Witten/Bochum. . Die Ruhrtalbahn GmbH und das Eisenbahnmuseum Dahlhausen überwerfen sich. Züge sollen im Ruhtal weiter rollen, aber das genaue Angebot ist offen.
- Die Ruhrtalbahn GmbH und das Eisenbahnmuseum Dahlhausen haben sich überworfen
- Es geht um Kosten, aber auch um einen professionellen oder ehrenamtlichen Betrieb
- Züge sollen weiter durchs Ruhrtal rollen, aber das genaue Angebot ist offen
Das Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen und die Ruhrtalbahn GmbH gehen ab 2018 getrennte Wege. Nostalgiefahrten mit dem Schienenbus, aber auch mit dem Dampfzug auf der Museumszugsstrecke soll es jedoch weiterhin geben. Auch neue Angebote sind denkbar, etwa Schienenbusfahrten ab Witten Hbf übers heimische Viadukt. Die beiden bisherigen Partner treten dabei künftig als Konkurrenten an – auch um die Gunst der Fördermittelgeber.
2005 hatte Stefan Tigges (51), Ex-Marketing-Mann bei der Deutschen Bahn, die Ruhrtalbahn GmbH gegründet. Sie gehört zur Hälfte ihm selbst, zur Hälfte dem Eisenbahnmuseum. Noch. Das Museum wird die Zusammenarbeit aber nicht fortsetzen und verkauft seine Anteile Ende 2017 an Tigges. Zu den Gründen äußeren sich beide Seiten verhalten. Sie wollen öffentlich nicht noch mehr Porzellan zerschlagen als nötig. Zum einen geht es ums Geld.
Tigges: Miete sollte verdoppelt werden
Die Ruhrtalbahn buchte bisher die Dampflok und die historischen Wagen beim Eisenbahnmuseum bzw. bei dessen geschäftlichem Ableger, der DGEG Bahnen & Reisen Bochum AG. Diesen Mietpreis habe das Museum verdoppeln wollen, sagt Tigges. Das hätte die Ruhrtalbahn „in die Insolvenz“ getrieben. „Die Forderung war so hoch, dass sie mit dem Erlös aus den Zuschüssen nicht hätte bezahlt werden können.“
Harald Reese (54), ehrenamtlicher Leiter des Eisenbahnmuseums und Vorstand der Geschäftstochter DGEG, verweist auf „deutlich gestiegene Kosten“, ohne die Forderung zu beziffern. Die Vergütung habe nicht mehr in der richtigen Relation gestanden. Allgemein verweist er auch auf die anstehende Hauptuntersuchung der Preußischen P8, Zugpferd der Museumsbahn, die trotz hoher Eigenleistung mehr als eine halbe Million kosten werde. Zum anderen geht es aber um einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Geschäft und Ehrenamt.
Jährlicher Zuschuss von 220 000 Euro
Geschäftsmann Tigges verweist darauf, dass er den Museumszug zum „Modell mit bundesweitem Vorzeigecharakter“ entwickelt habe. 70 Fahrtage im Jahr könne man aber nicht mehr nur ehrenamtlich stemmen. Er setzte auf einen „halbprofessionellen Betrieb mit ehrenamtlichen Stützen. Und es hat funktioniert“. Die Ruhrtalbahn GmbH bekommt 220.000 Euro an Zuschüssen, erzielt etwa noch mal so viel durch den Ticketverkauf. Die Ruhrtalbahn hat ein Ticketbüro in Mühlheim, zahlt Zugführern und -begleiten eine Aufwandsentschädigung und ihrem Geschäftsführer Tigges ein Gehalt von rund 70 000 Euro.
Die etwa hundert Ehrenamtlichen leisteten übers Jahr 25 000 bis 27 000 Stunden Einsatz fürs Museum „und sind mit Leib und Seele dabei“, sagt Museumsleiter Harald Reese. Aus dieses Kreis werde gefordert, dass dann aber auch jeder eingenommene Euro dem Museum zugute komme. „Das war aber in dieser Konstellation nicht mehr der Fall.“
Museum will Strecke bis Wenger-Ost selbst bedienen
Reese kündigte an, dass das Eisenbahnmuseum die klassische Museumszugstrecke vom Museum bis Wengern-Ost 2018 selbst bedienen werde. Stefan Tigges will auf einem Teil der Strecke und auf anderen Touren den eigenen Schienenbus, aber vielleicht auch einen angemieteten Dampfzug rollen lassen.
