Witten. . Trotz Gewalt und Vandalismus gilt er nicht als Brennpunkt für Kriminalität. Andere Städte und Privatleute haben Erfolg mit Videoüberwachung.

Seit August lässt Bahnhofsbesitzer Markus Bürger das Gebäude innen und außen von Kameras überwachen. „So konnten wir der Polizei schon bei der Aufklärung von zwei Suiziden oben auf den Gleisen und zwei Diebstahlfällen helfen“, lautet seine positive Bilanz. Auch Graffiti-Schmierer haben sich seither verdünnisiert.

In der Hevener Kita Neddenbur war Vandalismus ebenfalls ein großes Thema. Mehrfach wurde eingebrochen. Aber seit das Gebäude durch Videokamera am Eingang, Scheinwerfer und Alarmanlage gesichert ist, herrscht Ruhe. Wie erfolgreich sich mit solchen Mitteln Kriminalität bekämpfen lässt, zeigt sich auch in anderen Ruhrgebietsstädten.

Regelmäßig von Sprayern verschmiert werden die Scheiben der Bushaltestelle, aber auch viele andere Stellen auf dem Rathausplatz.
Regelmäßig von Sprayern verschmiert werden die Scheiben der Bushaltestelle, aber auch viele andere Stellen auf dem Rathausplatz. © Barbara Zabka

An einem Brennpunktplatz in Duisburg-Marxloh etwa, wo nun seit einem Jahr eine ganze Batterie von Kameras hängt. Im Schnitt zehnmal pro Monat haben sich dort aus der Beobachtung der Kameras polizeiliche Einsätze ergeben. Daraus resultierten 84 Strafverfahren wegen Diebstahls, Körperverletzung, Sachbeschädigung.

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Solcher Delikte sind auch auf dem Wittener Rathausplatz Alltag. Regelmäßig werden die Scheiben der Bushaltestelle zertrümmert oder von Sprayern großflächig beschmiert, aggressive Jugendgruppen haben den Platz gerade an warmen Abenden unter ihrer Kontrolle, so dass viele Bürger mit mulmigem Gefühl einen Bogen um sie machen.

Im Juli wurde dort sogar ein Zivilpolizist von einem 19-Jährigen zu Boden geschlagen und getreten. Anschließend solidarisierten sich 25 Männer mit dem Täter. „Aber das reicht nicht für eine Platzüberwachung durch Kameras“, sagt der auch für Witten zuständige Bochumer Polizeisprecher Volker Schütte.

Denn dazu müsse der Rathausplatz als Brennpunkt eingestuft werden. „Das ist selbst das Bochumer Bermudadreieck nicht, wo viel mehr Taten begangen werden“, so der Polizeisprecher. Im ganzen Bochumer Polizeibezirk, zu dem neben Witten auch Herne gehört, gebe es auf keinem öffentlichen Platz Kameraüberwachung wie etwa in Duisburg oder Essen. Bei solchen Überwachungen gilt immer die Abwägung zwischen Kriminalitätsbekämpfung und Persönlichkeitsrecht unbescholtener Bürger, die zum Beispiel bei einer Platzüberquerung mit aufgenommen werden, ohne dass sie es wollen.

Selbst das teure Sicherheitsglas der Haltestelle auf dem Rathausplatz wird regelmäßig zertrümmert. Und alle Bürger müssen dafür zahlen.
Selbst das teure Sicherheitsglas der Haltestelle auf dem Rathausplatz wird regelmäßig zertrümmert. Und alle Bürger müssen dafür zahlen. © Barbara Zabka

Deshalb werden auch die Bilder, die von der Webcam des Rathauses aufgenommen werden, alle 15 Minuten überschrieben. Sie befindet sich auf Höhe des großen Ratssaales in der ersten Etage. Jeder kann sich das jeweils aktuelle Bild auf der Wittener Stadtseite ansehen. „Denn die Webcam dient nicht der Überwachung“, betont Stadtsprecherin Lena Kücük, „sondern Bürgern, die sehen möchten, was so in der Wittener City los ist.“

Kommentar zum Thema Kameraüberwachung 

Wohl niemand möchte auf Schritt und Tritt von Kameras verfolgt werden. Aber davon ist Witten auch weit entfernt. Doch es gibt durchaus Ecken, zu denen neben dem Rathausplatz auch das Umfeld des Rheinischen Esels an der Erlenschule gehört, wo Vandalismus, Drogen und Gewalt bedenkliches Ausmaß annehmen.

Weil die Polizei nicht rund um die Uhr überall schnell genug vor Ort sein kann, wären Kameras durchaus angebracht, um Täter aufzuzeichnen. Der Erfolg solcher Maßnahmen in Duisburg und der Bundestagsentscheid vom März 2017, Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen aus Sicherheitsgründen zu erleichtern, weisen in die richtige Richtung.

Und ist ein Platz erst dann krimineller Brennpunkt, wenn wie in Duisburg zehn stramme Polizeieinsätze im Monat vorliegen? Also warum sollen Städte mit Videoüberwachung warten müssen, bis solche Zustände eingetreten sind?