Witten. . Seit fünf Jahren arbeitet die Verwaltung weitestgehend papierfrei. Nun hilft die Kommune anderen EN-Städten auf dem Weg zur elektronischen Akte
Ein Stapel Esspapier liegt im Sitzungssaal des Rathauses. Daran hängt ein Zettel mit der Aufschrift: „Die einzige Möglichkeit, Papier noch sinnvoll zu nutzen.“ Auf dem Weg zur papierfreien Verwaltung ist die Ruhrstadt deutschlandweit ganz vorn dabei. Jetzt wollen sechs weitere Kommunen im EN-Kreis von Wittens technischem Know-How profitieren.
Dazu greifen die Bürgermeister von Witten, Hattingen, Herdecke, Wetter, Gevelsberg, Schwelm und Sprockhövel zum Stift. Sie unterzeichnen, allerdings noch auf Papier, eine Vereinbarung. Die trägt den Titel „Einrichtung des Kompetenzzentrums eBehördenakte EN“. Hinter dem sperrigen Namen steckt ein überschaubares Konzept. In den kommenden Jahren wollen alle EN-Städte mit demselben digitalen Aktensystem arbeiten. Nur Ennepetal und Breckerfeld sind noch nicht mit an Bord.
Elektronische Akte gleicht der Papierakte
Das Wittener IT-Team hält bei der Umstellung die Fäden in der Hand. Sie führen die Mitarbeiter im EN-Kreis in das digitale System ein und pflegen die Software. „Bis alle Städte auf demselben Stand wie Witten sind, wird es noch ein paar Jahre dauern“, sagt Andreas Hasenberg, der die städtische Datenverarbeitung und Kommunikationstechnik leitet. Er zeigt am Computer, wie so eine digitale Akte, eAkte genannt, aussieht.
Es gibt einen großen Ordner, in dem weitere Register liegen. Die Mitarbeiter der jeweiligen Fachbereiche können Vermerke hinzufügen oder löschen. „Es war uns bei der Gestaltung der eAkte sehr wichtig, dass sie die gleichen Strukturen wie ein Papierakte hat“, so Hasenberg. „Und dass es verwaltungsweit nur noch eine einzige Art der eAkte gibt.“ Damit gehört das Wittener System zu den fortschrittlichsten in ganz Deutschland.
Trauerfeier für Papierakte
Für den Bürger ändert sich mit der Digitalisierung erstmal nicht viel. Außer, dass die Bearbeitung von Anträgen schneller laufen soll. Schließlich müssen sich die Verwaltungsangestellten nicht mehr durch meterlange Ordner-Regale kämpfen. Nach wenigen Klicks erscheint nun das gesuchte Dokument. „Nachdem die eAkte in Witten so gut anlief, haben wir unser Modell den anderen Städten vorgestellt“, so Hasenberg.
Und die waren überzeugt: Ein einheitliches Aktensystem habe für den Kreis große Vorteile. Es wird kein Platz für Archive mehr benötigt. Dokumente können auch zwischen den Städten schnell und unkompliziert ausgetauscht werden. Außerdem würden Papierkosten und Personal gespart.
Digitalisierungs-Tournee durch den EN-Kreis
Natürlich stößt so eine große Umstellung nicht bei allen Mitarbeitern auf pure Freude. Hasenberg erinnert sich an die Zeit, als im Rathaus auf das digitale System umgestellt wurde. Mitarbeiter der Wohngeldstelle hätten damals die Fenster abgedunkelt, eine Kerze angezündet und eine kleine Trauerfeier für die Papierakte abgehalten.
Doch schon ein Jahr später luden sie Hasenberg und sein Team zum Sektfrühstück ein. „Dann wollte niemand mehr die ganzen Papierberge zurückhaben“, so Hasenberg. Demnächst werden er und seine Mitarbeiter auf eine wahre Digitalisierungs-Tournee durch den EN-Kreis ziehen. Die Zeiten, in der sich Beamte ihre Finger an Papier blutig schnitten oder von Aktenbergen erschlagen wurden, sind dann vorbei.