Witten. . Die neue Awo-Einrichtung an der Marienstraße wird 82 Plätze bieten. Der Bedarf vor allem bei U3 steigt aber schneller, als die Stadt bauen kann.
Vierzehn, sechzehn, achtzehn: Was sich (für Kenner: aber nur fast) anhört wie Reizen beim Skat, ist der Jahresrhythmus, in dem die Stadt Witten zuletzt Kindertagesstätten gebaut hat: 2014 die Kita Neddenbur in Heven, 2016 die Kita am Crengeldanz und 2018 die Kita „Zum Ledderken“ in der Marienstraße. Alle drei werden von der Awo betrieben. Über der neuen Kita schwebte am Mittwoch der Richtkranz. Sie soll nach den Sommerferien ihren Betrieb aufnehmen und geht mit 82 Plätzen an den Start.
Trotz dieser neuen Einrichtungen und trotz Notgruppen und Kita-Erweiterungen an anderer Stelle wird es die Stadt aber voraussichtlich nicht schaffen, den Bedarf zum Start des neuen Kitajahres am 1. August 2018 zu decken. Zum Vorjahresstichtag standen für die über Dreijährigen 2373 rechnerisch reguläre (nach Regel-Gruppenstärke) Plätze zur Verfügung – damit waren fast 98 Prozent versorgt. Vor zwei Jahren waren es aber schon mal 100 Prozent gewesen.
In diesem Sommer werden für die großen Kinder nach dem Auslaufen des „Augustinchens“ etwas weniger Regel-Plätze, nämlich 2342, zur Verfügung stehen – das entspricht 95,8 Prozent. Dank erlaubter Überbelegungen und Notgruppen – und dadurch zusätzlichen 154 Plätzen – beträgt die „reale“ Versorgungsquote laut Stadt aber 98,6 Prozent.
Trend zu mehr Betreuung bei U3
Der Bedarf wächst aber insbesondere im U3-Bereich. Das liegt an mehreren Faktoren. Zum einen gibt es wegen der gestiegenen Einwohnerzahl wieder mehr Geburten – auch, aber nicht nur bedingt durch die Zuwanderung. Gleichzeitig hat sich auch die Einstellung vieler Eltern von unter Dreijährigen geändert: „Bislang wollten viele ihre Kinder in diesem Alter nicht betreuen lassen“, sagt Petra Klein vom Amt für Jugendhilfe und Schule. Hier gebe es aber landesweit einen klaren Trend zur professionellen Fremdbetreuung: 45 bis 50 Prozent der Eltern wählten dieses Modell inzwischen NRW-weit.
Das Ruhrgebiet und Witten hinken hier beim Angebot stark hinterher. Zum Beginn des laufenden Kita-Jahres standen in Witten für die unter Dreijährigen 667 reguläre Plätze zur Verfügung – eine rechnerische Versorgungsquote von nur 26,9 Prozent. Zum 1. August 2018 sollen es 25 Plätze mehr (692) sein – 27,2 Prozent. Auch hier liegt die „reale“ Quote laut Stadt höher, nämlich bei 34,3 Prozent, rechne man 53 Plätze in Notgruppen und 180 Kindertagspflegeplätze hinzu.
Stadt will weiter bauen und neue Gruppen anbieten
„Wir haben in den letzten Jahren ganz viele Plätze geschaffen, aber es reicht immer noch nicht aus“, sagt Corinna Lenhardt, Leiterin des Amtes für Jugendhilfe und Schule. Deshalb wolle die Stadt auch weiterhin Zusatzgruppen einrichten und neue Kitas bauen. Sobald die Anmeldezahlen fürs neue Kita-Jahr hieb- und stichfest seien, will sie sich dafür grünes Licht von der Politik holen.
Durch die trotz aller Bemühungen absehbare Unterversorgung ließ sich aber beim Richtfest für die neue Kita „Zum Ledderken“ niemand die Stimmung verderben. Bürgermeisterin Sonja Leidemann hob hervor, dass Kinder dort künftig „stadtnah und trotzdem in grüner Umgebung“ betreut würden. Awo-Geschäftsführer Jochen Winter wies auf das „schöne Raumklima“ aufgrund der Holzständerbauweise hin. Und beide freuen sich schon auf die bunte Fassade: Die Kita wird außen mit Platten in den Farben Blau, Gelb, Grün und Lila eingekleidet – jede steht für eine Gruppe und es gibt sie in hell und dunkel. Die Zusatzfarbe Rot bekommen die Gemeinschaftsräume. Die WAZ erlaubt sich, einen Namensvorschlag beizusteuern: Villa Kunterbunt.
>> Einweihung und Kita-Anmeldung
Die Kita „Zum Ledderken“ (Marienstr. 9) soll am 27. August mit vier Gruppen und 82 Kindern starten – mit 64 Ü3- und 18 U3-Plätzen. Eine Vorgruppe mit zehn Kindern führt Leiterin Alexandra Sczepan schon heute im bisherigen „Augustinchen“. Ein Einweihungsfest ist für Samstag, 6. Oktober, 15 Uhr, geplant. Das Gebäude kostet 2,5 Mio. Euro.
Die stadtweite Vergabe für die Kita-Plätze zum 1. August läuft noch. Träger entscheiden selbst, wen sie aufnehmen. Nach der Bewerbung über den Online-Planer hatte die Stadt im März bei 767 Eltern nachgehakt. Aktuell seien noch 570 „Bedarfe offen“. Die Lücke werde sich aber noch massiv verkleinern. Vor einem Jahr seien am Ende 18 Kinder mit dringendem Bedarf unversorgt geblieben. Die Stadt bittet die Eltern dringend, sich schnell auf die Anschreiben zurückmelden.