Witten. . Fünf Jahre war Inge Nowack Stadtmarketing-Chefin. Sie wechselt ins Planungsamt – weil sie mehr Zeit für private Verpflichtungen benötigt.

Sie ist keine Chefin, die ihr Team für sich arbeiten lässt, sondern eine, die immer selbst mit anpackt. Nicht nur dafür wird Inge Nowack von ihren Kollegen geschätzt. Seit November 2013 ist die gebürtige Annenerin Geschäftsführerin des Stadtmarketings. Am 31. Oktober wird sie dort – nach fünf Jahren – ihren letzten Arbeitstag haben. Die 57-jährige studierte Verwaltungswirtin wechselt ins Planungsamt. Laut Stadt gibt es für sie eine „Wunschnachfolge“, aber ein Vertrag sei noch nicht unterschrieben, wie es heißt. Gut unterrichtete Quellen sprechen von einer „externen Lösung“.

Frau Nowack, wechseln Sie Ihre Stelle mit einem weinenden und einem lachenden Auge?
Nowack: Auf jeden Fall! Ich habe diese Arbeit beim Stadtmarketing immer mit viel Spaß gemacht. Sie ist sehr vielfältig, ließ sich aber nicht mehr mit meinen privaten Verpflichtungen vereinbaren. Ich bin ein Einzelkind, habe mich immer um meine alten Eltern gekümmert. Mein Vater ist im April verstorben. Auch meine 89-jährige Mutter, die zuhause lebt, braucht meine Unterstützung, sonst könnte sie nicht mehr zuhause sein. Zusammen mit einem Pflegedienst klappt das. Aber in Verbindung mit meinem bisherigen Job, bei dem man ständig parat sein muss, ist das für mich nicht mehr zu schaffen. Diese starke Belastung habe ich gespürt. Wir sind beim Stadtmarketing ein kleines, zehnköpfiges Team. Man ist schon Tage vor großen Veranstaltungen immer rund um die Uhr im Einsatz. Dass ich mich daran beteilige, war für mich selbstverständlich. Die Zwiebelkirmes, die am 31. August beginnt, wird meine letzte große Veranstaltung sein.

Welche Aufgaben werden Sie künftig im Planungsamt haben?
Ich soll mich dort unter anderem mit um das „Integrierte Handlungskonzept Innenstadt“ kümmern, auch um das Projekt Heven-Ost/Crengeldanz. Die Quartiersentwicklung ist ja auch eine Art Marketing. Und ich kann gut netzwerken.

Vielleicht kein Weihnachtsmarkt vor der Stadtgalerie

Was würden Sie als Stadtmarketing-Chefin – wenn man die vergangenen Jahre betrachtet – für sich und Ihr Team als Erfolg verbuchen?
Den Umbau des Bethauses im Muttental. Im September soll die neue Schmiede im Haus übrigens offiziell eingeweiht werden. Auch die neue Weihnachtsbeleuchtung (lacht). Es gibt noch Bäume, die erstrahlen können. Ich suche für dieses Jahr noch Sponsoren. Wir überlegen übrigens, ob wir in diesem Jahr auf den Weihnachtsmarkt vor der Stadtgalerie verzichten sollen. Die Händler waren mit dem dortigen Standort nicht ganz zufrieden. Aufenthaltsqualität hatten immer der Berliner Platz und der Rathausplatz. Was ich auch sagen möchte: Die Zusammenarbeit mit der Standortgemeinschaft Witten-Mitte war immer sehr intensiv.

Ihr Herz schlägt weiter für Witten: Auch nach dem Ausscheiden beim Stadtmarketing bleibt Inge Nowack der Stadt beruflich und privat verbunden. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services Apropos: Ein großes Thema sind weiter die verkaufsoffenen Sonntage. Wie stehen Sie persönlich dazu?
Also in diesem Jahr haben wir drei verkaufsoffene Sonntage im Zentrum – zur Himmelfahrtskirmes, zur Zwiebelkirmes und zum Weihnachtsmarkt. In Herbede gibt es in diesem Jahr zwei Einkaufssonntage, zu den Kindertagen im April und zum Oktoberfest. In Annen gibt es keinen, weil dort zu wenig Händler mitmachen. Ich persönlich finde, dass um das Thema ein bisschen viel Bohei gemacht wird. Mitarbeiter von Krankenhäusern, Altenheimen oder auch Busfahrer fragt auch niemand, ob sie sonntags arbeiten wollen. Angestellte von Geschäften, die sonntags öffnen, bekommen doch einen Freizeitausgleich oder sie werden dafür bezahlt.

