kreis und auch für Bochum.

Voraussetzung für eine Bewerbung ist das Rettungsschwimmer-Abzeichen in Gold. Im Bad wird vorab getestet, wer für die Aufgabe geeignet ist. Der nächste Lehrgang startet aber frühestens in drei Jahren.