Witten. . Ende August geht die beliebte Plattform für Selbstgemachtes offline. Zwei Wittener Kunsthandwerkerinnen erzählen, was das für sie bedeutet.
Individuell und handgefertigt sind die Produkte, die auf dem Online-Marktplatz Dawanda angeboten werden. Ende August geht die Plattform offline, über 70.000 Kunsthandwerker, Designer und Hobbykünstler müssen sich dann einen neuen Umschlagplatz für ihre Produkte suchen. Zwei Wittener Verkäuferinnen erzählen, was das Aus der beliebten Plattform für sie bedeutet.
Für Hobby-Künstlerin Bettina Löwenstein war Dawanda bislang ihr wichtigster Vertriebsweg für ihre Skulpturen aus Draht und Papier. „Ich bin auch drei- bis viermal im Jahr auf Märkten, aber über die Seite kamen kontinuierlich Bestellungen rein“, sagt die 51-Jährige. Als sie durch eine Mail vom Aus erfuhr, konnte sie es zunächst nicht glauben. „Ich hab das angezweifelt, die Seite gibt es gefühlt schon ewig und nie hat man davon gehört, dass es irgendwo hakt.“
Über Dawanda viele Kontakte geknüpft
Über den Kreativ-Marktplatz hat die Stockumerin auch viele Kontakte geknüpft, wurde auf Kunsthandwerkermärkte eingeladen. Und ihre Figuren stehen mittlerweile auch in einer Boutique nahe Göttingen – weil der Inhaber sie auf Dawanda entdeckt hatte. „Mal schauen, ob das jetzt bei Etsy so weitergeht“, sagt die Verwaltungsangestellte.
Denn der deutsche Marktplatz für Selbstgemachtes hat für seine Verkäufer eine Regelung mit dem US-Rivalen Etsy getroffen. Shops und Produkte sollen dorthin umziehen, die sonst fälligen Einstellgebühren entfallen. „Ich habe ,Ja’ zum Umzug gesagt. Ich habe ja auch keine andere Möglichkeit“, sagt Löwenstein.
Hoffnung auf neuen Kundenkreis
Angst davor, im deutlich größeren Angebot der internationalen Kunsthandwerks-Plattform unterzugehen, hat sie jedoch nicht. „Ich sehe das eher positiv. So sehen mehr Menschen meine Produkte. Es erschließt sich ein neuer Kreis von Kunden.“
Seit 2015 ist Mareike Kriesten mit ihren maßgefertigten Schutzhüllen für Handys, Tablets und E-Readern bei Dawanda vertreten. Ihre Produkte aus Wollfilz, die sie in ihrer Werkstatt in Herbede näht, vertreibt die 31-Jährige zusätzlich über einen eigenen Online-Shop und andere Portale.
Auf mehreren Plattformen aktiv
Das Ende des Kunsthandwerker-Marktplatzes im Netz sieht sie daher auch recht gelassen. „Am meisten verkaufe ich über Amazon, bei E-Bay steige ich gerade ein“, sagt Kriesten. Auch auf der internationalen Plattform Etsy ist die junge Geschäftsfrau bereits seit etwa einem Jahr aktiv. „Aber da passiert auf dem deutschen Markt gar nichts. Eigentlich wollte ich mein Profil dort schon auflösen.“ Das wird sie nun nicht mehr tun.
Mareike Kriesten hat die Hoffnung, dass sich die bisherigen Dawanda-Kunden neu orientieren und damit Etsy helfen, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen: „Der Bedarf wird ja bleiben, man muss jetzt einfach schauen, wo die Kunden hingehen.“
Wirklich ärgerlich ist für sie hingegen, wie und wann Dawanda seine Verkäufer über das Aus informiert hat. „Das war schlecht kommuniziert und zu kurzfristig“, sagt Kriesten. Kurz zuvor habe sie noch eine Werbekampagne auf der Seite gestartet. „Die muss ich natürlich bezahlen, habe aber keinen langfristigen Nutzen mehr davon.“
>>> INFO: Dawanda-Mitarbeiter verlieren ihre Jobs
- Seit 2006 bietet Dawanda Kunsthandwerkern und Hobbykünstlern die Möglichkeit, ihre Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Von Kleidung, Schmuck, Accessoires, Babyartikeln bis hin zu Möbeln reicht die Angebotspalette.
- Ende Juni verkündete das Berliner Start-up für viele überraschend sein Ende, es hatte zuletzt allerdings einen operativen Verlust von einer Million Euro gemacht. Man habe sich zunehmend eingestehen müssen, „dass es uns alleine nicht gelingen wird, das Wachstum alleine weiter voranzutreiben“, ließ Dawanda in einer E-Mail wissen.
- Geld verdient der Online-Marktplatz mit Gebühren, die er von den Händlern erhebt, mit Werbeeinnahmen und Produktplatzierungen. Gleiches gilt für den US-Konkurrenten Etsy mit seinen 1,9 Millionen aktiven Verkäufern mit 50 Millionen Produkten und einem Umsatz von 441 Millionen Euro (2017). Die 150 Mitarbeiter von Dawanda ziehen, anders als die Händler, nicht mit um. Sie verlieren ihren Job.