Witten/Hattingen. . Viele Herkulesstauden an Ruhr und Kemnader Stausee sind während der Hitzewelle vertrocknet. Warum sie sich dennoch weiter ausbreiten werden.

Fast ist es ein gespenstischer Anblick: Wie abgemagerte Skelette stehen um den Kemnader See und an der Ruhr teils einzelne, teils ganze Kolonien vertrockneter Exemplare des Riesen-Bärenklaus. Vom einst saftigen Grün und den weißen Blüten ist nichts mehr übrig. Die andauernde Trockenheit hat auch der sonst nicht Herr zu werdenden Pflanze in diesem Sommer ein vorzeitiges Ende beschert.

„Darüber sind wir sehr froh“, sagt Franziska Weiße, Betriebsleiterin des Freizeitzentrums Kemnade (FZK). Besonders am Süd-Ufer kämpft das Naherholungszentrum gegen den giftigen Riesen-Bärenklau, auch Herkulesstaude genannt, der bei Hautkontakt in Verbindung mit Sonnenlicht zu Verbrennungen führen kann.

Samen sind schon in den Böden

Doch Auswirkungen auf die weitere Ausbreitung oder gar das Fortbestehen des invasiven Riesen-Bärenklaus, wird deren vorzeitiges Ende nicht haben. „Die Samen sind schon in den Böden, auch noch von den Vorjahren“, sagt Michael Wichert von der Naturschutzbehörde des EN-Kreises. Daher sei es auch „eine Aufgabe von Jahren“, den Riesen-Bärenklau zurückzudrängen. „Jetzt ist lediglich der diesjährige Lebenzyklus schneller beendet worden“, sagt Wichert. Sonst hätten die Herkulesstauden wohl noch bis September oder Oktober gelebt.

Ebenfalls am Ruhrdeich wächst hier bereits die nächste Generation des Bärenklaus heran.
Ebenfalls am Ruhrdeich wächst hier bereits die nächste Generation des Bärenklaus heran. © Barbara Zabka

Also nur eine kurze Verschnaufpause für die, die das invasive Gewächs einzudämmen versuchen. Da weiß auch Franziska Weiße vom FZK: „Man bekommt ihn einfach nicht ausgerottet, ist er an einer Stelle weg, dreht man sich um und da wächst schon der nächste.“ Ähnlich schätzt Britta Balt vom Ruhrverband die Situation ein, der auf Wittener Gebiet hauptsächlich für den Bereich der Hundewiese nahe der A 43 zuständig ist: „Wir bekämpfen die Pflanze nur dort, wo Gefahr im Verzug ist und sorgen für Sicherheit. Alles andere ist nicht leistbar.“

Riesen-Bärenklau verdrängt heimische Arten

Wie wichtig eine flächendeckende Bekämpfung wäre, darauf verweist Wichert: „Hier heimische Pflanzen und auch Tiere werden durch den Riesen-Bärenklau verdrängt. Der gesamte Standort wird verändert.“ Die aus dem Kaukasus stammende Herkulesstaude taucht daher seit 2017 auch in einer EU-Verordnung auf, die regelt, welche invasiven Tier- und Pflanzenarten als gefährlich für die heimischen Ökosysteme gelten und deren Ausbreitung deshalb eingeschränkt werden müsse.

Um den Bärenklau einzudämmen, sei die Nutzung der betroffenen Flächen entscheidend, so Wichert. Also Beweidung oder sehr regelmäßiges Mähen. Am Ufer des Kemnader Sees hat sich eine flauschige Eingreiftruppe bewährt: seit letztem Jahr verspeist dort eine Herde Schafe vor allem im Böschungsbereich die Jungpflanzen.

Nachwuchs in der Schafherde

Zusätzlich seien die Mitarbeiter sehr regelmäßig im Einsatz um rechts und links der Wege zu mähen und so das Wachstum der giftigen Pflanze zu unterbinden. Aus den anfangs 20 Rhönschafen sind mittlerweile schon 30 geworden. „Wir hatten viel Nachwuchs“, freut sich Weiße. Der schwarze Kopf der Tiere macht diese übrigens unempfindlich gegenüber dem gefährlichen Saft der Pflanze.

Zweite Herde grast derzeit auch am Stausee

Die Schafherde des Freizeitzentrums Kemnade wird durch eigene Mitarbeiter betreut, die sich vom Schafzuchtverband haben schulen lassen.

Die 30 Schafe haben derzeit Verstärkung: Die Herde einer Wittener Schäferin grast ebenfalls am Stausee, weil sie aufgrund der Trockenheit andernorts kein Futter mehr fanden.

Die Stadt Witten ist nach eigenen Angaben nur für eine etwa 5000 Quadratmeter große Fläche zuständig, auf der der Riesenbärenklau wächst: am Ruhrufer nahe des Mühlengrabens. Dort werde dreimal im Jahr geschnitten, sagt Joachim Liese vom Betriebsamt, vor allem vor dem Aussamen. Auch in den Stadtpark verirren sich immer wieder Exemplare des Doldenblütlers. „Die graben wir dann direkt aus, damit sich die Pflanze dort nicht weiter ausbreiten kann“, so Liese. Denn bei einzelnen Exemplaren ist das die effektivste und nachhaltigste Methode.