Witten. . Gut befestigte und breitere Wege im Wald dürfen jetzt von Pferden benutzt werden. Sauerländischer Gebirgsverein bangt um Wanderpfade.

In dieser neuen Regelung steckt viel Zündstoff: Reiter dürfen seit Anfang des Monats nicht nur auf ausgewiesenen Reitwegen ihrem Hobby nachgehen, sondern jetzt auch auf sogenannten „Fahrwegen“, sprich befestigten „Waldwirtschaftswegen“, die das ganze Jahr von größeren Fahrzeugen genutzt werden können, etwa zum Holztransport. Waldbesitzer und Wanderer sind alles andere als erfreut.

Denn es kann durchaus sein, dass ein solcher Waldwirtschaftsweg gleichzeitig ein Wanderweg ist. Wer einem Reiter dort begegnet, hat nicht viel zu melden. Was vorher illegal war, ist jetzt gesetzlich erlaubt. Dabei war der Spaß hoch zu Ross bisher nur auf ausgewiesenen Reitwegen im Kreis gestattet.

Es gibt knapp zehn Kilometer Reitwege in Witten

„Das ist vom Gesetzgeber so gewollt, das Reiten im Wald etwas zu lockern“, sagt Peggy Freind von der Kreisverwaltung. Sie verweist auf Paragraf 58, Absatz 2, im Landesnaturschutzgesetz. Angesichts der hohen Reiterdichte im Kreis – geschätzt 4000 bis 6000 – und dem gleichzeitig eher überschaubaren Reitwegenetz ist es dem Kreis nur recht, dass nun mehr Wege genutzt werden können. „So viele Reitwege könnten wir gar nicht bauen“, sagt Freind. 55 Kilometer gibt es, knapp zehn in Witten, etwa im Muttental oder in Bommerholz.

Nicht beteiligt am Verfahren war der Sauerländische Gebirgsverein (SGV). „Jetzt machen uns die Reiter auch noch die letzten Wege kaputt“, befürchtet Martin Hintelmann (77), Pressewart beim SGV Witten. Da der Verein meist werktags unterwegs sei, gebe es zwar nicht viele Begegnungen mit Reitern, und wenn, dann seien die auch durchaus freundlicher Natur. Aber Hintelmann befürchtet, dass die Wege, die „die jetzt schon ziemlich mitgenommen sind“, dann noch stärker leiden werden.

Die Wander- und Forstwirtschaftswege rund um Gut Frielinghaus in Witten dürfen auch von Reitern genutzt werden.
Die Wander- und Forstwirtschaftswege rund um Gut Frielinghaus in Witten dürfen auch von Reitern genutzt werden.

„Ich denke, es wird sich nicht viel ändern“

Kreis und Reiterverband teilen die Befürchtungen nicht, zumindest nicht in diesem Maße. „Wir haben mit allen gesprochen. Ich denke, es wird sich nicht viel ändern“, sagt Peggy Freind – und verweist einmal mehr auf das Gesetz. „Wir haben für ein ausgewogenes Reitnetz zu sorgen. Die Reiter lassen ja auch viel Geld hier.“

Was Wege angeht, die zertrampelt werden, können Waldbesitzer künftig Mittel aus der Reitabgabe für Reparaturen in Anspruch nehmen. Zwar reiten nur 1300 Personen im Kreis legal – sprich mit Plakette, die jährlich 35 Euro kostet. Künftig wollen Kreis als auch Reiterverband aber verstärkt die Plakettenpflicht kontrollieren.

Kreis und Reiterverband wollen verstärkt kontrollieren

Außerdem verweist Freind auf volle Fördertöpfe der Bezirksregierung für die Erneuerung von Wegen. Und sollte es doch irgendwo „Mord und Totschlag“ geben, könne man die Wege für Reiter wieder sperren..

