Witten. . Polizei führt Rückgang auf mehr Sicherung durch Hauseigentümer zurück. Zwei aufgeklärte Graffiti-Serien spiegeln sich in Kriminalstatistik wider.
Die Kriminalität im Bereich des Polizeipräsidiums Bochum, zu dem auch Witten und Herne gehören, ist im vorigen Jahr insgesamt zurückgegangen. Und zwar von 56 991 Straftaten im Jahr 2016 auf 52 911 im Vorjahr. Nur in Witten ist sie gestiegen. Und zwar von 7395 auf 7407 Taten.
Eine besondere Zunahme gab es hier bei der Straßenkriminalität, die von 1675 auf 1867 Taten stieg. Und zwar nicht vorrangig wegen Raubes oder Körperverletzung, obwohl auch diese beiden Bereiche im Jahresvergleich anstiegen. Sondern weil zwei große Serien von Graffiti-Schmierereien in Witten aufgeklärt werden konnten. Allein dazu gab es über hundert Anzeigen von betroffenen Hauseigentümern, die sich in der Statistik niederschlagen. Sie finden sich außerdem in der gestiegenen Zahl der Sachbeschädigungen von 1019 auf 1303 Taten wieder.
Wohnungseinbrüche kontinuierlich zurückgegangen
Erfreulich ist der weitere Rückgang der Wohnungseinbrüche, die im Jahr 2015 einen traurigen Höhepunkt in ganz NRW fanden. Im Bereich des gesamten Polizeipräsidiums Bochum lagen sie damals bei 3210 Fällen, in Witten bei 499 Taten. Seitdem sind die Wohnungseinbrüche kontinuierlich zurückgegangen, im Vorjahr lagen sie im Gesamtbereich bei 1679 Fällen, in Witten wurde 303 mal eingebrochen. Bei fast jedem zweiten Einbruch blieb es beim Versuch. Das liege auch daran, so die Experten, dass viele Wohnungsunternehmen und Privatpersonen in Sicherheitstechnik investiert hätten.
„Bei der Aufklärungsquote der Einbrüche wollten wir 15 Prozent erreichen, sind aber bei zwölf Porzent gelandet. Da müssen wir noch besser werden“, meint Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier. Den Rückgang der Einbrüche führt sie auch auf die Präsenzaktionen der Polizei zurück, bei denen mehrere Einsatzkräfte eine zeitlang gezielt in einem Ortsteil in den drei Städten unterwegs waren. Allein dafür fielen im vorigen Jahr 20 000 Personalstunden an.
Erfreulich hohe Aufklärungsquote
Erfreulich hoch sei die Aufklärungsquote bei der Gesamtkriminalität 2017. Mehr als jede zweite Straftat sei aufgeklärt worden, in Witten genau 53,75 Prozent. Das sei der höchste Wert seit neun Jahren in allen drei Städten, hieß es am Mittwoch bei der Bochumer Pressekonferenz der Polizei.
Im Vergleich mit anderen Ruhrgebietsstädten wie Essen, Duisburg oder Dortmund steht der Zuständigkeitsbereich des Bochumer Polizeipräsidiums bei der Häufigkeit der Kriminalfälle gerechnet auf 100 000 Einwohner deutlich besser da. Mit anderen Worten: Wer im Ruhrgebiet leben möchte, wohnt in Witten besonders sicher.
Rauschgift ist auf dem Vormarsch
Laut Statistik ist die Zahl der Straftaten in Nordrhein-Westfalen im vorigen Jahr um rund 96 000 Fälle oder 6,54 Prozent gesunken. „Die Wahrnehmung der Bürger ist aber oft anders als die Realität. Denn wir glauben, dass wir von Kriminellen umzingelt sind. Dabei geht die Kriminalität zurück“, meinte Andreas Dickel, Direktionsleiter beim auch für Witten zuständigen Polizeipräsidium Bochum, bei der Vorstellung des Zahlenwerkes 2017.
„Wir liegen bei einer Aufklärungsquote von rund 55 Prozent. Und damit drei Prozent über dem Landesdurchschnitt“, betonte Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier. Dennoch gibt es viel zu tun. Schließlich hatte noch vor gar nicht langer Zeit Herne nach Bremerhaven die höchsten Einbruchszahlen in Deutschland, wenn man sie als Quote bezogen auf die Einwohnerzahl sieht. Aber auch dort sind die Einbruchszahlen von 2016 auf 2017 um 197 oder ein Drittel gesunken.
Ausruhen kann sich die Polizei nicht
Während die Einbruchszahlen in Deutschland zurückgingen, stiegen sie derzeit in Skandinavien stark an, hat Andreas Dickel festgestellt: „Das legt nahe, dass es sich um reisende Tätergruppen handelt. Und während in Deutschland das Problembewusstsein bei Bürgern, Polizei und Politik gestiegen ist, schließen in Dänemark viele Leute ihre Türen nicht einmal ab.“
Ausruhen kann sich die Polizei trotz zurückgehender Kriminalität in vielen Bereichen dennoch nicht. In Witten wurden im vorigen Jahr beispielsweise 37 Autos gestohlen und in 315 Fahrzeuge eingebrochen, um etwas daraus zu stehlen. Auch 112 Fahrräder fanden ungewollt neue Besitzer.
Und die Fälle von Körperverletzung stiegen in Witten sogar von 771 auf 813 Fällen. Diese Zunahme konnte der Kriminalitätsexperte nicht erklären. Denn insgesamt ging die Zahl der Körperverletzungen im Bereich des Polizeipräsidiums Bochum, zu dem neben Witten auch Herne gehört, eher leicht zurück. Und zwar von 6039 Delikten im Jahr 2016 auf 5986 Fälle im Vorjahr.
Rauschgiftfälle sind gestiegen
Auffallend ist die deutlich gestiegene Zahl der Rauschgiftfälle im Vorjahr. Im gesamten Zuständigkeitsbereich des Präsidiums lag sie nach 1765 Fällen im Jahr 2016 nun bei 2314 Delikten. Annähernd hoch war sie nur im Jahr 2008. Da wurden 2210 Taten registriert. Auch Witten bildet da keine Ausnahme: Dort stiegen die Rauschgiftdelikte von 148 (2015) über 193 (2016) auf den bisherigen Spitzenwert von 237 Fällen im Vorjahr.
Kriminalitätsexperte Dickel sieht dafür drei Gründe: Zum einen werde von der Polizei mehr kontrolliert, was zu mehr Anzeigen führe. Zum anderen rauchten einige junge Leute Cannabis, ohne zu wissen, dass es in Deutschland nicht erlaubt ist. „Wieso? In den USA darf man das doch auch“, sei dann die erstaunte Antwort. Und zum Dritten gebe es mehr Plantagen, auf denen Privatleute auch daheim illegal Drogen anbauten.
Cannabis ist nach wie vor das am häufigsten genutzte Rauschmittel. Im Bereich des Polizeipräsidiums Bochum wurden im Vorjahr allein dazu 1552 Straftaten registriert, rund 300 mehr als 2016. „Aber auch die Nachfrage nach Modedrogen wie Amphetamin und Ecstasy steigt wieder“, hat der Bochumer Polizeiexperte festgestellt. 225 Fälle wurden 2016, ein Jahr später schon 367 Delikte registriert. Eine bedenkliche Entwicklung.