Vorsorge kann verhindern, dass sich ein Tumor entwickelt. Passiert es doch, muss operiert werden. Chemo- und Strahlentherapie helfen bei Heilung.

Rund sechs Prozent beträgt für Männer und Frauen das Risiko, einmal im Leben an Darmkrebs zu erkranken. Das WAZ-Medizinforum zu diesem Thema war recht gut besucht. Rund 50 Zuhörer lauschten in der Kapelle des Ev. Krankenhauses (EvK) den Ausführungen der vier Experten. Moderator Johannes Kopps führte durch den Abend, der vor allem eine Erkenntnis lieferte: Darmkrebs lässt sich bei regelmäßiger Vorsorge meist verhindern.

Chefarzt Dr. Mario Iasevoli appellierte an die Zuhörer: „Ich kann nur empfehlen, zur Vorsorge zu gehen“.
Chefarzt Dr. Mario Iasevoli appellierte an die Zuhörer: „Ich kann nur empfehlen, zur Vorsorge zu gehen“. © Jürgen Theobald

Nur rund ein Fünftel der über 50-Jährigen lässt sich allerdings vorsorglich untersuchen. Dabei bezahlen die Krankenkassen eine Darmspiegelung ab diesem Alter in der Regel. „Ich kann es nur empfehlen“, appellierte Dr. Mario Iasevoli, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am EvK. Eine Darmspiegelung sei völlig harmlos und böte die Möglichkeit, sofort zu handeln.

Denn 90 Prozent aller Tumore im Darm entwickeln sich aus zunächst gutartigen Geschwülsten der Schleimhaut (Polypen). Das dauert drei bis fünf Jahre. „Wenn man diese Polypen bei einer Spiegelung entdeckt, können sie sofort entfernt werden. So entsteht erst gar kein Krebs“, erklärte Iasevoli.

Die Ausstülpungen werden mit einer Drahtschlinge, die der Mediziner durch einen vier Millimeter großen Schlauch durch den Darm vorbringt, eingefangen. Wie mit einem Lasso. Dann zieht sich die Schlinge zu, der Draht erhitzt sich elektronisch und trennt den Quälgeist ab. Als dieser Vorgang auf der Videoleinwand gezeigt wird, ist es mucksmäuschenstill im Saal. „In den Praxen wird im Durchschnitt bei jedem 16. Patienten ein Polyp entdeckt. Gehen sie zur Vorsorge!“, mahnte Mario Iasevoli.

Leben ohne Dickdarm ist möglich

Die Experten Dr. Mario Iasevoli, Dr. Dirk Martin, Dr. Christoph Hackmann und Jozef Kurzeja informierten das Publikum sehr umfassend.
Die Experten Dr. Mario Iasevoli, Dr. Dirk Martin, Dr. Christoph Hackmann und Jozef Kurzeja informierten das Publikum sehr umfassend. © Jürgen Theobald

Denn bleibt so eine Geschwulst unentdeckt, kann daraus Darmkrebs entstehen. „Irgendwann gerät das Zellwachstum außer Kontrolle. Sie wuchern und werden bösartig“, so Iasevoli. Dann müssen die Kollegen aus dem OP-Saal übernehmen. Die setzen alles daran, dem Krebs den Garaus zu machen, indem das betroffene Stück Dickdarm entfernt wird. Die dazu gezeigten Bilder sind schwer verdaulich.

Wie viel abgeschnitten werde, antwortete Dr. Dirk Martin, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, auf eine Frage aus dem Publikum, hänge immer vom Einzelfall ab. „Unter Umständen muss direkt ein großer Teil entfernt werden“, so Martin. „Man würde nicht an fünf unterschiedlichen Stellen etwas wegschneiden und die einzelnen Teile dann wieder zusammennähen. Viel zu gefährlich“, führt er aus. Theoretisch könnte so der ganze Dickdarm entfernt werden. „Ohne den kann man leben. Ohne Dünndarm nicht“, sagt Martin. Die Wunsch-OP sei aber immer noch die, bei der nicht viel entfernt werden müsse und bei der keine Tumorreste übrig blieben.

Moderator Johannes Kopps
Moderator Johannes Kopps © Jürgen Theobald

Ist das nicht sofort möglich oder kann nicht der ganze Tumor herausoperiert werden, muss der Darmkrebs zunächst mit Chemo- oder Strahlentherapie verkleinert bzw. nachbehandelt werden. Dabei gilt: Je früher der Krebs erkannt wird und je einfacher er behandelbar ist, desto weniger muss die Chemotherapie nachhelfen. „Bei einem nicht heilbaren, gestreuten Tumor, kann die Chemo dem Patienten bis zu 43 Monate mehr Lebenszeit schenken. Das ist viel“, meint Dr. Christoph Hackmann, Chefarzt für Hämatologie und Onkologie. Die Strahlentherapie kommt dagegen nur bei Tumoren im Rektum zum Einsatz. „So wird der wichtige Dünndarm nicht mitbestrahlt“, erklärt Jozef Kurzeja, der die Klinik für Strahlentherapie am EvK als Chefarzt leitet.

Letztlich wurde beim Medizinforum klar: Darmkrebs ist zwar relativ gut behandelbar, dazu muss es aber erst gar nicht kommen.