Die Ruhrtalbahn GmbH von Stefan Tigges hatte das Fahrangebot seit 2005 ausgebaut. Der Schienenbus pendelte zuletzt an 60 Tagen im Jahr zwischen dem Eisenbahnmuseum Dahlhausen und Hagen Hbf. Zwölf Dampfzugtage kamen hinzu. Beide Angebote zusammen zogen laut Tigges 35 000 bis 40 000 Bahnfans im Jahr an. Angefangen habe man mit 25 000 bis 30 000 Fahrgästen. Wie soll es nun nach dem Ende der Partnerschaft zwischen Ruhrtalbahn und Museum 2018 weitergehen?
Die Lokomotive muss durch die Hauptuntersuchung
„Tigges fährt für sich und das Eisenbahnmuseum fährt für sich“, sagt Museumschef Harald Reese. Das Museum wird die klassische Museumszugstrecke mit seinen Ehrenamtlichen selbst befahren – aber wie früher verkürzt auf das Stück bis Wengern-Ost. „Diese Strecke sind wir schon vor 35 Jahren gefahren“, so Reese. Also schon vor Tigges’ Zeiten. Preußische P 8 und Nostalgiewagen sind Eigentum des Museums.
Man ziele darauf, elf bis zwölf Fahrten unter Dampf hinzubekommen, sagt Reese. Das hänge auch davon ab, ob man die Lok rechtzeitig durch den TÜV bekomme. Andernfalls werde eine Diesellok eingesetzt. Reese: „Das funktioniert aber nur mit öffentlichem Zuschuss. Wenn wir die Zuwendungen dafür bekommen, fahren wir auch häufiger.“ Das Museum werde außerdem weiterhin Tagessonderfahrten zu Zielen in ganz Deutschland anbieten.
Schienebus soll über Wittener Viadukt fahren
Stefan Tigges von der Ruhrtalbahn GmbH gehört der rote Schienenbus. Er will ihn 2018 ab Witten Hauptbahnhof einsetzen. Der Oldie soll übers Bahnviadukt (Wetterstraße) nach Wengern-Ost fahren, dort die Richtung wechseln und bis Hattingen Bahnhof fahren. Tigges: „Es gibt viele Leute, die da mitmachen wollen, etwa die Eisenbahnfreunde Witten.“ Offen sei, ob man diese Strecke bis Hagen verlängern könne. Alles hänge auch von den Zuschussgebern ab, hier von Hagen. Zusammen haben Hagen, EN-Kreis und Bochum bisher jährlich 220 000 Euro zugeschossen. Die politischen Entscheidungen stehen gerade an.
Seinen Schienenbus will Tigges auch auf Schienenkreuzfahrten durchs Ruhrgebiet einsetzen. Er denkt ebenfalls über neue Dampfzugfahrten nach, zumal er künftig nicht mehr per Gesellschaftervertrag aufs Ruhrtal beschränkt sei. „Dafür frage ich gerade Leute, die eine Dampflok haben, ob sie Lust haben, für uns zu fahren.“ Dabei sei er prinzipiell bereit, auch wieder beim Eisenbahnmuseum anzufragen. „Aber erst, wenn ich weiß, wieviel Geld da ist.“ Übers Wittener Viadukt werden wohl keine Dampfloks rollen. Dafür seien sie zu schwer.
Am Ende hatte die Chemie nicht mehr gestimmt: Hier der Geschäftsmann, der die Nostalgiefahrten professionell vermarktet hat. Dort die Ehrenamtlichen, die das rollende Material pflegen und meiste Personal für die Fahrten stellten.
>> Kommentar von Johannes Kopps: Ein touristisches Glanzlicht
Lange hat diese Ehe – mit öffentlicher Mitgift – funktioniert, zur Freude aller Schienenfans. Jetzt dreht sich die Kostenspirale weiter. Da kriegt mancher, der die Muskelhypothek stemmt, wohl einen dicken Hals, wenn er glaubt, dass ein anderer daran noch verdient.
Nun ist Geschäftserfolg nichts, wofür man sich schämen muss. Im Gegenteil. Der Museumszug stand endlich mal länger auf soliden Beinen. Jetzt fährt er erst mal wieder in eine ungewisse Zukunft. Wichtig ist, dass er weiter rollt – als einer der Touristen-Magneten im Ruhrtal.