witten. . Die hohe Grundsteuer beschert Witten jährlich 32 Millionen. Nun haben Richter die alten Berechnungsgrundlagen gekippt. Was heißt das für Witten?

Das Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Grundsteuer hat Kämmerer Matthias Kleinschmidt nicht überrascht. Aufgrund der veralteten Einheitswerte sei die Ungerechtigkeit der Besteuerung schon seit vielen Jahren ein Thema. „Da hab ich noch studiert.“ Nun wurde die Berechnungsgrundlage als verfassungswidrig eingestuft. Was das für Witten bedeutet, weiß Kleinschmidt noch nicht. Die hohen Einnahmen braucht er aber nach eigenen Angaben dringend für den Haushalt.

Mit einem 2016 vom Rat beschlossenen Rekord-Hebesatz von 910 Punkten gehört Witten bundesweit zu den Spitzenreitern bei der Grundsteuer, die sich nach Grundstück und Gebäude bemisst, dabei aber Einheitswerte von vor 50 Jahren zugrunde legt. Ob der damals steuergünstige Grund und Boden heute vielleicht ein Vermögen wert ist, spielt keine Rolle. Wer aber sein Mietshaus in Eigentumswohnungen umgewandelt habe, könne heute dafür das Sechsfache zahlen, so Kleinschmidt. „Die tatsächlichen Wertentwicklungen schlagen sich bisher nicht nieder.“ Deshalb sei das System an vielen Stellen heute ungerecht.

Kämmerer rechnet mit „Gewinnern und Verlierern“

Seidem Witten die Rekord-Grundsteuer eingeführt hat, um den Haushalt zu konsolidieren, fließen jährlich 32 Millionen Euro ins Stadtsäckel. Über 25 000 Hauseigentümer zahlen sie bzw. legen sie auf ihre Mieter um. Bis spätestens 2024 verlangt das Gericht nun eine Neuregelung.

Wenn das Steueraufkommen für die Kommunen „neutral“, also gleich hoch bleiben soll, rechnet Kleinschmidt damit, „dass es „Gewinner und Verlierer“ geben wird. Die bisher geltenden Einheitswerte müssten durch neue ersetzt werden.

Dann müsse die Kommune einen neuen Hebesatz darauf anwenden. Kleinschmidt: „Wenn ich sicherstellen wollte, dass kein Bürger mehr bezahlt, müsste ich mich an dem mit dem höchsten Wert orientieren. Alle anderen würden weniger bezahlen.“ In diesem Falle, warnt Kleinschmidt, „würde das Aufkommen drastisch sinken“ – und eine „wichtige Säule der Kommunalfinanzierung“ wegbrechen.

Haus & Grund: Gute Lagen könnten höher besteuert werden

Soll heißen: Kleinschmidt erwartet, „dass es eine Verschiebung zwischen einzelnen Steuerzahlern geben wird“. Wer jahrzehntelang bevorteilt worden sei, müsse dann vielleicht ja fairerweise mehr bezahlen. Wie hoch ein neuer Hebesatz am Ende ausfallen wird, vermag er nicht zu sagen. Bis 2021 sind die hohen Einnahmen aus 910 Punkten erst einmal im Haushaltssanierungsplan fest veranschlagt.

„Letztlich würden die Kosten wieder die Mieter treffen“, sagt Bernd Colditz von Haus & Grund in Annen, „und Eigentümer, die nicht vermietet haben“. Er rechnet in Ballungsgebieten, wo jetzt schon die Immobilienpreise deutlich gestiegen seien, mit eher höheren Kosten.

„Alles, was Einheitswert ‘64 ist, wird deutlich höher werden“, vermutet Colditz. Eine Prognose für Witten sei Spekulation. Gute Lagen wie in Bommern könnten aber höher besteuert werden, glaubt er. „Noch wissen wir aber nicht, was der Gesetzgeber aus dem Urteil macht.“