Witten. . Auf dem Christopherus-Hof leben viele unterschiedliche Menschen zusammen. Sie genießen die Idylle und die familiäre Atmosphäre.
- Auf dem Christopherus-Hof im Wullen leben viele unterschiedliche Menschen zusammen
- Die Bewohner der sieben Hausgemeinschaften genießen die Idylle und die familiäre Atmosphäre
- Beziehungen schaffen zwischen den Menschen, das gehört zum Leitbild des Hofes
„Gelebte Inklusion“ ist auf dem Christopherus-Hof im Wullen für alle Bewohner nicht nur eine Floskel, sondern Wirklichkeit. In der Wohn- und Lebensgemeinschaft teilen 120 äußerst unterschiedliche Menschen ihren Alltag. Menschen mit und ohne Behinderung. Das Leitbild lautet „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“.
An diesem geschützten Lebens-Ort gibt es sieben Hausgemeinschaften für 70 betreute Menschen in Einzelappartements oder Wohngemeinschaften. Hofbewohner sind aber auch Mitarbeiter und deren Familien sowie andere Menschen „guten Willens“. So steht es im Flyer. Die Beziehungen zwischen den Betreuten und den Betreuern orientieren sich an den beiderseitigen Entwicklungsmöglichkeiten und Bedürfnissen.
An einem sonnigen Freitagnachmittag haben wir den Christopherus-Hof besucht. Die familiäre Atmosphäre genossen, die Ruhe und eine gewisse Entschleunigung. Mit den Bewohnern gesprochen und erfahren, dass hier nicht die Einrichtung, sondern das Gemeinwesen im Mittelpunkt steht.
Thomas (54) ist einer der ganz Mutigen. Er gehört seit 1983 zur Gemeinschaft. Vor drei Jahren hat er den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Aus der Wohngemeinschaft ist er in sein eigenes, kleines Reich im Lindenhaus gezogen. Auf seinem Balkon haben sich Hummeln eingenistet. Sie brummen und sausen den ganzen Tag umher. Thomas hat jedoch keine Angst. Er sagt: „Das sind doch auch meine Nachbarn.“
Eine andere Nachbarin ist die Pakistanin Shahida Perveen-Hannesen. Sie ist Mitbegründerin des Ortes der Begegnung ein paar Schritte weiter an der Dortmunder Straße. Vor fünf Jahren ist sie ins Lindenhaus gezogen, weil sie von dieser Art der Lebensgemeinschaft überzeugt ist. Nach wie vor findet sie die Situation „sozial, liebevoll und schön für die Seele“.
Marek (38) und Renata (42) Schröder gehören zum Mitarbeiterteam und leben mit ihren Söhnen Paul (15) und Noah (5) seit vier Jahren im Rotahornhaus. „Hier ist es ein bisschen wie im Urlaub. Familiär, gemeinschaftlich, beinahe idyllisch. Arbeit und Leben liegen ganz dicht beisammen“, beschreibt Marek eindrucksvoll die Wohnsituation. Und über die Nachbarn sagt er: „Unsere Menschen sind anders, aber besonders anders und im Grunde schön anders.“
Lorenz (51) gehört seit 1985 zur Gemeinschaft. Er ist äußerst charmant und macht gerne Komplimente. Er sagt sehr überzeugend: „Wir mögen uns alle.“
Die Anlage ist wie ein kleines Dorf
Zur Hofgemeinschaft gehört auch Sandra (38) – als mitarbeitende Bewohnerin. Sie empfindet die Anlage beinahe „wie ein kleines Dorf“. Und betont: „Man ist nie allein und hat dennoch seinen Rückzugsort. Immer ist jemand da. Und es ist toll, dass Arbeit und Freizeit so eng beieinander liegen.“
Werner Körsgen (63) ist stellvertretender Leiter der Einrichtung. Er lebt mit seiner Frau Andrea (55) seit 30 Jahren auf dem Christopherus-Hof. Die drei Kinder Simon (31), Elisa (27) und Jan Mathis (25) sind hier aufgewachsen, allerdings längst flügge. „Wir wollen Beziehungen schaffen zwischen den Menschen. Ohne Wenn und Aber. Und Vorbild in jeder Beziehung sein“, betont er. „Dazu gehört Erkenntnis. Denn wer nichts erkennt, der liebt nicht.“ Dabei strahlt Körsgen eine ungeheure Ruhe und Souveränität aus.
Ein paar Schritte weiter sitzt die Wohngruppe des Kastanienhauses im Schatten eines Baumes. Weil es heiß ist, gibt es statt Kuchen eisgekühlte Melone. Sonia (34) ist pädagogische Mitarbeiterin und Betreuerin. Jan Simon (26) hat gerade Feierabend gemacht. Er arbeitet in einer Teppichweberei, erzählt er stolz. Nur das frühe Aufstehen um sechs Uhr findet er nicht so toll.
In den Wohngruppen sind neben der Arbeit die gemeinsamen Mahlzeiten das Gerüst für den Tagesablauf. Grundsätzlich bleibt eine Lebensgemeinschaft tatsächlich fast ein Leben lang zusammen. Die jüngsten Bewohner sind Anfang 20, die Urgesteine Mitte 70. Wenn der Pflegebedarf im Alter höher wird, gibt es die Möglichkeit, in ein Altenhaus zu ziehen.
Zu den „Frauen der ersten Stunde“ gehören Edda (68) und Karin (61). Sie leben seit 1976 in der Christopherus-Gemeinschaft und waren 1983 die ersten Bewohnerinnen auf dem Hof im Wullen. Mit den beiden kümmert sich Elfriede Schumacher (83) um den Garten, der alle mit seiner Pracht erfreut. Seit 1999 lebt sie als reguläre Mieterin dort. Und sie tut es „aus Freude am gemeinsamen Leben mit behinderten Menschen“.