Witten. . Vonovia investiert 2,1 Mio. Euro in einstige Thyssen-Wohnungen. Mieterverein befürchtet massive Erhöhungen. Das Unternehmen bestreitet das.

Der Mieterverein Witten schlägt Alarm: Vonovia-Mietern in Heven drohen nach umfangreichen Renovierungen angeblich Mieterhöhungen von fast 60 Prozent. Der Mieterverein wirft dem börsennotierten Unternehmen vor, auf dem Rücken der Mieter die Rendite für seine Anleger in die Höhe zu treiben.

Betroffen von den Plänen sind die früheren Werkswohnungen von Thyssen Edelstahl an der Raiffeisenstraße 1 bis 4 sowie an der Schulze-Delitzsch-Straße 5 bis 15. Vonovia gehören in dem zusammenhängenden Quartier 58 Wohnungen mit zehn Aufgängen. Laut Mietervereinsvorsitzendem Knut Unger wohnen dort viele Arbeiter, Rentner und Erwerbslose mit begrenztem Einkommen. Einige Mieter lebten dort schon seit dem Erstbezug 1962.

Rechenbeispiel

In der Raiffeisenstraße Nr. 1 wurde vor kurzem ein Heizkessel erneuert. Dafür habe Vonovia eine Mieterhöhung von 45,58 Euro monatlich angekündigt. Geplant seien außerdem eine neue Fassadendämmung sowie die Sanierung von Dächern und Hausfluren. Nach dem Abschluss der Arbeiten im nächsten Jahr soll die Miete um weitere 149,53 Euro klettern. Die Grundmiete eines Ehepaares dort steige von 330,62 Euro um insgesamt 195,11 Euro, also um 59 Prozent.

Vonovia-Sprecherin Bettina Benner stellte das auf Anfrage der WAZ klar in Abrede: „Es gibt keine Erhöhungen von 60 Prozent.“

Das Unternehmen rechne den Mietern vor, dass sie durch die energetischen Modernisierungen 36,30 Euro an Energiekosten sparen könnten, so Unger. Das sei aber unrealistisch. Das Ehepaar zahle schon jetzt nur 48 Euros fürs Heizen. Realistisch sei eine Ersparnis von etwa zehn Euro im Monat. Die Bruttowarmmiete steige somit durch die Modernisierung unterm Strich von jetzt 520 auf 704 Euro. Unger: „Das ist ein Betrag, der viele der jetzigen Mieter überfordern wird.“ Eine mäßige Mieterhöhung von 80 Euro sei für sie vielleicht noch akzeptabel, aber keine Anhebung in dieser Höhe.

Renovierungsbedarf ist unbestritten

Der Mieterverein wirft Vonovia auch vor, dass „die Mieter mit den Modernisierungen längst fällige Instandhaltungen bezahlen sollen“. Auch das führe zu Unmut. Den hohen Handlungsbedarf selbst zweifelt Unger gar nicht an. Die ehemaligen Werkswohnungen wiesen „zahlreiche Mängel und einen altersbedingten Verschleiß“ auf. Hauseingänge, Dächer und Fassaden seien schon lange erneuerungsbedürftig. Die 1982 eingebauten Doppelfenster seien oft so schadhaft, dass sie von innen beschlagen. In etlichen Wohnungen gebe es an Wärmebrücken Schimmelschäden. Diese hätte man durch eine rechtzeitige Wärmedämmung vermeiden können.

„Wir möchten gerne, dass sich unsere Kunden in unseren Wohnungen lange wohlfühlen, deshalb investieren wir in unseren Bestand, um weiterhin zeitgemäßen Wohnraum anbieten zu können“, sagt Vonovia-Sprecherin Bettina Benner. Die meisten Mieter hätten die Maßnahmen bei einem Treffen im Vorfeld im Übrigen positiv aufgenommen.

Vonovia: „Kappen“ Anstieg freiwillig

„Wir trennen selbstverständlich klar zwischen Modernisierung und Instandhaltung“, so die Sprecherin. Vonovia investiere insgesamt 2,1 Millionen Euro in die 58 Wohnungen. Die Hälfte fließe in die Instandhaltung, werde daher vom Unternehmen selbst getragen. Von den Modernisierungskosten darf Vonovia vom Gesetz her elf Prozent auf die Miete umlegen. Diesen Spielraum werde man aber nicht einmal ausschöpfen, sondern diese Umlage freiwillig begrenzen, so Benner. „Wir liegen dann bei einer Durchschnittsmiete von 7,36 €/m2. „Würden wir nicht kappen, läge die Miete bei 7,88 €/m2 .“

>> 1000 Wohnungen in Witten

Mit 353 000 Wohnungen bezeichnet sich Vonovia, hervorgegangen aus dem Zusammenschluss der Deutschen Annington und der Gagfah, selbst als Deutschlands führendes Immobilienunternehmen. Es ist auch das erste, das in den DAX-30-Index aufgenommen wurde. In Witten bewirtschaftet Vonovia rund 1000 Wohnungen.

Der Mieterverein hat Vonovia aufgefordert, mit der Mieterschaft und dem Mieterrat zu verhandeln und die Mieterhöhungen auf ein sozialverträgliches Niveau abzusenken. Am Mittwoch, 25. Oktober, 18 Uhr, findet im Lokal „Zur Dritten Halbzeit“ am Haldenweg in Heven ein Treffen von Mietern mit Vonovia-Vertretern statt.