Witten. . Das Hotel Voß gab dem Voß’schen Garten den Namen. Es wurde 1789 erbaut, erlebte seine Blüte im 19. Jahrhundert und wurde im Weltkrieg zerstört. Foto: Postkarte aus dem Besitz von Prof. Gehlen

Der Voß’sche Garten wurde gesucht. Eine kleine Bitte: Stören Sie sich nicht an Schreibweisen – „Voss“ oder „Voß“, wer will das heute „objektiv“ beurteilen? Wir lassen die Autoren gewähren.

Der Park mit dem Springbrunnen war der Voss-Garten. Meine Großeltern haben mir oft davon erzählt. Dieter Koch, 79 Jahre

1789 baute Peter Voß das Hotel „Zum König von Preußen“. 1811 wurde es vom Sohn Johann Peter Voß übernommen, der es 1842 an seinen Sohn Johann Peter August Voß übergab. Das Hotel hatte einen kleinen Saal für 100 Personen und einen großen für 800. Der große Garten mit 10 000 m² Fläche hatte kleine Tischgruppen. Alle großen Festveranstaltungen in Witten fanden hier statt. 1912 ist der jüngste Sohn des Besitzers an Typhus verstorben. Der zweite Sohn, Hans Peter Wilhelm Voß, ist im September 1914 im Ersten Weltkrieg gefallen. 1918 wurde das Hotel an die Stadt verpachtet, die es als städtischen Saalbau betreiben wollte. 1927 kauft die Stadt das Anwesen. Beim Luftangriff am 12. Dezember 1944 wurde das Hotel Voß zerstört. Die Ruine wurde 1952 abgetragen. Ulrich Maginno

Der „erste“ Saalbau

Das ehemalige Hotel wurde als „erster“ städtischer Saalbau genutzt, bevor jener an der Bergerstraße entstand. Die Fläche mit den Stühlen und Tischen wurde vom ehemaligen Hotel als Restaurant-Garten genutzt. Die Stadt hatte damals zwar als Erholungsort den Hohenstein, aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts war man noch nicht so mobil. Anfang 1906 kaufte die Stadt das Hotel Voss mit dem nördlichen Teil der Besitzung. Der unbebaute Teil wurde als Grünanlage genutzt, der bebaute Teil (Saal und Hotel) sollte neu als Städtischer Saalbau entstehen. Der Zweite Weltkrieg machte das zunichte. Heute ist dort ein Altenzentrum und daneben eine Musikakademie nach dem Auszug der Stadtbücherei und davor der Stadtsparkasse. Nach dem Krieg wurde dort ein neues Hallenbad mit Parkanlage, die ein flaches Teichbecken mit Fontäne bekam, für die beschädigte Badeanstalt an der Gerichtsstraße errichtet. Für die heutigen Verhältnisse wirkt es beengt, aber die Ruhrstraße war bis 1945 noch nicht so breit. Bernd-Peter Remmers

Ich kann mich nicht mehr bewusst an die Zeit erinnern (1938 oder 39), in der meine Mutter mich beim Sonntagsspaziergang im Voßschen Garten fotografiert hat. Wir wohnten im Stadtzentrum und der kleine, aber feine Park war immer wieder unser Ziel. Viel deutlicher habe ich einen Besuch zwei oder drei Jahre später im Voßschen Theatersaal, der zum Hotel gehörte, vor Augen. Ich sehe noch heute lebhaft die Szenen aus dem Märchen „Schneeweißchen und Rosenrot“ vor mir, in denen die beiden Mädchen mit dem Bären schäkern und irgendwann später der Prinz sich aus dem Bärenfell befreite. Walter Pistorius

Weiße Kieselwege

1941 oder 1942 saß ich oft mit meiner Mutter hier, wir schauten auf die schönen weißen Kieselwege und den Springbrunnen, redeten von Papa, der im Krieg war. Genannt wurde die Grünanlage „Voss Garten“ nach dem „Hotel Voss“. Nach der Bombardierung 1944 war vieles zerstört. Aber vergessen kann man die damalige Anlage nicht. Doris Schade, Jahrgang 1936

