Witten. . Bei der umstrittenen Modernisierung kommt es zum Baustellenstress. Das Klima zwischen Kunden und Wohnungsunternehmen hat sich aber gebessert.
In den fünf großen Vonovia-Mehrfamilienhäusern an der Schulze-Delitzsch- und der Raiffeisenstraße in Heven haben jetzt die Handwerker das Sagen. Sie stemmen, schlitzen und bohren. Prompt stellt sich der planmäßige Baustellenärger ein. Mieter und Vermieter schlagen aber gleichzeitig versöhnlichere Töne an als vor Beginn der lange umstrittenen Modernisierung.
Friedhelm Minner (69) wollte mit Ehefrau Helga (67) um diese Zeit eigentlich längst Urlaub auf dem Campingplatz machen, aber er traut sich jetzt nicht weg. Der Mieter war selbst 40 Jahre Maurer, und so einiges, was jetzt rund ums Haus passiert, ist ihm nicht geheuer. „Vorne gucken wir nur auf einen Container, Material und ein Dixi-Klo, hinten können wir den Balkon nicht nutzen, weil der abgeschnitten wurde.“ Die Minners wohnen im Erdgeschoss. Das kleine Beet, das sie angelegt hatten, wurde bei dieser Gelegenheit „platt gemacht“. Vonovia will größere Balkons installieren.
Mieter klagen über Dreck und Lärm
Seinen Frust konnte der Rentner jetzt gleich beim obersten deutschen Mieterschützer abladen. Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, drehte mit Knut Unger, dem Vorsitzenden des Wittener Mietervereins, eine Runde durch Heven. Siebenkotten habe den Mietern „Mut gemacht“, berichtete Unger der WAZ. Wie schon der Mieterverein habe auch der Gast die angekündigte Mieterhöhung „nicht sozialverträglich“ genannt. Die Mieter sollten sich nicht aus ihren Wohnungen vertreiben lassen. Sie hätten das Recht auf ihrer Seite.
Auch Pia Runge (36), Sprecherin des von den Mietern gewählten Mieterrates, klagt über zeitweiliges „Chaos“ auf der Baustelle. „Es ist laut, es ist dreckig und man ist in seinem normalem Leben eingeschränkt.“ Eine Woche lang konnte sie die Waschküche nicht nutzen. Durchs Treppenhaus werden gerade neue Leitungen gezogen, für Strom und Gegensprechanlage.
Vonovia: kurze Phase mit intensiven Störungen
„Modernisierungen sind immer mit Ungemach für die Mieter verbunden“, sagt Michael Klöpsch, Vonovia-Regionalleiter für Witten, Bochum und Hattingen. „Wir sind aber bemüht, die Störungen für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten.“ Material solle grundsätzlich auf der Küchen- und Badseite und nicht vor dem Wohnzimmer gelagert werden. Die aktuelle Bauphase mit dem Fensteraustausch und dem Abnehmen der alten Balkone sei „besonders intensiv und spürbar“ für die Mieter, werde aber nur von kurzer Dauer sein. Die vom Radlader ramponierten Grünflächen würden später wieder hergerichtet, selbstverständlich dürften die Mieter dann auch wieder eigene Beete anlegen.
Rund 2,1 Millionen Euro investiert Vonovia in die fünf Häuser mit den 58 Wohnungen. Nicht grundsätzlich gegen die Modernisierung der früheren Thyssen-Werkswohnungen aus den 1960er Jahren, sondern gegen das Ausmaß der damit verbundenen späteren Mieterhöhung kämpfen der Mieterverein und der Mieterrat. Die Nettokaltmiete soll von 5,30 Euro/m2 auf etwa 7,38 Euro/m2 steigen. Vonovia argumentiert, zulässig seien sogar 7,88 Euro/m2, wenn das Unternehmen den gesetzlichen Rahmen ausschöpfe und elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlege. Man habe den Betrag aber freiwillig auf acht Prozent gedeckelt.
670 statt 555 Euro Warmmiete
Für den Mieterverein und den Mieterbeirat sind auch die 7,38 Euro noch zu viel. Einen Anstieg von rund 365 auf 500 Euro Kaltmiete oder von 555 auf 670 Euro Warmmiete könnten sich viele Mieter einfach nicht leisten.
Sowohl die Mietervertreter als auch Vonovia bestätigen aber, dass die Gespräche inzwischen in einer neuen und konstruktiven Phase angekommen seien. Man setze sich jetzt regelmäßig an einen Tisch, um gemeinsam Lösungen zu finden. Laut Vonovia geht es dabei zum Beispiel um den Aufwand für die Dämmung. Die Dachgeschossdecke sei bereits gedämmt und auch für die Kellerdecke sei das unbedingt ratsam. Verzichte man aber auf die Fassadendämmung könnten die genannten Kosten noch spürbar unterschritten werden.
>> „Härtefälle „großzügig“ geregelt
Für das bessere Gesprächsklima hat offenbar auch der Umgang mit Härtefällen durch Vonovia gesorgt. Das Unternehmen spricht von einer „großzügigen“ Praxis. 15 Fälle habe man nach der Faustformel geprüft, dass die neue Miete nicht mehr als ein Drittel des zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommens kosten solle. In mehreren Fällen habe man die Mietsteigerung auf 50 Euro beschränkt.
Von der Gesamtinvestition von 2,1 Millionen Euro entfallen laut Vonovia knapp über 50 Prozent auf Instandhaltungskosten, knapp unter 50 Prozent auf Modernisierungsaufwand. Lediglich Letzteren dürfe und werde man auf die Miete umlegen. Die Wohnungen sind in der Regel 68 m2 groß. Der Mieterverein weist darauf hin, dass sich Alleinstehende mit 1000 Euro Rente 700 Euro Warmmiete nicht leisten können.