Witten. . Die Radstation erwartet in dieser Saison 25 Prozent mehr Ausleihen. Konkurrenz ist nicht in Aussicht: Für Privatanbieter ist der Markt zu klein.

Sogar das Schauerwetter am Dienstag hat Wittener nicht davon abgehalten, Fahrräder bei der Radstation am Hauptbahnhof auszuleihen. Auch wenn nicht die übliche Kundschaft kam: „Wir hatten morgens eine Schulklasse, die auf eine Radtour gehen wollte“, erzählt Stationsleiter Frank Lojda. „Die Schüler ohne eigenes Fahrrad haben eines bei uns bekommen.“ Drei Räder wurden bei Nieselregen übergeben. Der übliche Schnitt. Lojda: „Etwa drei Räder werden pro Tag ausgeliehen.“

Man sei seit dem Standortwechsel nicht mehr so auf dem „Präsentierteller“, sagt Lojda. Und fügt hinzu: „Die Laufkundschaft fehlt uns.“ Im April ist seine Radstation aus der Bahnhofshalle aus- und in Räumlichkeiten auf der linken Seite des Bahnhofs eingezogen. „Aber trotzdem konnten wir die Vermietungen von Jahr zu Jahr steigern.“

Im vergangenen Jahr gab es 25 Prozent mehr Ausleihen als noch 2016. Für dieses Jahr erwartet man bei der Radstation dieselbe Steigerung. „Die Radsaison ist gerade mal halb vorbei und wir verzeichnen schon insgesamt circa 500 Ausleihtage.“ Rund 750 waren es im vergangenen Jahr. Entsprechend wurde auch die Auswahl an ausleihbaren Drahteseln aufgestockt: 2017 hatte die Station 30, heute hat sie 40 Räder – darunter auch welche für Kinder, E-Bikes, Tandems und Liegeräder.

Eine neue Bewegungsphilosophie

Die Radstation ist ein Angebot der Wabe. Deren Geschäftsführer Thomas Strauch glaubt, dass das wachsende Interesse mit einem Bewusstseinswandel in der Bevölkerung zu tun hat. Strauch: „Es gibt eine neue Bewegungsphilosophie.“ Immer mehr Leute seien offen dafür, sich verschiedene Fortbewegungsmittel über kürzere Zeiträume auszuleihen, anstatt nur mit dem eigenen Auto oder dem eigenen Rad unterwegs zu sein. „Darum wird die Nachfrage bei uns an der Radstation mit Sicherheit weiter steigen“, meint Strauch.

Es sieht danach aus, als müsse sich die Wittener Wabe-Station die wachsende Nachfrage in der Stadt nicht mit einer Konkurrenz teilen. Während in größeren Städten wie Bochum der Anbieter Metropolradruhr erfolgreich ist und Anbieter aus dem Ausland auf den Markt drängen, deren Räder überall in der Stadt abgestellt und ausgeliehen werden können, bleibt die Radstation in Witten wohl das zentrale Angebot. „Witten ist von den Anbietern noch nicht als attraktive Spielfläche erkannt worden“, so Stadtsprecherin Lena Kücük. Der Grund sei vor allem die Größe der Stadt.

Im Rathaus will man erst einmal seine Hausaufgaben machen. Das alte Radverkehrskonzept für Witten ist von 1978, bis zum Jahresende soll – unter Beteiligung von Bürgern – ein neues erstellt werden. Denn diese sollen künftig sicherer und angenehmer über attraktivere Straßen und Wege rollen. „Ein großes Angebot von Leihrädern in der Stadt würde nichts bringen, wenn dafür keine Straßen da sind“, so Kücük.

Vorbild Ruhr-Uni Bochum?

Interesse daran, dass das Leihangebot über den Radverleih am Hauptbahnhof hinaus wächst, hat laut Stadt insbesondere die Universität Witten/Herdecke. Dies bestätigt Uni-Sprecher Daniel Lichtenstein. „Sowohl die Belegschaft als auch die Studierenden sind bestrebt, die Fahrradnutzung auszubauen.“

An der Ruhr-Universität Bochum haben die Studierenden entschieden, über eine leichte Steigerung des Semesterbeitrags eine Kooperation mit Metropolradruhr einzugehen. Seit 2013 kann jeder Studierende kostenlos 60 Minuten am Stück radeln. Ein Vorbild für Witten? „So etwas muss ja finanziert werden“, zeigt sich Stadtsprecherin Lena Kücük noch skeptisch und fügt hinzu: „Wir haben bei uns in Witten nun mal viel weniger Studierende als in Bochum.“