Der Springbrunnen stand einst im Voß’schen Garten. Um 1900 fehlte in der Stadt eine Grünanlage, in der sich ältere und weniger gehfähige Leute aufhalten konnten. Das einzige in Frage kommende Gelände war das dem Hotelbesitzer Peter Voss gehörige, von Ruhr-, Schiller-, und Gerichtsstraße eingefasste Grundstück. 1906 kaufte die Stadt das Grundstück und gestaltete es zu einer öffentlichen Grünanlage, die auch heute noch unter dem Namen Voß’scher Garten bekannt ist. Monika Bruchsteiner

Wasserleitung wurde noch einmal berühmt

Die beiden Häuser in der Mitte mit den großen Bäumen stehen noch. Heute ist der Voss’sche Garten etwas öde. Den vorherigen Zustand fand ich schöner mit dem alten Stadtbad und den Fontänen.
Rainer Kracht, 61 J.

Reste der Wasserleitung des Springbrunnens erregten im Dezember 2016 erhöhte Aufmerksamkeit, da sie sich mit Hilfe von Luftbildern aus dem Zweiten Weltkrieg als mögliche Blindgänger ausgaben. Christina Wildvang

Station für Kutschen und Lastfuhrwerke

Zur Historie dieses Hauses ist bekannt, dass es 1789/1790 erbaut wurde von Johann Peter Voß. Es erhielt den Namen „Zum König von Preußen“, lag am südlichen Rand des Dorfes Witten, das etwa 140 Häuser zählte.

Es war für die damalige Zeit ein großes Gebäude mit einer Breite, Länge und Höhe von jeweils 14 Metern. Dazu gab es eine Stallung zur Unterbringung von zwölf Pferden und der Wagen, ferner eine Schnapsbrennerei. Das Gasthaus bot Übernachtungsmöglichkeiten für etwa 14 Gäste. Es diente lange vor allem dem Überlandverkehr von Reisekutschen und Lastfuhrwerken als Raststation, hinzu kamen Besucher aus Witten und Umgebung. Die Blütezeit erlebte das Gasthaus unter Johann Peter Voß, dem Enkel des Erbauers, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es war die Zeit der einsetzenden Industrialisierung. Die Schnapsbrennerei wurde eingestellt, ein Weinhandel begonnen. Nach der Eröffnung der Eisenbahn 1848 wurde ein Abhol- und Bringedienst eingerichtet, wobei der Kutscher in Livree den Rang des Hauses erkennen ließ. Zu jener Zeit zählte das Gasthaus zu den sieben führenden Westfalens.

Praktisch alle gesellschaftlichen Ereignisse fanden im Hotel Voß statt, wobei auch der Name „Zum König von Preußen“ bestehen blieb. Aktiengesellschaften und Vereine wurden hier gegründet, es wurden dort der Geburtstag des Königs von Preußen bzw. des Deutschen Kaisers gefeiert, jedoch auch Hochzeiten und Geburtstage sowie große sportliche Ereignisse wie ein Radrennwettkampf, der mit einem Ball im Hotel Voß endete.

Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens

Während der Ballsaison war dieses Hotel ein überregionaler Treffpunkt. Für den Sommer wurde die Kapazität unter Einbeziehung des Gartens mit 2500 Personen angegeben, der Festsaal alleine fasste 800. Unter einem Halbrunddach spielten Musikkapellen. Der Blumenschmuck für die Tische und Räume kam aus einem eigenen Gewächshaus, Voß ließ jedoch beispielsweise zum Pfingstfest zusätzlich Flieder aus Nizza kommen

1906 wurde der Voß’sche Garten von der Stadt Witten übernommen. Kurze Zeit später wurde die Familie Voß von mehreren Schicksalsschlägen getroffen. 1918 wurde das Hotel verpachtet. 1927 ging es in den Besitz der Stadt über. Mit seinem Festsaal entwickelte es sich zu Wittens Kulturzentrum und firmierte als Städt. Saalbau. Prof. Dr. Walter Gehlen

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag von Prof. Gehlen ist ein Auszug seinem Vortrag zur Einweihung des Hauses am Voß’schen Garten 2007.