Witten. . Für das Jamaika-Aus in Berlin machen sich Politiker vor Ort gegenseitig verantwortlich. Die SPD bleibt bei klarer Absage an eine große Koalition.
- Politiker vor Ort schieben sich die Verantwortung für das Jamaika-Aus gegenseitig zu
- Liberaler sieht die SPD jetzt wieder in der Pflicht
- Deren Chef bleibt bei einer klaren Absage an eine große Koalition
„Der Schritt war angesagt und konsequent“ kommentiert Steffen Fröhlich, Vorsitzender der FDP im Wittener Rat, die Absage der Liberalen an eine Jamaika-Koalition in Berlin. Verantwortlich für das Scheitern der Sondierungsgespräche sei aber nicht allein die FDP. Er gibt den Schwarzen Peter zurück.
„Für mich waren dafür eindeutig die CSU, namentlich die Herren Scheuer und Dobrindt, und die Grünen mit Trittin verantwortlich“, sagt Fröhlich. Dieses Trio habe in der vierwöchigen Sondierungszeit für ein verbales Störfeuer gesorgt. Den Hauptgrund für das Scheitern sieht der FDP-Chef darin, dass sich zwischen den möglichen Jamaika-Partnern kein belastbares Vertrauensverhältnis entwickelt habe.
Weber (FDP): Situation war verfahren
„Auf allen Seiten war das Vertrauen gestört“, wehrt sich auch der Herdecker Jürgen Weber, FDP-Kandidat bei der Bundestagswahl, gegen eine alleinige Schulzuweisung an die Freidemokraten. Ein von der FDP-Spitze angeblich bewusst herbeigeführtes Platzenlassen einer Jamaika-Koalition weist er ebenfalls zurück. Die FDP habe nur in einer verfahrenen Situation nach entnervenden Dauerdiskussionen als Erste die Konsequenzen gezogen. „Sie ist nur der Überbringer der schlechten Nachricht, dem jetzt der Kopf abgeschlagen werden soll.“
Auf der Suche nach Alternativen zu Jamaika sieht Weber jetzt besonders die SPD in der Pflicht. „Die hat sich doch als die zweitgrößte Partei komplett rausgenommen und uns zu diesen Gesprächen gezwungen.“ Er hält eine große Koalition unter anderen Vorzeichen für möglich. „Aber dann eine ohne Merkel und ohne Schulz.“ Eine große Koalition „wäre schlecht für Deutschland“, glaubt der Herdecker. „Aber darauf könnte es jetzt hinauslaufen.“
Schäffer (Grüne): Ball liegt bei Angela Merkel
„Wir Grüne waren bereit, Verantwortung zu übernehmen, und haben deshalb Kompromisse angeboten, die für uns schmerzhaft waren“, zieht die Wittener Landtagsabgeordnete Verena Schäffer Bilanz. Letztendlich wären Christian Lindner und die FDP aber nicht in der Lage gewesen, sich zu bewegen. Sie hätten sich stattdessen „für die Verantwortungslosigkeit entschieden“. Die Grünen wollen die Situation auf ihrem Parteitag am Samstag in Berlin beraten. Schäffer: „Der Ball liegt jetzt aber vor allem bei Angela Merkel. Auch die SPD kann sich ihrer Verantwortung nicht entziehen.“
Braukiepe: CDU will weiterhin Verantwortung übernehmen.
Ralf Brauksiepe (CDU) ist enttäuscht, dass die Jamaika-Sondierungen gescheitert sind. „Es macht Sinn, dass jetzt alle einmal nachdenken“, so der CDU-Bundestagsabgeordnete. „Wir stehen auf jeden Fall bereit und wollen weiterhin Verantwortung übernehmen.“ Gespräche habe es gegeben und werde es geben – „aber wir haben so etwas in 70 Jahren Bundesrepublik noch nicht erlebt“.
Wittens SPD-Chef und Bundestagsabgeordneter Ralf Kapschack sieht die Situation für seine Partei „nicht grundlegend verändert“. Einer Neuauflage einer großen Koalition erteilt er weiter eine Absage, einer Minderheitsregierung nicht. „Das ist anstrengend und mühselig. Es geht auch nicht für vier Jahre. Aber man sollte das mal ausloten.“
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Kapschack (SPD): FDP hat das Aus „inszeniert“
„Ich haben den Eindruck, dass die FDP das Aus der Sondierungsgespräche bewusst inszeniert hat“, sagt Kapschack zum Scheitern einer möglichen Jamaika-Koalition.
Die Liberalen seien keine Kompromisse eingegangen. Sie hätten auf Maximalforderungen gepocht und dabei „zum Teil sogar die CSU rechts überholt“. Mit dem Scheitern von Jamaika habe er nicht gerechnet. Er bleibe aber bei dem, was er persönlich schon vor der Wahl gesagt habe. Kapschack: „Es sollte keine Fortsetzung der großen Koalition unter Führung der CDU geben.“ Kapschack: „Der Wähler hat die SPD und damit die große Koalition klar abgewählt.“ Allen Partnern bei den Jamaika-Sondierungen sei seit dem Wahlabend klar gewesen, dass die SPD dafür nicht zur Verfügung stehe. Ihrer staatspolitischen Verantwort sei jetzt „in erster Linie die FDP nicht gerecht geworden“.
Kapschack sieht sich nicht als „Freund von Neuwahlen“. Gebe es keine andere Option, müsse es aber dazu kommen. Eine Minderheitsregierung würde er nicht ausschließen. In anderen Ländern wie Skandinavien sei sie gängige Praxis. Und: „Sie würde das Parlament aufwerten, weil immer nach neuen Mehrheiten gesucht werden müsste.“