Witten. . Zehntklässler aus Bommern starten im Mai zu einem ungewöhnlichen Projekt. In sechs Etappen wollen sie gemeinsam von der Zugspitze zum Gardasee radeln.

Dieser Unterricht geht nicht nur in den Kopf, der geht auch in die Beine: 16 Schüler der Helene-Lohmann-Realschule starten Ende Mai zu einer Alpenüberquerung mit dem Rad. Und als ob das nicht schon mühsam genug wäre, gibt’s am Ende dafür auch noch eine Note. Der Alpencross ist nämlich das Wahlpflichtfach der Zehntklässler aus Bommern.

Für Leute, die sich quälen wollen

Die Idee zu dem ungewöhnlichen Projekt hatte Christian Bockelbrink. Der Sport- und Deutschlehrer ist begeisterter Mountainbiker, hat die Alpen selber schon vier Mal mit dem Rad überquert. „Das müsste doch auch was für die Schüler sein“, dachte er sich im letzten Jahr. „Das ist was für Leute, die sich quälen wollen.“

Weil aber Schüler und Quälen nicht immer und unbedingt zusammen passen, hatte er allerdings Sorge, ob er überhaupt die nötigen acht Freiwilligen für den Kurs zusammenbekommen würde. Denn schließlich gab es nicht nur Chor, Hauswirtschaft, Informatik und angewandte Chemie als Alternative. Es war auch von Anfang an ganz klar: Wer beim Alpencross dabei sein will, der muss mehr Zeit als die üblichen 90 Minuten pro Woche investieren.

1250 Kilometer Training erforderlich

Denn für die Reise braucht es Training – und das nicht zu knapp: 1250 Stunden müssen die Schüler bis Mai insgesamt in den Beinen haben, um überhaupt starten zu dürfen. Dafür muss man etwa stolze sechs Stunden pro Woche im Sattel sitzen. Und dann geht es bei dem Projekt ja auch nicht nur ums Strampeln.

„Das ist hier nicht nur Spaß – auch wenn wir viel Spaß haben“, erklärt Bockelbrink. Die Schüler müssen die komplette Reise organisieren. Sponsoren finden (hat geklappt), mit der Presse sprechen (hat auch geklappt, wie man sieht), Unterkünfte buchen, die Homepage pflegen. Jede Menge Arbeit.

Statt der erhofften acht Schüler meldeten sich 27 an

Dennoch: Statt der erhofften acht Schüler meldeten sich 27 an – viel zu viele für die Tour. Die interessierten Neuntklässler musste Leiter Bockelbrink daher vertrösten: Er startet nur mit den Zehnern. „Und dann schauen wir, wie es klappt“, sagt er. „Wenn’s gut läuft, fahren wir nächstes Jahr wieder.“ Er ist da offenbar ziemlich optimistisch.

Die Gruppe sei prima und hoch motiviert – auch wenn noch nicht alle die bis Ende Januar vorgeschriebenen 600 Kilometer auf dem Tacho haben. „Tja, das könnte bei einigen ganz schön knapp werden“, fürchtet der Lehrer und sagt ganz deutlich: Bei der Abfahrt kennt er kein Pardon. Wer nicht trainiert ist, fährt nicht mit. „Denn wir sind eine Gruppe, Abbrechen ist für uns keine Option.“ Wenn einer schlappmacht, wer sollte den dann schließlich zurückbringen?

Täglich gilt es 800 bis 1000 Höhenmeter zu bewältigen

Das heißt also: Alle Schüler müssen wohl oder übel die 345 Kilometer vom bayerischen Ehrwald bis nach Torbole am Gardasee schaffen. Sechs Etappen von 60 bis 80 Kilometern sind geplant, täglich gilt es 800 bis 1000 Höhenmeter zu bewältigen – das heißt: Ganz viel rauf und auch viel wieder runter.

Er hatte die Idee: Sportlehrer Christian Bockelbrink.
Er hatte die Idee: Sportlehrer Christian Bockelbrink.

Kriegt man da nicht etwas Angst vor der eigenen Courage? „Nö, Angst nicht. Aber wir haben einen gesunden Respekt vor der Strecke“, sagt Johanna Kleffmann (15). Aber sie seien ja schließlich eine Gruppe, meint Dylan Brauckhoff. „Und wenn’s gar nicht mehr geht, dann zieht einen das Team.“

Nach dem dritten Tag gibt’s meist eine Motivationsdelle

Noch kämpfen die Schüler mit dem Winter, mit schweren Beinen beim Training auf dem Hohenstein. In den Alpen wird wohl noch Muskelkater hinzukommen. „Und nach dem dritten Tag gibt’s meist eine Motivationsdelle“, weiß der erfahrene Alpencrosser Bockelbrink.

Aber wenn man dann den Gardasee sähe, dann sei alle Mühe vergessen. Darauf freuen sich die Schüler: Es gemeinsam ins Ziel zu schaffen. „Das können schließlich nicht viele sagen: Dass sie in der zehnten Klasse mit dem Rad die Alpen überquert haben.“

>>>ÜBER SPENDEN FINANZIERT

Die Fahrt findet vom 29. Mai bis 6. Juni statt. Pro Person kostet die Tour etwa 700 Euro, maximal 200 Euro müssen privat gezahlt werden, der Rest wird über Spenden, Sponsoring und Fundraising finanziert.

Es fahren zwei Lehrer und zwei Eltern bei der Reise mit. Sie kümmern sich im Begleitfahrzeug um die Beförderung der Garderobe, die Jause am Mittag und medizinische Notfälle.