Witten. Fast ein Drittel der Fahrschüler schafft Theorie oder Praxis nicht im ersten Anlauf. Die Gründe dafür sind vielfältig. Auf den Straßen ist immer mehr los.
Immer mehr Fahrschüler fallen durch Theorie- und Praxisprüfungen. Ein Drittel von ihnen bekam laut Kraftfahrtbundesamt den „Lappen“ 2017 nicht beim ersten Versuch ausgehändigt. Tendenz steigend. Die Gründe dafür sind vielschichtig, wie Wittener Fahrlehrer sagen. Allerdings warnen sie auch davor, alle jungen angehenden Autofahrer über einen Kamm zu scheren.
Wer in Witten die runderneuerte Kreuzung Pferdebach-/Liegnitzer Straße befährt, der sieht vor lauter Markierungen mitunter die Fahrbahn fast nicht mehr. Man könnte meinen, es hätte jemand allzu übereifrig zum Pinsel gegriffen. Doch die vielen durchgezogenen und gestrichelten Linien hätten so ihre Richtigkeit, wie Stadtsprecherin Lena Kücük versichert. Nicht zuletzt durch solche kniffligen Kreuzungen steigen die Anforderungen an die Teilnehmer im Straßenverkehr. Gerade angehende Autofahrer scheinen damit immer weniger zurechtzukommen. „Das würde ich bestätigen. In den 1990er Jahren brauchten Fahrschüler 25 bis 30 Praxisstunden, heute sind es im Schnitt 40 bis 45. Der Verkehr ist komplexer geworden. Das macht es schwieriger. Sie müssen mehr Informationen verarbeiten“, sagt Fahrlehrer Udo Schmalz.
Stellenwert ist nicht mehr so hoch
Genau daran scheint es zu hapern. „Die Jugendlichen werden viel zu sehr bemuttert und sind einfach nicht mehr so selbstständig“, sagt Schmalz im Hinblick auf ihre Entwicklung. Wenn sogenannte Helikoptereltern alle Probleme von ihren Kindern fernhalten und ihnen keinen Raum lassen, grundlegende motorische Erfahrungen zu machen, kann das durchaus Ursache dafür sein, dass es Fahrschülern später schwerfällt, gleichzeitig mit dem Fuß die Kupplung zu bedienen und mit der Hand den Schaltknüppel.
Ein weiterer Grund für die hohen Durchfallquoten in Seminarraum und Auto könnten fehlende Sprachkenntnisse sein. „Fast alle Migranten, die nicht richtig Deutsch können, fallen beim ersten Mal durch die Theorieprüfung“, beschreibt Fahrlehrer Udo Schmalz seine Erfahrungen. Danach würden die entsprechend korrekten Antworten für die einzelnen Fragen zwar auswendig gelernt, ein Verständnisproblem bleibe aber.
Jan Musiol, Fahrlehrer und Geschäftsführer der Fahrschule Schäfer, warnt allerdings vor einer Verallgemeinerung. „Es gibt vorbildliche und weniger vorbildliche Fahrschüler. Man darf nicht alle über einen Kamm scheren“, sagt der 42-Jährige. „Wenn man den Führerschein unbedingt haben will, dann schafft man ihn auch in kürzester Zeit“, ist er überzeugt. Fakt sei allerdings, dass der Stellenwert der kleinen Plastikkarte nicht mehr so hoch sei: „Früher war das ein Stück Freiheit, heute ist das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln dagegen viel größer.“ Ob der ein oder andere die Theorie- und Praxisstunden daher allzu lax angeht, lässt sich nicht beweisen.