Witten. . Forscherteam der UW/H hat Führungskräfte in Krankenhäusern befragt. Für viele wird es immer schwerer, mit dem ökonomischen Druck umzugehen.

Führungskräfte im Krankenhaus haben immer mehr Probleme, mit dem wirtschaftlichen Druck in ihrer Klinik umzugehen. Das haben Forscher der Universität Witten/Herdecke (UW/H) herausgefunden. Für eine Studie haben sie die Geschäftsführer, ärztlichen Direktoren und Pflegedienstleiter von 15 Krankenhäusern unterschiedlicher Trägerschaft befragt.

Laut Projektleiter Prof. Dr. Werner Vogd müssen diese Personen unter einem enormen finanziellen Druck eine gute und medizinisch vertretbare Patientenbehandlung gewährleisten – und gleichzeitig einigermaßen akzeptable Arbeitsbedingungen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, würden sie verschiedene Strategien anwenden.

Es gibt verschiedene Strategien

Einige hätten einen betriebswirtschaftlichen Tunnelblick entwickelt. Sie würden die Spannungslage zwischen Wirtschaft und Medizin ignorieren oder sogar leugnen. Andere wüssten um die missliche Lage und versuchten, die Spannungen zu verringern. Eine dritte Gruppe sei sich der Systemzwänge ebenfalls bewusst, aber sehe sich selbst als Opfer. Wie Prof. Dr. Werner Vogd sagt, nehmen diese Führungskräfte „oftmals zynische Haltungen ein oder neigen dazu, nur noch ,auf Distanz’ zu managen, um nicht so stark mit den offensichtlichen Problemen der ökonomischen Zurichtung des Krankenhauswesens konfrontiert zu werden.“

Für die Zukunft stelle sich die Frage, wie lange der existenzielle Druck auf Krankenhäuser noch aufrecht erhalten werden darf, ohne dass die professionellen Kulturen ernsthaft Schaden nehmen. Eine Strategie, den wirtschaftlichen Druck aus dem System heraus zu beseitigen, gebe es dabei nicht.

Ethischer Mittelweg ist schwer

Laut Vogd legen die Untersuchungen nahe, dass zumindest im Bereich der Pflege dieser Punkt vielfach schon überschritten ist. Auch im ärztlichen Bereich fehle nicht mehr viel. „Die Trägerschaft spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle“, sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie an der UW/H.

Wolle man die bestehenden Probleme beheben, müsse man das System von außen verändern, zum Beispiel, indem man den Krankenhäusern über fünf Jahre ökonomische Planungssicherheit gebe. Dann hätten sie die Chance, andere Baustellen anzugehen – etwa die Intensivstationen oder das Thema Hygiene. Dafür müsse allerdings die Politik aktiv werden.

Wie herausfordernd es für die Krankenhäuser ist, zwischen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und professionellen Ansprüchen einen ethisch vertretbaren Mittelweg zu finden, darüber hat Prof. Dr. Werner Vogd auch ein Buch geschrieben. Darin versucht er zu erläutern, warum dies unter den gegebenen Verhältnissen vielen Führungskräften nicht mehr gelingt.