Witten. . Polizei warnt vor gefährlichem Schleichweg am Bahnhof Annen-Nord. Immer wieder klettern Fahrgäste in die Gleise, um ein paar Meter zu sparen.

Die Bundespolizei warnt vor gefährlichem Leichtsinn. Immer wieder nehmen Fahrgäste die Abkürzung über die Gleise, um schneller zum Bahnhof Annen-Nord zu kommen. Im Gebüsch ist bereits ein regelrechter Trampelpfad entstanden. Dabei birgt diese Abkürzung eine tödliche Gefahr – zumal wegen der Bauarbeiten der Bahn Richtung Bochum derzeit auch Intercitys mit hoher Geschwindigkeit durch Annen brausen.

Einer hob sogar sein Rad ins Gleisbett

Drei Beamte der Bundespolizei waren zum Pressetermin nach Witten gekommen, um die gefährlichen Punkte zu zeigen. Doch sie waren kaum auf dem Bahnsteig, da mussten sie schon einschreiten. Gleich drei Personen quetschten sich nacheinander am Verbotsschild vorbei auf den schmalen Pfad. Einer hob sogar sein Rad ins Gleisbett – und starrte dabei aufs Handy. „Ich gehe immer da lang – meine Kollegen haben gesagt, dass man das so machen kann“, so seine Begründung.

Die Polizisten können über so viel Leichtsinn nur mit dem Kopf schütteln. „Sie fahren doch auch nicht mit dem Rad über die Autobahn!“ Die häufigste Ausrede sei, man habe die Bahn noch erwischen wollen. Aber auch das haben die Beamten schon gehört: „Mit meinen Krücken kann ich nicht so gut über die Treppe laufen...“

„Bis der Zug steht, ist er durch den Bahnhof durch“

Die Abkürzung sei gefährlich, und zwar lebensgefährlich. Die heranrasenden Fernzüge seien erst spät zu sehen und so gut wie nicht zu hören – schon gar nicht mit Kopfhörern im Ohr. Eine Kollision ist dann unausweichlich. „Der Lokführer kann eine Vollbremsung machen. Aber bis der Zug steht, ist er längst durch den Bahnhof durch.“ Ganz abgesehen davon, dass dadurch auch die Passagiere im Zug gefährdet würden.

Ein Schild erinnert an den tödlichen Unfall in Annen.
Ein Schild erinnert an den tödlichen Unfall in Annen. © Jürgen Theobald

Früher hätte man vor allem Kinder vorm Betreten der Gleise warnen müssen, heute die Erwachsenen. „Und allen, die sagen, ich kann das, kann ich nur sagen: Das haben die anderen auch gedacht“, warnt Polizeihauptkommissar Achim Berkenkötter und spricht damit die Vielzahl der tödlichen Unfälle an. Erst in dieser Woche sind zwei junge Männer – 20 und 21 Jahre alt – in Köln ums Leben gekommen, die sich auf den Gleisen befanden, im Mai starb ein 13-Jähriger in Gelsenkirchen. Häufige Unglücksursache: Die Passanten denken, der Zug ist weg, der nächste kommt erst später.

„Es passieren permanent Unfälle“

Sie rechnen nicht mit dem Unvorhergesehenen: Güterzügen, Fahrplanänderungen oder – wie jetzt in Witten – dem umgeleiteten ICE. „Es passieren permanent Unfälle“, so Berkenkötter. „Daher ist uns das hier ein großes Anliegen.“ Aufmerksam geworden war die Polizei durch Hinweise von Anliegern, die auf den Gefahrenpunkt hingewiesen hatten. Entschärfen kann die Polizei ihn aber nicht.

Anders als im hinteren Bereich des Bahnhofs, wo nach dem tödlichen Unfall vor zwei Jahren ein 1,80 Meter hoher Zaun rechts und links der Gleise ein Überqueren verhindern soll, sei das nach vorne, zur Schranke hin, nicht möglich. „Wir können nicht die ganze Eisenbahn einzäunen“, sagt Hauptkommissar Thomas Bödiger. Mit einem Zaun am Bahnsteig würde es zudem noch enger und gefährlicher, wenn trotzdem jemand ins Gleisbett klettere. „Nein, da können wir nur an den gesunden Menschenverstand appellieren.“

>>>23-JÄHRIGER WITTENER VON BAHN ERFASST

Erst im Dezember 2016 war ein 23-jähriger Wittener in Annen ums Leben gekommen .Laut Polizei wollte der 23-Jährige als Abkürzung die Gleise nahe des real-Supermarktes an der Westfalenstraße überqueren, als er seitlich von der S-Bahn erfasst wurde. Er hatte sie wohl nicht gehört.

Das Betreten der Gleise ist übrigens eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld von 25 Euro geahndet werden. Kommt es zu einer Störung des Bahnverkehrs – etwa weil ein Zug abbremsen muss – kann die Strafe für die Verursacher empfindlich höher ausfallen.