Idee einer Händler-Plattform scheiterte

Können Sie dem holländischen Modell etwas abgewinnen? Dort entscheidet jede Gemeinde selbst, wie oft und lange die Läden in der Stadt öffnen dürfen. Viele Bürger aus NRW fahren ja auch gern dorthin.
Ja. Mir ist es lieber, die Leute kommen zu uns in die Stadt, um hier einzukaufen, als dass sie zuhause am Computer sitzen und bei Amazon shoppen.

Stichwort Online-Handel: Sie haben sich in Ihrer Zeit als Stadtmarketing-Chefin immer wieder für einen Online-Auftritt der Wittener Händler stark gemacht. Weil eben immer mehr Menschen im Netz auf Einkaufstour gehen. Aus Ihrer Idee wurde dann aber nichts.
Ja, leider! Die Idee, dass Wittener Geschäftsleute ihre Waren auch per Online-Shop über ein gemeinsames Portal verkaufen, die wurde schon früh ad acta gelegt. Die Einzelhändler sind sowieso schon sehr eingespannt und haben gesagt: Das können wir nicht noch zusätzlich leisten. Denn ein Online-Shop macht natürlich auch Arbeit.

Untere Bahnhofstraße braucht Mix von Geschäften

Sie könnten ihre Waren aber auch nur auf einem gemeinsamen Portal vorstellen, ohne sie dort zu verkaufen. Auch diesen Vorschlag haben Sie den Händlern gemacht.
Die Wittener Händler sind da sehr unschlüssig – obwohl die Stadtwerke und auch die Sparkasse so etwas finanziell unterstützt hätten. Aber: Auch ein Online-Auftritt ohne Verkauf muss gepflegt und gefüttert werden. Damit gibt es Folgekosten. Sonst ist das ein tot geborenes Kind.

S ie haben sich auch – angesichts zahlreicher Leerstände – für eine Belebung der unteren Bahnhofstraße eingesetzt. Leerstände gibt es dort immer noch. Aber es gibt dort jetzt einige neue Imbisse und Cafés.
Ja. Allerdings muss man aufpassen, dass die untere Bahnhofstraße da nicht zu einseitig wird. Ein guter Mix von Geschäften ist immer wichtig. Aber es handelt sich dort nicht um eine 1A-Lage. Im Übrigen ist es heute oft schon schwierig, 1A-Lagen zu vermieten. Es ist begrüßenswert, dass die City-Passage jetzt einen neuen Eigentümer hat. Vom Vorbesitzer Apollon hat man zwei Jahre lang nichts gehört. Die Stadt hat dem neuen Eigentümer ihre Hilfe angeboten. Wenn er sie braucht, soll er sich melden.

Witten könnte touristisch besser vermarktet werden

Bethaus-Schmied Rainer Simmat bei der Arbeit: Stadtmarketing-Chefin Inge Nowack freut sich, dass es auch mit der Schmiede im Haus geklappt hat. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services Welchen Tipp geben Sie Ihrem Nachfolger, Ihrer Nachfolgerin?
Mein Nachfolger sollte sich weiter bemühen, dem wachsenden Online-Handel mit einer eigenen Wittener Händler-Plattform etwas entgegenzusetzen. Was den Tourismus in unserer Stadt angeht, hat Witten viel zu bieten – mit dem Muttental, dem Ruhrtalradweg, auch den Angeboten der Wabe – mit dem Schleusenwärterhaus und dem Zollhaus in Herbede. Das muss man noch mehr darstellen, auch in Zusammenarbeit mit den anderen Ruhrgebietsstädten. Gemeinsam kann man da mehr erreichen als einer alleine. Diese Zusammenarbeit, finde ich, könnte noch besser klappen.

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Die scheidende Stadtmarketing-Geschäftsführerin Inge Nowack lebt mit ihrem Mann und ihrem Hund – „er stammt aus Spanien“ – in Annen, wo sie auch aufgewachsen ist. Die 57-Jährige hat einen Sohn, Daniel, 25.

Inge Nowack ist ein „Stadt-Gewächs“. Nach ihrem Schulabschluss auf dem Albert-Martmöller-Gymnasium absolvierte sie ein Fachhochschulstudium zur Verwaltungswirtin. In dieser Zeit war sie schon bei der Stadt beschäftigt. Später war sie insgesamt 17 Jahre bei der VHS – als stellvertretende Verwaltungsleiterin und als Verwaltungsleiterin.

Bevor die Annenerin 2013 Geschäftsführerin des Stadtmarketings wurde, arbeitete sie beim Amt für Wirtschaftsförderung, Standortmarketing und Universitätsentwicklung.