witten. . Bei Veranstaltung „Wirtschaft in Witten 2030“ wurden Ergebnisse der großen Firmenumfrage vorgestellt. Wirtschaftsförderung will mehr Kooperation.
Knappe Gewerbeflächen, die Suche nach Fachkräften und die Uni als Frischzellenlieferant von gut ausgebildeten Studenten, die vielleicht hier ihre Berufskarriere starten – das waren einige von vielen Themen, die bei „Wirtschaft in Witten 2030“ diskutiert wurden. Diese Veranstaltung im Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) bildete den Auftakt, um die Zusammenarbeit der städtischen Wirtschaftsförderung mit den hiesigen Unternehmen zu vertiefen.
Dazu waren vor wenigen Wochen 1166 Unternehmen im Namen der Bürgermeisterin angeschrieben worden, rund 20 Prozent meldeten sich zurück. Im Fragebogen sollten sie unter anderem Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandortes und die eigene Zufriedenheit mit ihm einstufen. Diese Ergebnisse wurden auch in der FEZ-Veranstaltung vorgestellt. Die Wirtschaftsförderung hatte die Dortmunder Firma Moduldrei mit der Auswertung beauftragt: „Das sackt jetzt erstmal“, meinte Referent Jörg Lennardt, nachdem er etwa 45 Minuten lang Fakten vorgestellt hatte, auch zu Vergleichsstädten und zur Wittener Branchenstruktur.
Witten hat einzigartigen Branchenmix
Wie vielfältig die ist, zeigte sich bereits an den Unternehmern im Publikum, die aus den verschiedensten Bereichen kamen. „Für ein zukunftsorientiertes Wirtschaftskonzept brauchen wir Ihr Wissen und Ihre Unterstützung“, betonte die Bürgermeisterin und Dezernentin für Wirtschaftsförderung bei der Veranstaltung.
Nach Lennardts einleitender Analyse vor dem etwa 150-köpfigen Publikum, in dem sich auch Politiker und Studenten befanden, schätzten Fachleute mehrerer Bereiche das Wittener Wirtschaftsleben ein: „Die Stadt hat einen einzigartigen Branchenmix. Auch die schleichende Deindustriealisierung ist in Witten weniger ausgepägt als in anderen Regionen“, meinte Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Ruhr/Vest. Mahnende Worte zum Thema Ausbildung und Fachkräfte fand IG Metall-Bevollmächtigter Mathias Hillbrandt: „Es gibt eine hohe Zahl von Betrieben, die ausbilden und sich ärgern, dass andere dann ihre Azubis abgrasen.“ Einen „Klebeeffekt“ hat Uni-Präsident Prof. Martin Butzlaff festgestellt: „Viele junge Menschen ziehen in die Stadt. 15 Prozent unserer Studierenden bleiben auch hier.“
Dennoch gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf, wie die Auswertung der Fragebögen ergab: 80 Prozent der Unternehmen seien der Meinung, in Witten werde nicht genug für sie getan, hieß es in der Analyse. Zu hohe Gewerbesteuern und zu wenig Gewerbeflächen werden beklagt. Sehr wichtig ist den Unternehmen auch die Internetanbindung, mit der die wenigsten zufrieden sind. Für Herbst soll eine weitere Veranstaltung zu „Wirtschaft in Witten 2030“ vorbereitet werden. Anregungen gibt es ja jetzt genug.
Großes „Blutbild“ des Patienten Witten
Wir haben ein großes Blutbild des Patienten Witten“, meinte Stefan Postert (IHK) bei der Veranstaltung „Wirtschaft in Witten 2030“ im Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ). Denn dort wurden umfassend jene Ergebnisse vorgestellt und eingeordnet, die sich aus der Fragebogen-Aktion der Wirtschaftsförderung an die hiesigen Unternehmen ergeben haben.
Es gehe dem Patienten gut, folgerte Postert: „Denn er hat ein stabiles Rückgrat durch seine stabilen Unternehmen.“ Das bestätigt auch die Umfragen-Analyse: Danach bezeichnen 55,8 Prozent der Wittener Firmen ihre Geschäftslage als gut, 39,2 Prozent immer noch als befriedigend. „Der Patient hat aber Mangelerscheinungen, wenn ich sehe, dass zahlreiche Unternehmen Fläche und Mitarbeiter suchen“, blieb der IHK-Experte im Bild. Bereits 56 Prozent der Betriebe haben Schwierigkeiten, Fachkräfte zu gewinnen. Und rund 25 Prozent mussten deshalb schon Aufträge ablehnen. Aber für immerhin Zweidrittel der Betriebe hatte das noch keine so gravierenden Folgen.
Gewerbegebiete sind in Witten bekanntlich Mangelware. Zweidrittel der Befragten gaben daher auch an, dass an ihrem jetzigen Standort keine ausreichenden Erweiterungsmöglichkeiten vorhanden seien. Das Problem werde bereits vorrangig bearbeitet, betont Anja Reinken, Leiterin des Amtes für Bodenmanagement und Wirtschaftsförderung. So sei ein Dortmunder Planungsbüro damit beauftragt zu schauen, „wie wir mit den knappen Flächenresourcen für Firmen besser wirtschaften können.“ Sie nähmen beispielsweise die Gewerbegebiete nochmal genauer unter die Lupe. Auch weitere Themenfelder, deren Dringlichkeit sich bei der Umfrage und der FEZ-Veranstaltung herauskristallisiert habe, sollen nun vorrangig bearbeitet werden. „Ausbildung könnte ein größeres Thema werden“, meint Reinken.
Standortlotsen als Ansprechpartner für Unternehmen
Punkten kann Witten laut Unternehmer-Umfrage durch seine gute Verkehrsanbindung an die Autobahnen und die zentrale Lage im Ruhrgebiet. Günstige Mieten, hohe Kaufkraft und der hohe Grün- und Freizeitwert werden ebenfalls positiv bewertet. Viele Ladenleerstände und schlechte Straßen stehen dagegen auf der Negativseite. Dementsprechend fühlen sich nur 32,4 Prozent der befragten Firmen in Witten wohl bzw. 11,4 Prozent sehr wohl, bei 42 Prozent hält sich der Wohlfühlfaktor allerdings in Grenzen. Deswegen würden 44,7 Prozent den Standort nur mit Einschränkung empfehlen.
Die Wirtschaftsförderung wird als zuverlässig und hilfreich, aber auch als bürokratisch bewertet. Allerdings hatte nur ein Drittel der Unternehmen in den letzten Jahren Kontakt zu ihr. Zwei städtische Standortlotsen sollen nun den Firmen als Ansprechpartner helfen, solche Barrieren zu überwinden ( 581-6263 oder -6264). Eine weitere Kollegin kommt Mitte des Jahres hinzu