Witten. . Yael Shechter und Yehidith Biller sind die Urenkelinnen von Kaufhaus-Gründer Blank. Mit Martina Kliner-Fruck erkunden sie die Familiengeschichte.
Die Schwestern Yael Shechter und Yehidith Biller schauen vom neunten Stock des Parkhotels über die Dächer der Stadt. Es ist ihr erster Besuch in Witten. Die Spur ihrer Ahnen hat sie in die Ruhrstadt geführt. Ihr Urgroßvater Georg Blank war der Besitzer des prächtigen Kaufhauses an der oberen Bahnhofstraße – bevor er 1938 von den Nazis enteignet wurde.
Yehidith und Yael mit Ehemann Moti haben den langen Weg aus Tel Aviv auf sich genommen. Auch Yaels und Motis Tochter Shibboleth ist mit dabei. Gemeinsam mit Stadtarchiv-Leiterin Dr. Martina Kliner-Fruck begeben sie sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Kliner-Fruck hat Bilder der Familie Blank und des Kaufhauses herausgesucht. „Es ist für uns sehr aufregend“, sagt Yael Schechter, Jahrgang 1937. „Wir haben Dinge über unsere Familie erfahren, die wir nicht wussten.“
Zum Beispiel wo und wie ihre Urgroßelter Georg und Rosalie in Witten gewohnt haben. Gern haben sich die heutigen Bewohner der Häuser in der Uthmann- und Nordstraße bereit erklärt, dem Besuch das Zuhause ihrer Vorfahren zu zeigen. „Für diese Gastfreundschaft möchten wir uns noch mal herzlich bedanken“, so Kliner-Fruck. Zu Fuß ging es weiter zum ehemaligen Kaufhaus Alsberg & Blank (heute Galeria Kaufhof), zum jüdischen Friedhof und dem früheren Standort der Synagoge gegenüber dem Ruhrgymnasium.
Erster Besuch der Schwestern in Witten
Diese Orte kennen Yael und Yehidith nur von den spärlichen Erzählungen ihrer Eltern. Die beiden Frauen kamen 1937 und 1942 in Tel Aviv zur Welt. Ihr Vater, Kurt Moosberg, war der Sohn von Ella Moosberg, die eines der sechs Kinder von Georg und Rosalie Blank war. Kurt floh mit seiner Frau vor den Nazis nach Israel. Yael erzählt: „1933 sagte Vater zu unserer Mutter: Pack die Sachen. Es ist höchste Zeit.“
Zuvor hatte Max Blank, Sohn von Georg und Rosalie und Bruder von Ella, das Kaufhaus übernommen. Er schloss sich mit der ebenfalls jüdischen Familie Alsberg zusammen und gründete das Kaufhaus Gebrüder Alsberg & Georg Blank. Am 6. Oktober 1938 wurden die beiden Geschäftsführer „wegen Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen der Arisierung“ von der Gestapo verhaftet und zum Verkauf gezwungen. Max Blank überlebte die NS-Verfolgung durch Flucht. Seine Frau und viele Mitglieder der Familie Alsberg starben durch die Hand der Nazis.
„Wir sind mit gemischten Gefühlen gekommen“, sagt Yehidith Biller. „Unsere Mutter wollte nicht noch einmal zurück nach Deutschland und wir lange Zeit auch nicht.“ Doch wie viele andere Nachfahren von jüdischen Immigranten ließ sie das Schicksal ihrer Familie nicht los. „Das Team vom Stadtarchiv hat uns sehr geholfen und wirklich tolle Arbeit geleistet“, so Yael Shechter.
„Wir wollen die Erinnerungen der Betroffenen erhalten“, verspricht Martina Kliner-Fruck.
>> Kaufhaus mit wechselvoller Geschichte
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten die Familien Blank und Alsberg das inzwischen zerbombte Kaufhaus samt 310 000 DM zurück. 1953 verkauften die Erben an die Firma Kogge. 1968 baute Horten neu.
1995 übernahm die Horten Galeria GmbH, heute Galeria Kaufhof, das Gebäude.