Witten. . Viele, die zu den Ruhrtalengeln kommen, schätzen die Gemeinschaft. Ähnlich geht es Wohnungslosen bei einer Grill-Aktion von „Steffi hilft“.
Wenn in den festlich geschmückten Wohnzimmern unserer Stadt die leckere Gans oder der edle Fisch auf die Teller kommt, was essen dann eigentlich die Menschen, denen es nicht so gut geht? Wir besuchten das Weihnachtsessen der Ruhrtalengel und das Grillen für Obdachlose am Mühlengraben.
„Die ersten waren schon vor uns hier, als wir um elf Uhr aufgebaut haben.“ sagt eine der 35 ehrenamtlichen Helferinnen beim Weihnachtsessen der Ruhrtalengel. Und so sind die Bänke und Tische in der Annener Halle schon gut gefüllt mit zufriedenen Menschen, die Braten, Rotkohl und Kartoffeln verputzen, als es um 13 Uhr los geht mit Festmusik von der Bühne.
Freundin wollte erst überzeugt werden
Christel Papirowski (66) ist zum zweiten Mal hier, nachdem vor zwei Jahren ihr Mann gestorben ist und sie nun alleine lebt. Ihre Freundin, die sie heute zum ersten Mal mitgebracht hat, musste sie erst überreden. Sie hat ihren Kindern nicht gesagt, wo sie ist, weil es ihr irgendwie unangenehm war. „Ich wusste ja nicht, was für Leute hierherkommen und ob ich denen nicht vielleicht etwas wegesse, was die nötiger haben.“ Christel Papirowski konnte sie überzeugen: „Hier habe ich Unterhaltung und man kommt von zu Hause raus.“
Schnell haben sich die beiden älteren Damen mit der fünfköpfigen Familie am Tisch angefreundet und sich sogar schon sofort zum nächsten Flohmarkt verabredet. Das junge Ehepaar ist mit den beiden Töchtern (neun und elf) und dem kleinen fast dreijährigen Sohn hier. Sie wollen lieber ihren Namen nicht in der Zeitung lesen.
Schnell mit Familie angefreundet
„Es ist hier gleich um die Ecke. Wir wollten eigentlich gar nicht kommen, weil es immer so ein bisschen peinlich ist.“ Da sie beide in Annen groß geworden sind, kennen sie dann aber doch einige Gesichter und sind jetzt ganz glücklich hier. „Wir sind ja nicht die Einzigen hier und alle hier freuen sich über das gute Essen.“ Deswegen möchte die Familie mit den beiden Töchtern im nächsten Jahr auch gerne wiederkommen. Sie alle haben das anfängliche Unwohlsein schnell überwunden. Denn es sind alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten vertreten.
Fee Rama macht seit fünf Jahren als ehrenamtliche Helferin beim Weihnachtsessen der Ruhrtalengel mit. „Ich erfahre hier ganz viel Liebe. Die Leute sind dankbar, dass sie einen Tag mit Musik und leckerem Essen erleben können.“ Und dann ergänzt sie mit strahlenden Augen: „Wenn ich dann heute Abend kaputt ins Bett falle, weiß ich wofür ich das mache.“
Kochen in der Unterkunft für Wohnungslose
Unterdessen bauen am Mühlengraben etwa zwölf fleißige Helfer Tische und Zelte auf, um für die Wohnungslosen eine kleine Weihnachtsfeier zu gestalten. Ein Tannenbaum wird herangekarrt und liebevoll geschmückt. Ehemalige und aktuelle Bewohner der Unterkunft helfen fleißig mit. Sheen ist erst seit ein paar Monaten hier. Aber Steffi von „Steffi hilft“ kennt er schon lange. Sie begrüßen sich herzlich, wie auch Tarek, Sabrina und Marcel.
Cerstin Hartmann ist dazugekommen, weil sie etwas tun wollte. „Alle meckern immer, dass allen geholfen wird, nur den Obdachlosen nicht. Da habe ich mich entschlossen, dieses Jahr mache ich was.“ In der Zeitung hat sie von Steffis Plan gelesen, die Wohnungslosen zu bekochen. Es gibt Rotkohl, Klöße, Bratwurst und Hühnchenschlegel vom Grill, dazu Glühwein. Für Steffi ist es wichtig, an die Menschen zu denken, denen es nicht so gut geht. Die Weihnachtsfeier ist eine private Aktion. „Wir möchten einfach menschlich sein und zeigen, dass wir an die Leute hier denken.“
Zwei haben wieder eine Wohnung
Tarek und Marcel haben schon wieder eine Wohnung, kommen aber dennoch gerne, weil sie das Gemeinschaftsgefühl lieben. Sheen und sein Kumpel sind noch im Mühlengraben gemeldet und suchen nach einem eigenen Zuhause. Es ist nicht so einfach, einen Vermieter zu finden, wenn man vorher hier gemeldet war. Sie alle sind irgendwann aus der Spur gekommen und man merkt ihnen an, dass sie darum kämpfen, wieder selbstständig klarzukommen.
Sheen freut sich dabei mehr über die gute Stimmung als über das Essen. „Verhungern müssen wir ja nicht. Aber es ist schön, mit allen gemeinsam zu essen. Steffi steht inmitten ihrer Freunde und Mitstreiter und ist glücklich. „Das ist für mich Weihnachten. Auf heute habe ich mich am allermeisten gefreut.“