Witten. . „Ihre Gesundheit braucht Sie“, sagt der Mediziner Prof. Tobias Esch. In seinem Buch „Der Selbstheilungscode“ beschreibt er, was jeder tun kann.
- „Der Selbstheilungscode“ heißt das neue Buch des Wittener Medizin-Professors Tobias Esch
- Die Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“ hat den Titel als „Wissensbuch des Jahres 2017“ nominiert
- Esch möchte mit seinem Buch Menschen motivieren, für ihre Gesundheit aktiv zu werden
Gesundheit ist ein hohes Gut. Manch einer merkt dies erst, wenn er krank wird, der Körper nicht mehr wie gewohnt funktioniert. Tobias Esch, Medizin-Professor an der Uni Witten/Herdecke, möchte Mut machen, „den eigenen Arzt in sich“ wieder zu entdecken, aktiv selbst etwas für seine Gesundheit zu tun.
Und wenn man erkrankt ist, auch aktiv an der eigenen Gesundung mitzuwirken. Wie das geht und was große wissenschaftliche Studien zeigen, beschreibt Tobias Esch in seinem neuen Buch „Der Selbstheilungscode. Die Neurobiologie von Gesundheit und Zufriedenheit.“
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335 Seiten stark ist es und allgemeinverständlich geschrieben. Ein Buch eines Wissenschaftlers, das vielen Menschen viel geben kann, meint die Redaktion der Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“, die den Titel für das „Wissensbuch des Jahres 2017“ in der Kategorie „Überraschung“ nominiert hat.
Was Stress mit Körper und Seele macht
Esch erinnert an das, was frühere Generationen noch wussten, was heute aber im Glauben an den „Reparaturbetrieb Gesundheitswesen“, an Pillen und Medizintechnik häufig in Vergessenheit geraten ist. In der Leistungsgesellschaft meinten viele, wie eine Maschine funktionieren zu müssen. „Wenn das nicht klappt, soll es der Arzt mit Pillen richten.“ Der Patient kann und sollte bei seiner Gesundung mitwirken, sagt Esch. „Denn jeder ist bei seiner Gesundheit dabei!“
Stress ist eines der zentralen Themen seines Buches. „Die Weltgesundheitsorganisation hat ihn als einen der größten Krankheits-Verursacher im 21. Jahrhundert ausgemacht“, so der Mediziner. Im Buch erklärt er, was Stress mit dem Körper und der Seele macht. „Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und koronare Herzerkrankungen stehen da ganz oben auf der Liste. Stress gilt mittlerweile genauso als Risikofaktor für einen Herzinfarkt wie Rauchen, Diabetes oder Bluthochdruck.“
„Wir sind nicht hilflos ausgeliefert“
Stress könne aber auch Auslöser für Schlafprobleme, Rücken- und Kopfschmerzen sein und die Lust auf Sex rauben. Nicht zuletzt stehe er in Zusammenhang mit Allergien, Haut- und Sucht-Erkrankungen – „Alkohol, Nikotin oder Härteres“. In schweren Fällen gehe Stress auch mit starken Emotionen einher – wie Angst, Aggressionen, Niedergeschlagenheit oder auch Depressionen. „Stress-Bewältigung ist daher ein zentraler Baustein des Selbstheilungscodes.“
Vor allem müsse man erkennen, was einen krank macht. „Denn das ist der Schlüssel zur Gesundheit. Viele Menschen sind heute im Autopilot-Modus unterwegs, hinterfragen nicht mehr, was sie tun, funktionieren, aber agieren nicht mehr.“ Esch betont: „Wir sind aber vielen Dingen nicht hilflos ausgeliefert, sondern können Einfluss auf Prozesse nehmen.“ Etwa durch eigenes Verhalten, das Stress reduziert.
Gestresste essen zu viel, zu fett, zu süß
Stichwort Achtsamkeit. „Auch wenn einem viele Gestresste erklären, warum das angeblich jetzt nicht geht und später auch nicht.“ Ebenso wichtig seien für die Gesundheit ausreichende Bewegung, regelmäßige Entspannung und innere Einkehr sowie nicht zuletzt eine gesunde Ernährung.
Tobias Esch gibt ein Beispiel, verweist auf wissenschaftliche Studien etwa mit tibetanischen Mönchen, die die Kunst des Meditierens beherrschen. „Dabei hat sich gezeigt, dass es möglich ist, allein durch die Kraft unserer Gedanken eine Entspannungs-Reaktion in unserem Körper auszulösen!“ Wer eine Entspannungstechnik wie autogenes Training praktiziere, könne darüber auch einen zu hohen Blutdruck senken. „Das hat natürlich seine Grenzen.
