Witten. . Ein Wirtschaftsexperte malt ein düsteres Bild für Zukunft der Innenstadt. Noch sei aber nicht alles verloren. Vieles hänge von Stadtgalerie ab.
Eine mittelgroße Stadt wie Witten wird es künftig schwer haben, neben dem wachsenden Onlinehandel zu bestehen.
Mit dieser Nachricht schaffte es Wirtschaftsexperte Jörg Lehnerdt, den Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit, Wirtschaft, Standortmarketing und Feuerschutz (AWSF) Jan Richter in nur zehn Minuten zu deprimieren. „Gegen große Player wie Amazon kommt man kaum an“, sagte der Kölner Handelsberater in der Sitzung des AWSF. Der stationäre Handel mache immer weniger Umsatz – auch in Witten. Daher müsse man sich unabhängiger von diesem machen. „Großstädte wie Bochum und Dortmund haben es leichter“, so Lehnerdt. „Die starke Nachbarschaft wird es Witten zusätzlich schwer machen.“
Mehr Cafés und Sitzmöglichkeiten
In Wittens Quartieren sei die Nahversorgung ein wichtiges Thema. In der City aber spiele der stationäre Handel aktuell noch eine große Rolle. „Hier muss so etwas wie eine ,gute Stube’ geschaffen werden, mit Cafés und Sitzmöglichkeiten.“ Außerdem müsse sich Witten stärker als gesund und als Universitätsstadt profilieren und Geschäfte mit Magnetfunktion in die Innenstadt holen. „Kaufhof und die Stadtgalerie sind bereits solche Formate. Von ihnen hängt vieles ab.“ Besonders geeignet seien auch Filialisten. „Sie können auch online bestehen, weil sie Teil eines größeren Systems sind.“
Inhabergeführte Einzelhandelsgeschäfte hätten es im Digitalen dagegen oft schwer. „Für einen Modellbauladen kann es noch Sinn machen, online zu experimentieren. Kleine Schuhläden oder Modeboutiquen sollten sich allerdings auf ihre Stärken konzentrieren.“ Persönliche Kundenansprache und guter Service seien wichtiger, als um jeden Preis die Technik einzuführen. „Als Inhaber eines Geschäfts muss man sich zelebrieren wie ein Kneipier.“
Der Vorsitzende der hiesigen Standortgemeinschaft Karl-Dieter Hoeper schätzt die Bedrohung durch den Onlinehandel ähnlich ein. „Vor allem für die kleineren Läden wird es in Zukunft sehr schwer werden. Das Stadtbild wird sich verändern – und auch verändern müssen.“ Hoeper geht davon aus, dass die City mehr und mehr zu einem Aufenthaltsraum wird. „Viele ältere Menschen ziehen ja bereits wieder in die Stadt, weil sie da noch am Leben teilnehmen können.“ Der stationäre Handel gehört für Hoeper zwar zum Stadtbild dazu. „Aber Anlaufpunkte wie das Café Extrablatt sind schon heute sehr wichtig. Viele würden sonst gar nicht mehr in die Stadt kommen.“
>>> INFO: Ergebnisse einer Studie
Jörg Lehnerdts Prognose gründet auf der Studie „Online-Handel – Mögliche räumliche Auswirkungen auf Innenstädte, Stadtteil- und Ortszentren“. Online abrufbar: bbsr.bund.de.
Das Onlineprojekt „Heimathandel“ ist für Karl-Dieter Hoeper ein schwieriges Kapitel, wie er sagt. „Es kann eine Hilfe sein. Aber es ist schwer.“