Witten. . Ein Wohnhaus des Fährmanns ist schon auf altem Gemälde zu sehen.Das Bild wurde zwischen 1710 und 1750 gemalt und hängt im Haus Witten.

  • Nachgehakt: Das „Zollhaus“ an der Brücke nach Bommern war ein Fährhaus
  • Ein Wohnhaus des Fährmanns an dieser Stelle ist schon auf einem alten Gemälde zu sehen
  • Das Bild wurde zwischen 1710 und 1750 gemalt und hängt im Haus Witten

Wo

sie recht hat, hat sie recht: Nicht das alte „Zollhaus“, sondern das alte Fährhaus neben der Ruhrbrücke nach Bommern zeigte ein undatiertes Schwarz-Weiß-Foto, das wir am Mittwoch auf dieser Seite veröffentlicht haben. Leserin Christel Elles hat die Redaktion auf diesen Irrtum hingewiesen.

Die „Entschuldigung“ lieferte die Wittenerin (76), die sich sehr für die Ortgeschichte interessiert, gleich mit. Die Quellenlage zu diesem Gebäude sei recht dünn. Deshalb hatte sie dazu schon einmal eigene Recherchen angestellt. Das Ergebnis: Ein genaues Baujahr können man nicht sagen. Aber: „Das Fährhaus stand schon da, als es noch keine Brücke von Witten nach Bommern gab. Die erste Brücke der jüngeren Geschichte wurde ab 1880 gebaut und 1882 eingeweiht. Die heutige Brücke ist die dritte in der Reihe.

Das Gemälde stammt aus dem 18. Jahrhundert

Christel Elles fand ein weiteres wichtiges Indiz, um das Alter des Fährhauses einzugrenzen. Sie entdeckte es auf dem monumentalen Landschaftsgemälde, der „Vedute“, die im Haus Witten im Trauzimmer hängt. „Auf diesem Bild ist das Fährhaus schon zu sehen, links unten in der Ecke“, so Elles. Das Gemälde aus dem Besitz des Märkischen Museums mit dem Titel „Haus Berge mit Haus Steinhausen und dem Dorf Witten“, dessen Maler nicht bekannt ist, ist selbst nicht exakt datiert. Es stammt aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts, zwischen 1710 und 1750 grenzt Christel Elles seine Entstehung ein.

Das Fährhaus liegt auf der Wittener Seite. Unten im Bild ist der Ruhrmannshof zu sehen.
Das Fährhaus liegt auf der Wittener Seite. Unten im Bild ist der Ruhrmannshof zu sehen. © Hans Blossey

Die Wittenerin hat auch das Vermessungs- und Katasteramt in Schwelm kontaktiert. „Auch in der ersten Flurkarte von 1823 ist dieses alte Fährhaus eingetragen“, fand sie heraus. Fährmann und Hauseigentümer war ein gewisser Johann Peter Voß. Er habe in dem Haus von 1825 bis 1868 gewohnt.

Haus könnte 1868 oder schon 1825 erbaut worden sein

Der städtische Denkmalpfleger Florian Schrader geht davon aus, dass das heute noch stehende einstige Wohnhaus des Fährmanns aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Allerdings: „Das Haus ist spätestens 1868 sicher nachzuweisen, vielleicht jedoch schon in Plänen des Jahres 1825.“ Das wurde 1990 festgehalten, als das Ruhrsandstein-Gebäude in die Denkmalliste eingetragen wurde. Und: „Jedenfalls ersetzte es einen älteren Vorgängerbau.“ Fährmann Voß hat also in dem heutigen Haus oder aber im Vorgängergergebäude an selber Stelle gelebt.

1909 gehörte das ganze Anwesen dem Großviehhändler Heinrich Mellmann, dann einem „Direktor Carl Mayberg“, 1927 dann den Städtischen Licht- und Wasserwerken. Diese waren ein städtischer Eigenbetrieb. Laut einer alten Bauakte der unteren Denkmalbehörde musste immer eine Wohnung für den Oberbürgermeister vorgehalten werden. Seit 1889/1990 gehört das Haus den Wittener Stadtwerken.

Fähre kenterte auf Heimweg von Zwiebelkirmes

Von 1704 bis 1883 hat in Höhe der heutigen Brücke eine Ruhrtalfähre ihren Dienst versehen. Laut Stadtführerin Hildegard Priebel gab es zeitweise sogar zwei Fähren: „eine für Pferde und Leiterwagen – eine für die Menschen“.

© Robbert

Zur Zwiebelkirmes habe die Fähre auch immer viele Gäste aus Bommern und Wengern übergesetzt. „Wer abends nicht pünktlich vor Ende des Fährbetriebs da war, musste sich ein Nachtquartier in Witten suchen.“ Zum Fährunglück von 1838, bei dem 42 Menschen starben, weiß Priebel näheres. Ein Kirmesbesucher habe „ein Schweinchen“ gewonnen. „Als er zurück nach Wengern wollte, ist es ihm auf der Fähre ausgebüxt“. Der Versuch, mit vereinten Kräften das Tier einzufangen, habe die Fähre zum Schwanken gebracht.

Bürgermeister von Wengern rettete Leben

Nach einer anderen Überlieferung haben angetrunkene Fahrgäste die Fähre aufgeschaukelt. Sie kenterte, als nach dem Überschwappen einer Welle Panik ausbrach. Priebel geht von dem Zusammenwirken beider Faktoren aus. Zuverlässig überliefert sei auch, dass der Bürgermeister von Wengern, der selbst an Bord der Fähre war, mehreren Menschen das Leben gerettet habe. Dann sei er selbst in den Fluten der Ruhr ertrunken.

>>> Haus steht zum Verkauf

Das alte Fährhaus steht auf dem Gelände des Verbundwasserwerks (Stadtwerke/AVU). Es gibt darin drei Wohnungen. Zwei sind zur Zeit vermietet, eine ist frei. Diese soll aber nicht neu vergeben werden.

Die Stadtwerke möchten sich von der Immobilie trennen. Kaufinteressenten können sich an die Stadtwerke oder die Stadtsparkasse wenden.