Ein Bluthochdruck-Patient benötigt dann trotzdem Medikamente. Aber man kann und sollte beides tun.“ Gestresste Menschen ernährten sich häufig auch nicht gut. „Sie essen zu viel, zu fett, zu süß.“ Die Folge sei Übergewicht mit all seinen negativen Folgen für den Körper. „Machen Sie den Test, ist man entspannt, ernährt man sich in der Regel besser.“
Mit der Sanduhr im Büro
Der Medizin-Professor praktiziert selbst, was er anderen empfiehlt. Der 47-Jährige macht Yoga, meditiert, fährt gerne und regelmäßig Rad, joggt. Menschen, die ihn in seinem Büro an der Wittener Uni besuchen, zeigt er auch gerne einmal seine Sanduhr. „Sie läuft 30 Minuten durch, danach stehe ich auf und arbeite fünf Minuten im Stehen weiter. Man muss nicht zwölf Stunden auf dem Stuhl sitzen.“
Es gebe vieles, was man mühelos in seinen Alltag integrieren könne, um Körper und Geist, „die eine Einheit sind“, etwas Gutes zu tun. Eschs Botschaft: „Man muss es nur wollen. Denn Gesundheit findet nicht nur nach Feierabend und am Wochenende statt.“
Regelmäßig und moderat bewegen
Das Buch von Tobias Esch ist kein klassischer Ratgeber und kein medizinisches Lexikon, in dem man nachschlagen kann, was man bei einzelnen Beschwerden und Krankheiten zu tun hat. Schon recht sei es kein Ersatz für eine ärztliche Behandlung, betont der Mediziner. Er gibt jedoch Tipps und Anregungen und stellt Übungen vor, mit denen man der Gesundheit etwas Gutes tun kann.
Zum Thema Bewegung rät er: regelmäßig und moderat. Jeder zweite Deutsche treibe keinem Sport. Andere steckten sich dabei zu hohe Ziele, neigten dazu, es zu übertreiben. Sein Tipp: 30 Minuten Bewegung täglich an mindestens fünf Tagen in der Woche – zusätzlich zum normalen Bewegungspensum. Dabei sollten etwa 70 Prozent der Bewegung auf Ausdauertraining ausgerichtet sein – zum Beispiel Schwimmen oder Radeln.
Chronischer Schlafmangel: Das Immunsystem leidet
Sehr wichtig sei auch innere Einkehr und Entspannung. „Früher galten dauerhafte und wiederkehrende Ruhe als Grundbedingungen für körperliches und geistiges Wohlbefinden. Heute sind wir quasi permanent on. Es gehört zum guten Ton, ständig erreichbar und gestresst zu sein.“ Sich zu entspannen, müssten viele erst wieder lernen.
Etwa mit einem Hobby: „Das kann Handarbeit genauso sein wie Chorsingen, Malen oder Yoga.“ Auch Meditation, täglich fünf bis zehn Minuten, sei sehr wirksam, weiß der Arzt aus eigener Erfahrung. Esch gibt Anleitungen unter anderem zur Atemmeditation und zur Meditation im Liegen (Body-Scan).
Thema achtsamer Genuss und gesunde Ernährung: Der Professor empfiehlt die mediterrane Küche, meint aber natürlich nicht Pizza und Döner, sondern viel Obst und Gemüse, viel Fisch und Co.. Nicht zu vergessen: erholsamer Schlaf. „Unser Immun- und Hormonsystem leidet bei dauerhaftem Schlafmangel!“ Nicht zuletzt seien Schlafprobleme ein wichtiges Stress-Warnsignal.
>>> Tobias Esch, Der Selbstheilungscode. Die Neurobiologie von Gesundheit und Zufriedenheit, Beltz-Verlag 2017, 335 Seiten,
19,95 Euro
>>> INFO: PROFESSOR TOBIAS ESCH
- Tobias Esch ist seit 2016 als Professor für Integrierte Gesundheitsversorgung und -förderung an der Universität Witten/Herdecke tätig. Der 47-Jährige hat als Wissenschaftler unter anderem an der Harvard Medical School, der State University von New York und an der Berliner Charité zu Gesundheitsfragen geforscht.
Der gebürtige Bremer erforscht seit vielen Jahren, welche Faktoren neben der etablierten Medizin für Gesundheit und Zufriedenheit entscheidend sind. Sein Buch „Die Neurobiologie des Glücks“ stand 2013 auf Platz eins der Medizin-Bestsellerliste in Deutschland.