witten. . Es gibt Sekt und Häppchen. Der Verein „Frauen helfen Frauen EN“ feiert jetzt 25 Jahre Frauenhaus. Deren Bewohnerinnen haben Schlimmes erlebt.

  • Wittenerin gehört zu den Mitgründerinnen des ersten und einzigen Frauenhauses im EN-Kreis
  • Ursprünglich sollte es in Witten entstehen, aber damals habe es der Rat noch nicht für nötig befunden
  • 25 Bewohnerinnen finden mit ihren Kindern Schutz vor meist gewalttätigen Männern

Katrin* kam in einer Nacht- und Nebelaktion an einen anonymen Ort. „Sie wurde so sehr von einer Bande verfolgt und bedroht, dass wir sie aus Sicherheitsgründen weit weg bringen mussten“, erinnert sich Marion Steffens. Sie könnte viele solcher Geschichten erzählen, Geschichten von geschlagenen, misshandelten, vergewaltigten Frauen. Die Wittenerin hat vor 25 Jahren das Frauenhaus im Kreis mit aufgebaut, das sie inzwischen leitet. Heute wird beim Verein „Frauen helfen Frauen EN“ ab 14.30 Uhr in Schwelm gefeiert.

Als Marion Steffens begann, sich in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern für Frauenrechte zu engagieren, war das gesellschaftliche Klima noch anders. „Wir versuchten, ein Frauenhaus in Witten zu gründen. Aber damals hieß es: In Witten werden keine Frauen geschlagen und damit basta“, sagt die 55-Jährige, die sich noch gut an die Anfänge in einem autonomen Frauenzentrum an der Schlachthofstraße erinnert. Zur Not habe man dort auch mal eine Frau übernachten lassen. „Es gab im ganzen EN-Kreis keinen Schutzraum für Frauen, die von Gewalt betroffen waren.“

EN-Kreis kaufte 1992 Gebäude in einer kleineren Stadt

Das änderte sich, als der Kreistag 1992 dann doch ein Einsehen hatte. Eine passende Immobilie war schnell in einer kleineren Stadt des EN-Kreises gefunden. 35 Plätze wurden geschaffen, damals noch in Zimmern mit Etagenbetten. Heute leben die Frauen mit ihren Kindern in Einzelzimmern. Deshalb hat sich die Zahl der Plätze auf 25 verringert. Eines hat sich in all den Jahren nicht geändert. „Wir sind voll“, sagt Steffens. Gleich am Eröffnungstag seien die ersten Frauen eingezogen, in der Mehrzahl mit ihren Kindern.

Gewalt gegen Frauen macht vor keinem Alter, keiner gesellschaftlichen Klasse halt. Deutsche sind genauso betroffen wie Migrantinnen, Frauen von Arbeitern genauso wie die vom Herrn Direktor. „Gerade in höheren Schichten gibt es oft sehr massive Gewalt“, sagt die Sozialpädagogin, die sich vier Stellen mit insgesamt sechs Frauen teilt. Über 2000 Frauen und fast ebenso viele Kinder seien in den letzten 25 Jahren aufgenommen worden.

Manche bleiben ein paar Tage, andere Monate

Manche bleiben vielleicht nur ein paar Tage, um dann bei einer Freundin unterzukommen, andere drei Monate oder länger, bis sie die Kraft finden, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Aber so schlimm die Schicksale auch sind, von der geprügelten Partnerin über ehemalige Zwangsprostituierte bis hin zu Frauen, denen Beschneidung oder Zwangsheirat drohte: Das Frauenhaus ist für viele ein Ausweg. „Viele Frauen schaffen es, sich danach ein gewaltfreies Leben aufzubauen“, sagt Marion Steffens, die die Einrichtung heute leitet.

Viel habe sich durch die Einführung von Hartz IV geändert, weil nicht mehr für alle das gleiche Sozialrecht gelte, auch durch die Jugendförderung in den Ämtern, die sich oft nicht die prügelnden Männer vorknüpfe, sondern die Frauen frage, warum sie ihre Kinder nicht schützen könnten –, und die Digitalisierung. Männer, die ihre Opfer ausfindig gemacht haben, müssten sich nicht mehr vor das Frauenhaus stellen, sagt Steffens. Oft genüge das Smartphone. Aber, versichert sie: „Hier ist einer Frau noch nie etwas zugestoßen.“

*Name geändert