Witten. . Zur Beisetzung des getöteten 18-Jährigen sind auch viele Mitschüler gekommen. Seine Eltern fehlten am Grab: Sie hatten keinen Flug bekommen.
Er suchte in Deutschland Sicherheit, er fand den Tod: Unter großer Beteiligung ist am Donnerstag Ahmad B. beigesetzt worden. Mehrere hundert Menschen sind zum Hauptfriedhof an der Pferdebachstraße gekommen, um den 18-Jährigen Syrer auf seinem letzten Weg zu begleiten, darunter viele Mitschüler und Lehrer von der Overbergschule.
Mit weißen Rosen verabschieden sie sich von ihrem Freund Ahmad, der in der Nacht zum Sonntag bei einer Messerstecherei in Annen getötet worden war.
„Er war ein ganz lieber Junge“
Ein großes Porträt in einem Kranz aus roten Tulpen, das dem Leichenzug voran getragen wird, zeigt einen fröhlichen jungen Mann mit Sonnenbrille, der in die Kamera lacht. „Er war ein ganz lieber“, sagt Brigitte Wiedemann, die an der Overbergschule ehrenamtlich Deutsch als Zweitsprache unterrichtet und die trauernden Mitschüler zur Beisetzung begleitet hat. Keiner der große Töne spuckt. „Im Gegenteil, ein sehr freundlicher Junge.“
Er sei sich noch unsicher gewesen, ob er nach dem Abschluss hier in Deutschland bleiben oder wieder in die Heimat zurück kehren wollte, weiß eine Kollegin. Die ganze Schule stehe unter Schock. „Wir haben eine Schweigeminute abgehalten – die war sehr, sehr lang.“
Die Trauer am offenen Grab ist herzzerreißend
Die Trauer am offenen Grab ist herzzerreißend. Zwei Brüder müssen Abschied nehmen, der ältere bricht beinahe schluchzend zusammen. Die Eltern, die bereits im Krieg einen Sohn verloren haben, sind nicht da. Dabei hatte es auf die Schnelle sogar noch mit einem Visum geklappt. Dafür waren sie nach Beirut gereist. „Die Botschaft dort hatte extra zwei Stunden länger auf, um auf sie zu warten“, weiß Notfallseelsorger Oliver Gegenbach, der die Familie und die Schule betreut hat. Das Visum wurde bewilligt, aber es gab keinen Platz im Flieger mehr. Deswegen konnten sie nicht rechtzeitig zur Beisetzung da sein, sie werden nun heute erwartet.
Auch bei den Mitschülern fließen jede Menge Tränen. „Er war mein bester Freund, wie ein Bruder für mich“, sagt ein Mädchen weinend. „Er war immer korrekt, hat immer hinter mir gestanden“, sagt Abdul. Er sei sehr traurig. „Echt, unnormal traurig.“
„Es gab kein böses Wort“
Unter den Trauergästen bei der Beerdigung ist auch Bürgermeisterin Sonja Leidemann. Sie spricht der Familie ihr Beileid aus. „Ich bedaure zutiefst, dass sich so ein Vorfall in Witten zugetragen hat“, sagt sie und lobt den großen Einsatz von Notfallseelsorger Gengenbach und Andrea Pfeiffer von der Stabsstelle Integration. Beide loben die Zusammenarbeit mit den Betroffenen: „Es hat nicht ein böses Wort gegeben“, sagt Andrea Pfeiffer. Keine Racheschwüre. „Nur bloße Trauer.“
Nach der Beisetzung dankt die Familie den Gästen für ihre Unterstützung – auch auf Deutsch – und lädt zur Trauerfeier ein. Und dann bittet einer der Freunde noch um eine Korrektur: „Ahmad hat nicht um eine Flasche Wodka gestritten. Er hatte nur gebeten, dass die anderen ihre Musik leiser machen.“
>>>DER TATVERDÄCHTIGE SITZT IN U-HAFT
Der Tatverdächtige hatte sich einen Tag nach der tödlichen Messerattacke gestellt. Der 25-Jährige sitzt in U-Haft.
Im Johanniszentrum, Bonhoefferstraße 10, treffen sich Freunde und Bekannte heute und am Samstag von 18 bis 21 Uhr zur Trauerfeier.