witten. . Dirk Steimann ist seiner voraussichtlichen Nicht-Wiederwahl am Freitag vorausgekommen. Der Kulturforumschef stand nicht mehr zur Verfügung.
Er wusste wohl, dass er den Kürzeren gezogen hätte – und trat gar nicht mehr zur Wiederwahl an. Dirk Steimann hat den Verwaltungsrat vor dessen nichtöffentlicher Sitzung am Freitag (15.6.) darüber informiert, dass er für eine Verlängerung seines Vertrages nicht mehr zur Verfügung steht.
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Wie berichtet, stand der 51-Jährige auf der Kippe. Ihm fehlte offenbar die nötige politische Mehrheit in dem mit den Ratsparteien besetzten Kontrollgremium. Er konnte sich nur der Unterstützung aus Reihen der CDU und des Bürgerforums recht sicher sein.
Die Kritik an Steimann zielte unter anderem auf dessen Personalführung. Vermisst wurden auch Perspektiven für einzelne Kultureinrichtungen wie Saalbau oder Haus Witten. Außerdem hätte nach Ansicht seiner nicht wenigen Kritiker ein Masterplan Kultur längst fertig sein sollen.
Verhältnis zu Bürgermeisterin gilt als zerrüttet
Am Ende dürfte auch das zerrüttete Verhältnis zu der Verwaltungsratsvorsitzenden eine entscheidende Rolle gespielt haben, Bürgermeisterin Sonja Leidemann. Er sei ihr wohl zu eigenständig gewesen, heißt es. Stein des Anstoßes soll zuletzt die Frage gewesen, wie ein Grundstück für ein neues Vier-Sterne-Hotel des Parkhotels zu bewerten sei.
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Die, die auf Steimanns Seite stehen, sprechen von einer „Geisterdebatte“ um den Kulturforumschef. „Natürlich gibt es Vorwürfe, aber keiner weiß, woraus die bestehen“, heißt es. Den Kritikern wird vorgeworfen, nicht Ross und Reiter zu nennen und anonym zu bleiben. Natürlich gehöre es zu den Spielregeln, dass ein Vertrag auslaufen könne. „Aber warum dann noch diese Schmutzkampagne“, fragen sich jene, die hinter Steimann stehen.
Dazu gehört die Personalratsvorsitzende des Kulturforums, die gerade die Kritik aus Reihen der Politik an seiner internen Amtsführung nicht versteht. In seinen zehn Dienstjahren habe sich kein Mitarbeiter offiziell bei ihr beschwert.
Alle Institute trotz Kürzungen erhalten
Auch seine Leistungsbilanz könne sich sehen lassen, sagt der Betroffene selbst: Erhalt der Institute (Saalbau, Museum, Bücherei, Archiv, Musikschule, Haus Witten) trotz gekürzter Mittel, Steigerung der Eigeneinnahmen, Zusammenführung von Museum und Bibliothek, neuer Kulturbeirat und Kulturentwicklungsplanung. Ausgerechnet jene, die ihm einst spinnefeind waren, gehören nun zu seinen Fürsprechern.
Ausgerechnet seine früheren Gegner springen dem scheidenden Kulturforumsleiter Dirk Steimann (51) jetzt zur Seite. Zu ihnen zählt der Bildhauer und Vorsitzende des Bürgerforums, Harald Kahl. Mit ihm hatte sich Steimann gerade während der Bürgerwerkstatt zur Bücherei ganz schön in der Wolle. Heute sagt Kahl: „Ich bedaure, dass er aufhört.“
Kahl bemängelt, dass Steimanns Kritiker nicht namentlich zu ihrer Meinung in der Öffentlichkeit stünden. Er erinnert selbst an einen offenen Brief, den er und andere 2013 gegen Steimann in die Welt gesetzt hatten, als dessen Wiederwahl anstand. „Wir wollten unser fehlendes Vertrauen zum Ausdruck bringen. Aber offen und ehrlich.“
Der Rest ist bekannt: Steimann blieb im Amt und nach einem erfolgreichen Mediationsprozess entwickelte sich eine gedeihliche Zusammenarbeit auch mit der freien Kunstszene, für die Kahl steht. Wenn Steimann jetzt ausscheide, fürchte er, dass „die gute Zusammenarbeit nicht fortgesetzt wird“. Kahl nennt auch Namen, etwa den der Bürgermeisterin.
Fürsprecher von 2013 wenden sich jetzt ab
Allerdings gibt es ebenfalls Politiker oder Parteien, die 2013 noch für Steimann stimmten, und sich jetzt von ihm absetzen, etwa die Grünen oder Frank-Steffen Fröhlich (FDP), selbst Mitglied des Verwaltungsrats. Er habe damals sogar noch Stimmen für Steimann gesammelt, „weil wir mitten in der Büchereidiskussion nicht die Pferde wechseln wollten“. Doch nach zehn Jahren brauche es neue Impulse. Alles Gerede von „Intrigen“ hält der Liberale für Verschwörungstheorie.
„Wir haben uns im Frühsommer ganz ergebnisoffen darüber unterhalten, was aus dem Kulturforum werden soll“, sagt Fröhlich. Was dann aber aus dieser Debatte geworden sei, „war nicht in unserem Interesse“, so der FDP-Fraktionschef. Was Steimanns zerrüttetes Verhältnis zur Bürgermeisterin angeht, sagt ein Kulturpolitiker, der nicht namentlich erwähnt sein will: Er habe sie nie als Chefin akzeptiert und sein eigenes Ding gemacht. Darüber sei er letztlich gestolpert.
„Gute Ausstellungen nach Witten geholt“
Die, die bis zuletzt für ihn waren, wie CDU-Kulturpolitiker Tobias Grunwald, halten Steimann zugute, die Maßgaben der Politik gut umgesetzt zu haben. Selbst aus der SPD, die ihn mit ihrer Mehrheit im Verwaltungsrat hätte retten können, hörte man: Er habe gute Ausstellungen nach Witten geholt. Aus einer anderen Partei verlautet: Die gute Kulturarbeit sei vor allem den Mitarbeitern zu verdanken.
Zusammenarbeit mit den Ruhrkunstmuseen, keine Bilderverkäufe trotz Sparkurs, erfolgreiche Verhandlungen in der Raubkunstdebatte, Verjüngung der Institute, Sponsoring, moderne (digitale) Bibliothek – was Steimann für sich auf der Haben-Seite anführt, kann er nun in seine Bewerbungen schreiben. Die Stelle in Witten wird ausgeschrieben. Der Vertrag läuft zum Jahresende aus.