Witten. . Lothar Winkler von der Wittener Seniorenvertretung rät zu ein bisschen Sport im Alter und geht mit gutem Beispiel voran.
In letzter Zeit ist es ein wenig ruhiger geworden um Wittens Seniorenvertretung. Doch das soll sich wieder ändern, verspricht Lothar Winkler (73), der mit Waltraud Sjamken und Willi Bodden das Sprecher-Team bildet. Winkler hat als Mann der ersten Stunde vor sechs Jahren die Initiative mit aus der Taufe gehoben. Nach dem Tod seiner Frau vor gut einem Jahr hatte er privat einiges zu stemmen. Doch nun hält er wieder Augen und Ohren offen, wenn es um die Belange älterer Menschen in der Stadt geht. Im Interview spricht Winkler, der als Ingenieur bei Siemens in Witten gearbeitet hat, über Rollatoren, die Bedeutung von Familie und seine letzte Radtour.
Ab welchem Alter kann man sich denn in der Seniorenvertretung engagieren?
Lothar Winkler: Wer 55plus ist und in Witten wohnt, kann mitmachen.
Mit Anfang 50 mag ich aber noch gar nicht ans Thema Alter denken. Wann haben Sie sich denn als Senior gefühlt?
Eigentlich habe ich mich dieser Gruppe noch nie zugehörig gefühlt. Ich glaube, der enge, aber nicht einengende Kontakt zur Familie, zu meinen Töchtern und Geschwistern, hält jung. Mich treibt zum Beispiel durchaus das Thema Schule um, ich habe schließlich zwei Enkelinnen. Nur nach meiner letzten 63-Kilometer-Radtour habe ich mich echt alt gefühlt.
Alle Achtung. Sie treiben also viel Sport?
Ich habe immer Sport gemacht, habe vor allem Fußball, Tennis, Basketball gespielt. Das darf ich aber jetzt nicht mehr, weil mein Knie kaputt ist. Deshalb fahre ich stattdessen Rad, am liebsten an der Ruhr bis nach Hattingen, gehe mal mit den Enkeln schwimmen und stöckele, mache also Nordic Walking.
Wie wichtig ist Bewegung im Alter?
Ich war neulich bei einer Veranstaltung der Landesseniorenvertretung, da ging es genau darum. Und die Botschaft ist: Es ist nie zu spät, damit anzufangen. Man muss ja nicht gleich Marathon laufen. Aber statt eine Pille zu nehmen, kann man mal fünf Kilometer spazieren gehen, das reicht auch. Den Referenten würde ich gerne mal nach Witten einladen. Oder wir könnten mit Sportvereinen kooperieren, viele haben ja schon Seniorensportabteilungen.
Welche Schwerpunkte wollen Sie in Zukunft noch bei Ihrer ehrenamtlichen Arbeit setzen?
Wir wollen noch mehr Infoveranstaltungen anbieten, um direkten Kontakt zu den Menschen zu bekommen. In den letzten anderthalb Jahren haben wir eher im Verborgenen gewirkt, waren zum Beispiel in zwei städtischen Arbeitskreisen aktiv, die sich mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention befasst haben. Um Wohnen und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ging es da.
Wie ist die Lage diesbezüglich in Witten?
Ein leidiges Dauerthema sind zugeparkte Übergänge vor Altenheimen, zum Beispiel an der Kreisstraße. Da kommen Bewohner mit ihren Rollatoren, aber auch Eltern mit Kinderwagen ganz schlecht rüber. Gefreut haben wir uns, dass die Niveauänderung des Bodens an den Haltestellen auf der Bahnhofstraße endlich markiert wurde. Da sind etliche ins Straucheln geraten.
Was das Wohnen angeht: Mieter in Altbeständen haben oft mit horrenden Mieterhöhungen zu kämpfen. Das Thema wollen wir möglichst schnell aufgreifen. Denn Mieter haben viele Rechte, die sie oft gar nicht kennen. Auch das Pflegestärkungsgesetz wird uns weiter umtreiben. Die Leute wollen wissen: Was kann ich kriegen und von wem? Und wenn irgendwo wieder eine Bankfiliale schließt, wie etwa auf dem Schnee, dann äußern wir uns auch dazu. Oder im vergangenen Herbst haben wir mit dem Bürger- und Heimatverein Heven was zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gemacht, da sind 70 Besucher gekommen.
Haben Sie selbst sowas?
Nein, da haben Sie mich jetzt tatsächlich kalt erwischt. Meine Tochter liegt mir auch schon ständig damit in den Ohren.
Heute stehen also Infoveranstaltungen im Mittelpunkt Ihrer Arbeit, früher sind Sie regelmäßig durch die Stadt gegangen, haben Listen angelegt, mit Dingen, die Ihnen negativ aufgefallen sind und haben diese der Stadt vorgelegt...
Ja, aber genau das erledigt inzwischen die Mängel-App. Ich finde die toll, aber es wäre schön gewesen, wenn es sowas viel früher gegeben hätte. Die Leute wissen einfach am besten, wo in ihrer Umgebung der Schuh drückt. Wir sammeln nach wie vor Anregungen, bündeln diese und geben sie an die zuständigen Stellen weiter. Das Problem ist nur, dass es uns manchmal zu langsam geht, was die Umsetzung betrifft.
Wo mischen Sie noch mit?
Wir sitzen im Stadtentwicklungs- und Umwelt- sowie im Verkehrsausschuss. Außerdem pflegen wir viele Netzwerke, sind zum Beispiel Wisel – Wittener Senioren leben – eng verbunden. Die bieten Wander- und Spielgruppen oder das Kino im Café für Ältere an. Über sowas kann man Menschen dazu bringen: Geh raus, beweg dich – auch im Kopf.
Sie stehen auch als Kurs im VHS-Programm...
Wir treffen uns da mit der Organisationsgruppe. Und freuen uns, wenn Interessierte kommen und bleiben.
Kümmern Sie sich auch selbst um kulturelle Themen?
Im Winterhalbjahr wollen wir bis zu drei Veranstaltungen anbieten. Am 31. Oktober geht’s los mit Jule Vollmer bei Lehmkul.
Fühlen Sie sich in und von der Stadt anerkannt?
Es hat lange gedauert, aber inzwischen akzeptiert man unsere Arbeit weitestgehend. Wir bekommen sogar eine Zuwendung von der Stadt, wie das Kinder- und Jugendparlament. Wir sind ja quasi das Kijupa für Senioren. Und wir wollen auch gar keinem ins Handwerk pfuschen, sondern Wissen sammeln.
>> Regelmäßige Treffen
Die Seniorenvertretung hat aktuell um die 15 aktive Mitglieder. Sie treffen sich jeden zweiten Donnerstag im Monat von 16 bis 18.15 Uhr im VHS-Seminarzentrum an der Holzkampstr. 7. Jeden dritten Donnerstag im Monat von 14 bis 16 Uhr gibt es ein weiteres Treffen im Awo-Seniorenzentrum, Egge 73-77. Wer sich dafür interessiert, ist willkommen.
Wer Fragen und Anregungen rund um das Thema Senioren hat oder sogar ehrenamtlich mitwirken möchte, kann sich zunächst auch bei einem der drei Sprecher melden: Lothar Winkler ( 878406), Waltraud Sjamken ( 801525), Willi Bodden ( 1761774). Die Seniorenvertretung ist auch per Mail zu erreichen: seniorenverwit@aol.de