Witten. . Sandra Hoffmann (37) ist hochsensibel und hochbegabt. Ein Gespräch über das Anderssein und was dagegen hilft.

Das Licht ist gedimmt. Im Raum steht ein bunter Sessel. Auf dem passenden Hocker davor thront Sandra Hoffmann im Schneidersitz. Die 37-Jährige ist hochsensibel und hochbegabt. Und sie hat sich intensiv damit auseinandergesetzt. Sogar ein eigenes Institut hat sie gerade gegründet, in dem sie Menschen helfen möchte, ihre innere Balance zu finden. Weil es immer guttut, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, hat die Wittenerin außerdem einen Stammtisch ins Leben gerufen. Im Interview spricht die alleinerziehende Mutter über sich und ihre beiden Kinder, über ihre schönste und ihre traurigste Erfahrung.

Seit wann wissen Sie, dass sie hochsensibel und hochbegabt sind?

Sandra Hoffmann: Ich habe mich schon immer anders gefühlt. Ich nehme immer viel mehr wahr als andere. Stimmungen zum Beispiel. Wenn jemand schlecht drauf war, hat mich das gestresst oder ich war todtraurig. Dann hab’ ich zu hören gekriegt: Stell’ dich nicht so an. Außerdem bin ich lichtempfindlich, deshalb ist es hier auch nicht so hell. Irgendwann haben mich zwei Leute unabhängig voneinander gefragt, ob ich hochsensibel sei. Da wurde ich stutzig, denn ich bin eigentlich eher ein derber Typ, trage mein Herz auf der Zunge.

Wie erging es Ihnen in der Schule?

Meine Leistungen waren gut, aber irgendwann wollte ich mich nicht mehr ins System einfügen. Als Kind war ich eher schüchtern, ab der fünften Klasse dann rotzfrech. Schulische Dinge sind übrigens kein Maßstab für Hochbegabung. Ich habe die Holzkamp-Gesamtschule nach dem Fachabi verlassen, wollte immer Psychologie studieren und habe mich erst spät getraut. Jetzt bin ich im sechsten Semester. Davor bin ich rumgereist, habe im Sonnenstudio gearbeitet und eine Lehre als Bürokauffrau angefangen. Sobald ich etwas Neues gemacht habe, fand ich es bald todlangweilig. Da verpulvert man seine komplette Energie und kommt nie zum Ziel.

Wie haben Sie es geschafft?

Nach dem ersten Kind habe ich es mit autogenem Training versucht. Das war gar nichts für mich. Ich finde meinen Mittelpunkt besser über Meditation. Und ich habe mal eine Woche im Kloster verbracht. Das Schweigen dort war die schönste Erfahrung meines Lebens. Und die traurigste, damit aufhören zu müssen. Das glaubt mir keiner, weil ich doch sonst so viel rede.

Was hilft noch?

Sich bloß in keine Schublade stecken lassen und dort verharren. Wer das tut, wird zum Jammerer. Man muss lernen, sich abzugrenzen und ein Gespür für sich selbst zu bekommen. Dabei kann auch die richtige Atmung helfen. Ich habe alle Methoden an mir ausprobiert und will sie nun anderen Menschen beibringen. Deshalb habe ich diverse Aus- und Fortbildungen gemacht, bin etwa Entspannungspädagogin. Aber keine Angst: Bei mir geht das alles spielerisch ab.

Wie beim Stammtisch?

Ja, da sind wir so um die zwölf Leute und bis jetzt ist keiner aus Witten dabei. Erst geht’s um ein bestimmtes Thema, nächstes Mal ums Loslassen, danach reden wir und haben viel Spaß. Es tut so gut, unter Menschen zu sein, die Verständnis füreinander haben. Beim ersten Treffen waren wir übrigens im Café del Sol. Das ging gar nicht. Da ist es für uns viel zu laut.

Wie hoch ist eigentlich Ihr Intelligenzquotient?

Das darf man gar nicht sagen. Nur soviel: Ab einem IQ von 130 ist man hochbegabt. Ich liege nicht sehr weit darüber.

Wie die Mama, so die Kinder?

Tja, mein siebenjähriger Sohn ist ein Zahlenfreak und sehr sensibel. Meine 14-jährige Tochter ist stark und sehr einfühlsam. Ich mache bei denen kein Riesen-Thema draus. Ich versuche nur, ihr Selbstwertgefühl zu stärken, und ich zwinge sie zu nichts.

>> INFORMATION

  • Jeden letzten Donnerstag im Monat, also wieder am 22. Februar, veranstaltet Sandra Hoffmann einen offenen Stammtisch für Hochbegabte und Hochsensible. Los geht’s um 19.30 Uhr.
  • Treffpunkt: im Gewerbepark Stockumer Str. 28 (Gebäude A7, Eingang neben dem Bistro, 1. Etage, Higher Balance Institute). Anmeldung nicht nötig. Kosten: Fütterung der Kaffeekasse.