Witten. . Mediziner und Autor Dietrich Grönemeyer zeigte den Zuhörern im FEZ, was gegen Stress hilft. Sein Motto: „Turne bis zur Urne“.

  • Mediziner Dietrich Grönemeyer zeigte Führungskräften im Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ), was gegen Stress hilft
  • Das Motto des Autors und Bruders von Sänger Herbert Grönemeyer lautet „Turne bis zur Urne“
  • Wer fit bleiben will, sollte sich bewegen und Haltung bewahren – auch im Büroalltag

„Kein Stress mit dem Stress“ – dieses Thema lockte zahlreiche Führungskräfte, Personalverantwortliche, Geschäftsführer und Unternehmer ins Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) der Uni Witten/Herdecke. Ein Zuschauermagnet war sicherlich auch der Referent selbst – Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer, seines Zeichens Mediziner, Autor und Bruder des Sängers Herbert Grönemeyer.

Eingeladen zu der Veranstaltung hatten die Stadt, die Novitas Betriebskrankenkasse (BKK), die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet und die Verantwortlichen des Projekts „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ (kurz: Psyga). Im Mittelpunkt des Nachmittags stand tatsächlich auch die psychische Gesundheit in der Arbeitswelt: Welche Ansatzpunkte gibt es? Wo liegen Probleme? Und was bedeutet eigentlich Stress?

Zuhörer müssen aktiv werden

Kirsten Budde vom Vorstand der Novitas BKK führte anschaulich ins Thema ein. „Die Zahl der schweren Arbeitsunfälle ist in den letzten Jahren statistisch zurückgegangen. Die heutigen Arbeitsplätze sind nicht mehr so gefährlich. Doch es droht anderes Ungemach“, wie Budde sagt: „Zeitdruck, Verdichtung der Aufgaben, ständige Erreichbarkeit, Multi-Tasking, Mobbing und Leistungszwang.“ Diese Belastungen könne man zwar nicht messen. „Aber die Symptome sind Herzkreislauferkrankungen, Magengeschwüre und Burn-Out.“

Mit seinem lebendigen Vortrag zog der nächste Referent, Dietrich Grönemeyer, die Zuhörer von der ersten Minute an in seinem Bann. Obwohl es kein Konzert „des kleinen Bruders Herbert“ war, blieb keiner der Anwesenden auf dem Stuhl sitzen. Laut Grönemeyer gibt es negativen Stress, der den Menschen das Herz bricht, und positiven Stress, der beflügelt. „Nicht der Stress nimmt zu, sondern die Dimension hat sich verändert. Wir müssen lernen, damit umzugehen“, sagt Grönemeyer.

Referent macht Turnübungen vor

„Fit bis Hundert zu sein“, sei eigentlich nur eine Frage der Haltung. Wer mit eingesunkenen Schultern und verkniffenen Lippen durchs Leben „tapse“, habe die Freude am Leben fast verloren. Wer sich aufrichte und tief durchatme, spüre dagegen plötzlich wieder neue Energien. „Wir sitzen, sitzen und sitzen. Das drückt auf unsere Organe“, sagt Grönemeyer. „Wenn wir uns nicht bewegen, werden wir lahm. Wir werden dann auch lahm im Kopf.“ Für Grönemeyer ist Sitzen das neue Rauchen.

Da sich auch Gehirn- und Nervenzellen durch Bewegung und Durchblutung erneuern können, ist sein Motto „Turne bis zur Urne“. Als er das sagt, geht ein verhaltenes Lachen durchs Publikum. Aber damit nicht genug. Alle müssen aufstehen und mit ausgestreckten Armen „Äpfel pflücken“ und das „Fallobst“ ohne Kniebeuge wieder aufsammeln – nicht die einzige „Turnübung“ des Nachmittags, die Grönemeyer gekonnt vormacht.

Bewegung ist gut fürs Hirn

„Niemand kann dem Tod ein Schnippchen schlagen“, sagt der Professor. „Aber unsere größte Kraft ist das Leben. Und Leben heißt Bewegung.“ Ab 60 Jahren brauche der Körper mehr Bewegung als ein Kind oder Heranwachsender. „Das ist gut für den Körper, unsere Haltung und unser Hirn“, sagt Grönemeyer. „Schließlich sind wir denkende und fühlende Lebewesen.“ Gefühlt könnte man dem Mediziner endlos zuhören, ohne dass es langweilig werden würde.

Thomas Wendehals von den Deutschen Edelstahlwerken sprach zum Abschluss der Veranstaltung über seine Erfahrungen mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Franziska Stiegler präsentierte zudem das Bundesprojekt „Psyga“ und nannte dieses einen Meilenstein des Arbeitsschutzes und der Humanisierung des Arbeitslebens.