Witten. . Seit 25 Jahren ist das Fachwerkhaus an der Johannisstraße 17 ein Schmückstück. Paul Rybarsch hatte noch andere Ideen für die Stadt.
- Paul Rybarsch hat das Johannisviertel vor 25 Jahren mit seinem Fachwerkhaus attraktiver gemacht
- Der Hörgeräte-Akustikmeister hätte sich noch ein Bächlein vor der Tür gewünscht, das es dort einmal gab
- Der Mann hatte noch viele andere Ideen – wie etwa Hochhäuser für den Voß’schen Garten
Alles begann 1989. Da kaufte Paul Rybarsch, Hörgeräte-Akustikmeister, von der Stadt ein Fachwerkhaus an der Johannisstraße. Das als solches nicht mehr zu erkennen war. „Denn es war mit scheußlichen Eternit-Platten verkleidet“, erinnert sich der heute 78-Jährige. Der das historische Gebäude in ein Schmuckstück für das ganze Viertel verwandelte. Rybarsch machte auch durch originelle Anregungen für die Stadt von sich reden, wie seinem Vorschlag, ein Bächlein durch die Johannisstraße fließen zu lassen. Für ein Flair wie in Freiburg.
Sein über 200 Jahre altes Fachwerkhaus hat der gebürtige Düsseldorfer drei Jahre lang kernsanieren lassen. Ein zweites graues Steingebäude auf dem Grundstück ließ er abreißen. Mancher Anwohner schüttelte damals über so viel Aktivität den Kopf, konnte sich nicht vorstellen, was für eine Augenweide samt Garten dort entstehen würde. „Der Kotten wurde um 1800 gebaut. Der Bauer, der ihn mit seiner Familie bewohnte, hatte seine Felder an der Pferdebachstraße“, sagt Paul Rybarsch, der mit viel Enthusiasmus und geliehenem Geld ein Stück historisches Witten wiederbelebte.
Die Geschäftsleute zogen nicht mit
Tochter Almut Rybarsch-Tarry, die als freischaffende Künstlerin in der Dortmunder Nordstadt lebt und arbeitet, hat das Haus mit ihrer Kunst bestückt. Und auch draußen für Hingucker gesorgt – etwa mit den geflügelten Herzen an der Johannisstraße oder der Herz-Skulptur auf der Verkehrsinsel an der Ecke zur Bonhoefferstraße.
Ihr Vater wollte für sich und sein Team nicht nur den Traum vom Arbeitsplatz der besonderen Art verwirklichen. Er wollte auch andere Geschäftsleute dafür gewinnen, dieses Stück Innenstadt attraktiver zu gestalten.
Rybarsch spricht immer noch liebevoll von seinem Johannisviertel. Er musste jedoch erleben, dass andere Selbstständige um ihn herum dann doch nicht an einem Strang zogen. „Man wollte den Kunden zwar etwas verkaufen, aber für das Äußere der Läden nichts tun.“ Nicht zuletzt habe sich das Viertel auch sehr stark gewandelt. „Geschäfte gaben auf, Inhaber gingen in Rente.“
Ein Bächlein wie in Freiburg
Ein Café Annette an der Ecke zur Oberstraße, in dem es laut älteren Anwohnern den besten Kuchen weit und breit gab, ist schon lange Geschichte. Ebenso wie das einstige Eisenwarengeschäft Schwabe, in dem man noch Nägel in allen erdenklichen Größen einzeln kaufen konnte. Auch Hosen-Rosenberg und die traditionelle Apotheke am Kornmarkt gibt’s nicht mehr.
„Die Idee vom Johannisviertel ist gescheitert“, sagt Rybarsch. Trotzdem würde er sich immer wieder für diesen Standort entscheiden. Für sein Fachwerkhaus, das er als sein „Paradies“ bezeichnet. Ein Bächlein vor der Tür wäre noch schön gewesen, findet er. Das hat er im badischen Freiburg gesehen, wo die Innenstadt von Wasserläufen durchzogen ist. „Das wäre auch in der Johannisstraße ein Highlight geworden. Zumal hier vor 200 Jahren ja ein Bach geflossen ist, der zugeschüttet wurde.“
Ein Hobby-Planer mit vielen Ideen
Wären alle Ideen umgesetzt worden, die Paul Rybarsch hatte, wäre die Bahnhofstraße heute überdacht und im Voß’schen Garten ständen Hochhäuser.
Der Mann mag es farbig, auch auffällig, trägt auch gerne mal einen größer karierten Anzug, fast immer Hut und fährt noch mit 78 ein grasgrünes Auto. Rybarsch ist ein Querdenker, der schräg stehende Pflanzkübel für die Johannisstraße anfertigen ließ, die nächtliche Kneipengänger heute leider häufig als Mülleimer missbrauchen. Und er hatte viele Ideen nicht nur für das Johannisviertel, sondern für die ganze Stadt.
Flanieren auf der Bahnhofstraße unter Glas
Beispiel Bahnhofstraße: Mit Kopfsteinpflaster wollte man die früher einmal bestücken, erzählt er und macht keinen Hehl daraus, dass ihm soviel Heimeligkeit nicht behagt hätte. Der Mann hätte aus der Bahnhofstraße gerne eine Flaniermeile gemacht, links und rechts vor den Geschäften mit Glas überdacht. Die Straßenbahnschienen hätte er von unten beleuchtet.
Eine Kugel auf dem Helenenturm
Auf dem Platz vor der Stadtgalerie wäre ein schräger, aufgeschnittener Turm sein Wunsch gewesen. „Daran hätten sich Fremde, die die Stadt besuchen, erinnert. Außerdem hätte die Turmhälfte die Gelegenheit geboten, künstlerisch an die dunklen Seiten Wittens während der NS-Zeit zu erinnern“, meint er.
Und der Voß’sche Garten! Als dort 2005 das Hallenbad abgerissen wurde, in dem Generationen von Kindern das Schwimmen lernten, gab es Raum zur Gestaltung. Rybarsch hat dazu ein Modell angefertigt, das drei Hochhäuser zeigt, die durch ein Treppenhaus verbunden sind. „Spannend“ hätte er die Wohntürme im Park gefunden. Seine Vorschläge hat der Hobby-Planer früher übrigens regelmäßig städtischen Vertretern präsentiert. Auch seine Idee von einer Kugel auf dem Helenenturm. „Aber das gibt die Statik nicht her.“