Witten/Hattingen. . Seit 2013 leitete Dr. Dietrich Thier das EN-Kreisarchiv. Ende August geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Und freut sich auf Ostfriesland.

Seit 2013 leitet der Historiker Dr. Dietrich Thier in Wetter das Kreisarchiv für den EN-Kreis. Über drei Jahrzehnte hat Thier für die Harkortstadt gearbeitet – die letzten 14 Jahre als Fachbereichsleiter für Schule, Bildung, Sport, Kultur und Bürgerdienste. Außerdem leitete er das Wetteraner Stadtarchiv. Ende August verabschiedet sich der 65-Jährige in den Ruhestand. Der Hagener ist und bleibt Vorsitzender des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark mit Sitz in Witten. Über seine Leidenschaft Geschichte und seine Vorhaben für die Zukunft.

Sie haben Germanistik, Geschichte und evangelische Theologie studiert und wollten eigentlich Lehrer werden.

Dr. Dietrich Thier: Nach der Referendarszeit wurden mit der Fächerkombination Deutsch/Geschichte keine Lehrer eingestellt. Der Entschluss, Archivar zu werden, entstand schon während des Studiums.


Gibt es Epochen oder historische Persönlichkeiten, für die Sie schon immer ein Faible hatten?

Für mittelalterliche Geschichte habe ich mich schon immer interessiert. Besonders aber interessiert mich die Region an der mittleren Ruhr, im Bereich der entstehenden Grafschaft Mark – also mittelalterliche Regionalgeschichte. Eine Person spielte in meinem Leben immer eine besondere Rolle: Friedrich Harkort. Durch meinen Großvater wurde ich in den 1950er Jahren mit den Werkstätten in der Wetteraner Freiheit vertraut gemacht.

Sein Traumberuf war eigentlich Lehrer

Sie sind Historiker aus Leidenschaft. Was fasziniert Sie so sehr an der Vergangenheit?

Zunächst einmal ist es eine gewisse Neugier, die Fragen nach der Organisation des menschlichen Zusammenlebens stellt. Fragen reichen aber nicht aus, da ja die Antworten fehlen. Diese Antworten sich mit den fachlichen Mitteln selbst zu erarbeiten, Beweggründe für menschliches Handel zu erkennen, ist ein starker Antrieb, ebenso wie die Erkenntnisse darüber, woher wir kommen und was daraus geworden ist.

Sie sind dafür bekannt, aus dem Stegreif Historisches humorvoll zu präsentieren. Haben Sie es manchmal bedauert, nicht doch Lehrer geworden zu sein?

Ich habe das nicht nur manchmal bedauert. Der Stachel der Sehnsucht nach einem nicht erfüllten Berufswunsch sitzt heute noch tief. Immer noch sehe ich die absolut verfehlte Bildungspolitik der Landesregierungen im Bereich der Lehrer, wo wahllos ausgebildet und völlig am Bedarf vorbei geplant wird. Aber mir ist auch klar, dass die Sicht auf den Lehrerberuf bei mir verklärt ist, der Schulalltag sich gewaltig von dem der 80er Jahre unterscheidet. Trotzdem: Es war mein Traumberuf.

Was waren die bedeutendsten Aufgaben in Ihrem Berufsleben?

Die Aufgabe, das Archiv des Ennepe-Ruhr-Kreises in Wetter beheimaten zu können und die Einrichtung der Sekundarschule in Wetter als erste Schule dieser Art im Kreis.

„Auf jeden Fall möchte ich noch einmal Rom erleben“

Gibt es Ehrenämter, die Sie in Zukunft (weiter) ausüben werden?

Es sieht so aus, als würde ich noch einige Zeit als Vorsitzender des Kreisheimatbundes tätig sein. Dazu kommt meine Aufgabe beim Verein für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark in Witten mit der Betreuung einer anspruchsvollen Vortragsreihe und die Herausgabe des Märkischen Jahrbuchs für Geschichte. Hinzu kommt die Arbeit in bestehenden Netzwerken – etwa mit dem LWL-Industriemuseum in Dortmund.

Blieb während Ihres Berufslebens noch Raum für Hobbys?

Es blieb wenig Spielraum für eine regelmäßige Freizeitbeschäftigung. Ich werde mich nun intensiver um Obstbaumveredelung und Rosenzucht bemühen, mehr als bisher die Natur erleben. Und: Wir haben im Landkreis Leer einen Kotten. Dort in Ostfriesland möchte ich mehr Zeit verbringen.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie bald nicht mehr arbeiten müssen?

Morgens ganz in Ruhe Zeitung lesen zu können, nach dem Frühstück eine Pfeife zu rauchen, nicht mehr auf Anrufe sofort reagieren zu müssen. Den Tag gestalten und im Freien leben zu können. Auf jeden Fall möchte ich noch einmal Rom, Lissabon und die Pyrenäen erleben, auch noch einmal in einem Alm-Dorf mit meiner Familie einen Herbsturlaub ohne besonderen Komfort verbringen.

>>> NEUE KREISARCHIVARIN IST AUS BOCHUM

Die neue Kreisarchivarin
Die neue Kreisarchivarin © Sachs

Die neue Kreisarchivarin für den EN-Kreis und Stadtarchivarin für Wetter lebt in Bochum. Stephanie Pätzold stammt aus Niedersachsen, aus einem kleinen Dorf bei Hannover – Gümmer. Nach dem Abitur studierte die heute 44-Jährige an der Georg-August-Universität Göttingen Mittlere und Neuere Geschichte, Religionswissenschaften und Skandinavische Philologie. Neben ihrem Studium war sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte der Uni Göttingen tätig.

Sie schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit

2002 wechselte Pätzold mit ihrem heutigen Ehemann, ebenfalls Historiker, nach Baden-Württemberg. Dort war sie bis 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stadtarchiv Pforzheim. 2005 zogen die Pätzolds nach Bochum. „Mein Mann, Dr. Stefan Pätzold, ist dort stellvertretender Leiter des Bochumer Zentrums für Stadtgeschichte. Ich war bis 2016 in verschiedenen Projekten als freie Historikerin tätig und arbeitete daneben in der medizinischen Marktforschung“, so die neue Kreisarchivarin. Derzeit schreibt sie an ihrer Doktorarbeit.