Autor und Erfinder Walter Baltes feiert am Montag seinen 100. Geburtstag. Mit Reibeplätzchen und Bier wurde in der Egge schon einmal vorgefeiert.
Wie bestellt lacht die Sonne aufs Sommerfest des AWO-Seniorenzentrums in der Egge hinab. Launige Live-Musik sorgt bei den Bewohnern für heitere Stimmung. Auch bei Walter Baltes. Der hat auch allen Grund schon einmal ein bisschen Vorzufeiern. Am Montag wird er 100 Jahre alt. Da kann man sich zur Einstimmung schon einmal vorab ein paar Reibeplätzchen und das ein oder andere Bierchen gönnen.
Beim Namen „Walter Baltes“ dürfte es bei vielen Wittenern klingeln. Als Galerist der „Park-Galerie“, als Autor des Buches „Änneken vom Ardey“ und als Hauptdarsteller der TV-Dokumentation „Von einem, der mitgemacht hat“, als Zeitzeuge, der Wittener Schulkindern von seiner NS-Jugend berichtet hat. Schlagzeilen machte der rüstige Rentner vor einigen Jahren auch mit seiner „Sonntagsbraten-Idee“.
Nach dem Tod seiner lieben Frau Lorle 2008 lebte Baltes in einem „tiefen Loch“, wie er sagt. Zwei Jahre später zog er in die Wittener Innenstadt um, in eine Seniorenwohnung an der Breite Straße. Dort fühlte er sich ganz wohl, verbrachte viel Zeit mit Lesen oder Zeichnen. Letzteres macht er immer noch. „Er gibt sich viel Mühe, uns Schwestern zu zeichnen“, sagt Siggi Koparal, Wohnbereichsleiterin im AWO-Seniorenzentrum an der Egge, wo Baltes seit 2015 lebt.
Dort hat der gelernte Bühnenbildner immer Menschen um sich, denen er gerne den ein oder anderen Schwank aus seinem bewegten Leben erzählt. Von seinen Kunstwerken, der Erfindung einer Förderbandrolle für den Bergbau in den 70er Jahren, seinem Buch, und vom Krieg. Baltes war Fallschirmjäger. Er überlebte.
Es gab Rollbraten und Gulasch
Diese Gesellschaft, die fehlte dem fast 100-Jährigen in seiner winzigen Wohnung an der Breite Straße. „Da dachte ich mir, irgendwie muss ich da raus. Ich hatte einfach keine Gesprächspartner“, erinnert er sich. Gesagt getan. Kurzerhand entstand die Idee, sich selbst zum Sonntagsbraten einladen zu lassen: Die Gastgeber kauften ein und kochten, er zahlte die Rechnung.
„Die Idee schlug ein, wie eine Bombe“, so Baltes. Ganz viele Menschen wollten ihr Mittagessen mit ihm teilen. Es gab Schweinefilet mit Pfeffersoße, Rollbraten im Haus eines Feuerwehrmanns und Gulasch. Vor allem aber auch angeregte Tischkonversationen und Trubel. Genau, was Baltes wollte, um der Einsamkeit zu entfliehen.
Auf dem Sommerfest der AWO geht’s nicht hektisch zu, aber die vielen glücklichen Gesichter um ihn herum machen auch den 99-Jährigen froh. Das spürt man. Selbst, wenn das mit dem Laufen nicht mehr so gut klappt und die Erinnerung langsam nachlässt. Die „Sonntagsbraten-Treffen“ hat er nicht vergessen, ebenso wenig wie den guten Geschmack von Reibeplätzchen und kühlem Bier.