Witten. . Landwirt Jan Bockholt und seine Kollegen bauen nicht überall Raps oder Gerste an. Auf einigen Äckern wachsen auch Blumen für die Insekten.
Es summt und brummt auf dieser Wiese, die eigentlich ein großes Feld ist. Doch weil die Fläche im Papenholz direkt neben einem Wald liegt und deshalb zu schattig und feucht für den Anbau von Winterraps ist, hat Landwirt Jan Bockholt einfach verschiedene Kleearten und lilafarbene Phacelia eingesät. Dazwischen recken Sonnenblumen ihre Köpfe in den blauen Himmel. „Hier ist so einiges los“, sagt der 33-Jährige. „Wenn Sie sich nachmittags da reinstellen, ist das wie im Bienenstock.“
„Honigweide“ für die Bienen
Mehrere solcher oft fußballfeldgroßen Blühstreifen stellt der Wittener Ortslandwirt – ebenso wie seine Kollegen – der Natur zur Verfügung. Ein paar Flächen verwandelt er freiwillig in ein Paradies für Insekten und größere Tiere. Doch fünf Prozent seiner 70 Hektar muss er laut EU-Vorgaben in eine so genannte „ökologische Vorrangfläche“ verwandeln. Auf die darf nur eine festgelegte Samenmischung – auch wenn die gar nicht immer zur Region passt. Das ärgert den Landwirt zwar ein bisschen, doch grundsätzlich stört ihn die alternative Nutzung eines Teils seiner Äcker nicht. Im Gegenteil: Schließlich müsse etwas gegen das Insektensterben getan werden. Doch nicht nur denen tun die Landwirte Gutes.
Neben der „Honigweide“ für die Bienen befindet sich im Papenholz eine Brache, die Bockholt überhaupt nicht nutzt. Hier wächst das Gras so hoch es will. Und bietet Tieren idealen Sichtschutz. „Es kann gut sein, dass da jetzt ein Reh drinliegt und uns zuhört“, sagt der Landwirt. Abends kommt es dann heraus und knabbert zum Beispiel an den Knospen der Phacelia oder frisst das Gras auf der angrenzenden Wiese. Auch vier Hasen leben auf der zugewucherten Brache. Bockholt weiß das, weil er zudem Jäger ist und das Revier Witten-Mitte gepachtet hat. Manchmal nimmt er sich aber sogar die Zeit, bei der Feldarbeit von der Maschine abzusteigen und den summenden Insekten zu lauschen.
Jan Bockholt ist seit 2007 Eigentümer des Hofs an der Bochumer Straße, den schon Generationen seiner Familie vor ihm bewirtschafteten, und er ist Landwirt aus Leidenschaft. Deshalb sei es ihm ein Anliegen, die Menschen auf diese umweltfreundlichen Blühstreifen und Brachen aufmerksam zu machen. Denn oft liegen die Flächen ziemlich versteckt hinter Hecken oder Wäldern. Oder mit bloßem Auge und nur im Vorbeifahren ist nicht zu erkennen, dass ein Bauer dort im Sinne der Natur handelt.
„Das sieht ja nicht immer schön aus“, sagt er und zeigt uns eine andere Stelle. Während auf dem Feld die Ackerbohne munter wächst, hat sich auf dem EU-Blühstreifen daneben der Ampfer sein Revier erobert. Er leuchtet zwar hübsch rötlich, ist aber leider sehr hartnäckiges Unkraut, das auf den Böden der Region besonders gut gedeiht.
Natürlich kümmern sich nicht nur die Landwirte um das Wohl von Flora und Fauna. Schrebergärten, kleine Beete in der Stadt, mit Wildblumen bepflanzte Verkehrskreisel: All dies seien kleine Bausteine im Einsatz für eine bessere Umwelt. „Doch die größten Flächen stellt die Landwirtschaft“, betont Jan Bockholt. Das werde in der Diskussion um schädliche Monokulturen häufig vergessen. Und selbst normale Felder böten Tieren Lebensraum.
Zusammenarbeit mit Imker
Überhaupt sei auch die Imkerei ein Teil der Landwirtschaft. „Hauptberufliche Imker und Landwirte sind Berufskollegen“, sagt er. „Ich lebe von denen und die leben von mir.“ Wenn sein Raps blüht, dann kommt beispielsweise ein Imker aus Wetter mit seinen Bienenvölkern vorbei und lässt sie dort naschen. Hauptsache, die Bienen auf der Blühfläche im Papenholz kriegen das nicht raus – und wechseln ihr Revier...
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- Es ist nicht nur verboten, die Ackerflächen der Landwirte zu betreten, auch die Blühstreifen und Brachen sind tabu. „Ich diskutiere viel mit Spaziergängern und Hundebesitzern darüber“, sagt Jan Bockholt. „Wenn Sie mal mitgekriegt haben, wie ein Hund ein Rehkitz packt, das vergessen Sie nicht.“
- Für die Blühstreifen, die die Landwirte nach EU-Vorgaben säen, erhalten sie Fördergelder. Bockholt: „Das deckt aber gerade die Kosten.“