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„Es wäre ja schon schön, wenn sie mit ihren Pferden die Reitwege nutzen würden“, sagt Evelyn Frielinghaus, deren Familie Wald in Bommerholz besitzt. Wenn die Reiter auf befestigten Wegen blieben, habe sie nichts dagegen. Doch leider werde viel zertrampelt und querfeldein geritten. „Kaum einer kümmert sich um die Wege, wo sie reiten dürften.“ Die müsse man allerdings auch in Schuss halten. „Wenn man mal wieder ordentlich Sand draufkippt, würden die Reiter sie auch nutzen.“

Mehr Geld für Waldbesitzer für Reparatur von Wegen

Dass es unter den Pferdeliebhabern so manches schwarze Schaf gibt, das will Wolfgang Trilling vom Kreisreiterverband EN/Hagen gar nicht bestreiten. Man habe sehr für die neue Regelung gekämpft, werde jetzt aber auch „durch die Vereine gehen und die Leute schulen, auf welchen Wegen sie reiten dürfen und wo nicht“.

Wo es etwa wie im Muttental parallel zum Wanderweg verlaufende Reitwege gebe, seien die Reiter natürlich gehalten, diese zu benutzen. Mit der Öffnung neuer Wege für Reiter werde auch die Illegalität aufgehoben, so Trilling.

Gleichzeitig werde es privaten Forstbesitzern nun ermöglicht, Schäden aus der Reitabgabe ersetzen zu lassen, so Trilling. Ebenso wie Peggy Freind vom Kreis appelliert er an die gegenseitige Rücksichtnahme. „Wenn ein Fußgänger passiert, kann man mit dem Pferd auch mal rechts stehen bleiben.“

>>>> Zum Nachlesen: Paragraf 58, Landesnaturschutzgesetz (Quelle Justizportal NRW):

(1) Das Reiten in der freien Landschaft ist über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus zum Zweck der Erholung auf privaten Straßen und Wegen auf eigene Gefahr gestattet. Dies gilt sinngemäß für das Kutschfahren auf privaten Wegen und Straßen, die nach der Straßenverkehrsordnung nur für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben sind.

(2) Das Reiten im Wald ist über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus zum Zweck der Erholung auf privaten Straßen und Fahrwegen sowie auf den nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung gekennzeichneten Reitwegen auf eigene Gefahr gestattet. Fahrwege sind befestigte oder naturfeste Waldwirtschaftswege.

(3) In Gebieten mit regelmäßig geringem Reitaufkommen können die Kreise und kreisfreien Städte durch Allgemeinverfügung im Einvernehmen mit der Forstbehörde und nach Anhörung der betroffenen Gemeinden und Waldbesitzer- und Reiterverbände das Reiten im Wald über die Befugnis nach Absatz 2 hinaus auf allen privaten Wegen im Wald zum Zweck der Erholung zulassen. Die Zulassung ist im amtlichen Verkündungsorgan des Kreises oder der kreisfreien Stadt bekannt zu geben.

(4) In Waldflächen, die in besonderem Maße für Erholungszwecke genutzt werden, können die Kreise und kreisfreien Städte durch Allgemeinverfügung im Einvernehmen mit der Forstbehörde und nach Anhörung der betroffenen Gemeinden und Waldbesitzer- und Reiterverbände das Reiten im Wald auf die nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung gekennzeichneten Reitwege beschränken. Die Beschränkung ist im amtlichen Verkündungsorgan des Kreises oder der kreisfreien Stadt bekannt zu geben.

(5) Für einzelne, örtlich abgrenzbare Bereiche in der freien Landschaft und im Wald, in denen das Reiten nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 gestattet ist, aber die Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen anderer Erholungssuchender oder erheblicher Schäden besteht, können die Kreise und kreisfreien Städte für bestimmte Wege Reitverbote festlegen. Diese Wege sind nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu kennzeichnen.

(6) Die Vorschriften des Straßenrechts und des Straßenverkehrsrechts bleiben unberührt.

(7) Die Eigennutzung durch Grundstückseigentümer und sonstige Berechtigte bleibt unberührt, soweit hierdurch das Betretungsrecht nicht unzumutbar beeinträchtigt wird.

(8) Die Naturschutzbehörden sollen im Zusammenwirken mit den Forstbehörden, den Gemeinden, den Waldbesitzern und den Reiterverbänden für ein ausreichendes und geeignetes Reitwegenetz sorgen. Grundstückseigentümer und sonstige Berechtigte haben die Kennzeichnung von Reitwegen und Reitverboten zu dulden.

(9) Das Führen von Pferden in der freien Landschaft und im Wald richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes über das Reiten. Das Führen von Pferden im Wald ist darüber hinaus auf allen Wegen gestattet. Dies gilt auch für die Wege in Waldflächen nach Absatz 4.